Es wäre sicher nicht gerecht, wenn man die sogenannten
"Meilenfahrten" als Unsinn abtun würde. Zu Zeiten, als sie zu den
Navigationsgrundlagen zählten, war GPS unbekannt, ja sogar elektronischeLoggen,
so wie sie in jedem Seglschiff heute Standard sind, waren noch nicht erfunden.
Man behalf sich mit Schlepplogs oder der Relinglogge, die heute noch
gelegentlich Erwähnung findet, wohl als skurriles Beispiel, mit wie einfachen
Mitteln die Schiffsgeschwindigkeit festgestellt werden kann.
Wurde bei einer Werft ein Handelsschiff geordert, ließ man
sich die zu erwartende Geschwindigkeit (die ja auch ein Maß für die
Rentabilität des Schiffes war) vertraglich zusagen. Auf die eingebaute Logge
verließ man sich nicht, sondern verlangte regelmäßig eine Meilenfahrt zum
Beweis für die Richtigkeit der zugesagten Knoten. Denn diese war sicher in
(fast) stromfreien Revieren vor der Haustüre der Werft korrekter als die von der Logge
angezeigten Speed.
Meilenfahrten waren also in der GPS-losen Zeit schon
angebracht. Nur die Begründung, warum eine solche in beide Richtungen zu erfolgen
hatte, irritierte Bobby Schenk in seinem Artikel in der YACHT vom 5-5-04 auf
Seite 17 - zur Eliminierung des Stroms - , denn der Verdacht drängt sich auf,
dass hier eine Halbwahrheit von Seglergeneration zu Seglergeneration
weitergegeben wurde. Was nicht heißt, dass die Anzeige einer Logge nicht
überprüft und sie anschließend justiert werden sollte. Was die wenigsten
machen, obwohl die meisten elektronischen Loggen durchaus die Möglichkeit zur
genauen Justierung haben. Eine Geschwindigkeitsanzeige wird nämlich nicht
deshalb genauer, weil sie auf Hundertstel Knoten angezeigt wird.
Hans
Freudigmann (
freudigmann@surfeu.de) hat sich dieses Problems besonders gründlich
angenommen. Er schreibt:
"In der Yacht vom 5.5.04 auf
Seite 17 schreibt Bobby Schenk über sogenannte „Meilenfahrten“ zur Eichung
der Logge. Er stellt die Frage, ob dieses Verfahren richtig sein kann.
Ich habe mir die Sache aus Spaß an der
Freude mal genauer überlegt. Wie er richtig
vermutet, führt diese Methode, so
wie Sie sie darstellen, zu falschen Ergebnissen.
Ein Beispiel zeigt dies:
Angenommen,
eine Yacht fährt im Strom mit wahren 5 kn Fahrt durchs Wasser eine Strecke von
1 sm hin und zurück. Weiter
angenommen, der Strom setzt mit 1 kn in der Hin-Richtung.
Bei
der Hinfahrt beträgt somit die Geschwindigkeit über Grund 6 kn. Der Skipper
stoppt eine Fahrtzeit von 10 min. Bei der Rückfahrt beträgt die
Geschwindigkeit über Grund 4 kn. Der Skipper stoppt eine Fahrtzeit von 15 min.
Es ergibt sich eine gemittelte Fahrzeit von 12,5 min für 1 sm. Das entspricht
einer berechneten Geschwindigkeit von 4,8 kn. Die Abweichung beträgt hier 0,2
kn. Sie kann bei anderen Verhältnissen wesentlich größer sein.
Was
ist der Grund für die Abweichung ?
Der
Fehler liegt in der gleichen Gewichtung der Hinfahrt und der Rückfahrt. Man
muss nämlich bedenken, dass die Yacht in der Richtung, in die der Strom
schiebt, immer eine kürzere Zeit unterwegs ist, als in der Richtung gegen den
Strom. Wenn man nun die beiden Fahrzeiten gleichwertig mittelt, erhält man
daraus eine Durchschnittsgeschwindigkeit, bei der der lange Zeitanteil (d.h. die
Gegenstromrichtung) überbewertet wird. Man erhält also bei dieser Berechnung
immer eine zu kleine Geschwindigkeit.
Man
kann diesen Denkfehler auch so formulieren: Die Annahme, dass man mit einer
Yacht für eine Strecke von 1 Seemeile hin und eine Seemeile zurück
die gleiche Zeit braucht, egal ob man
a)
in einem stehenden Gewässer fährt
oder
ob man
b)
parallel zu einer Strömung fährt
ist
falsch. Im Fall b) braucht man immer länger.
Wer
sich hier für die genauen Berechnungen und noch nicht vergessen hat, wie man
Rechenformeln auflöst, und zudem interessiert ist, wie man mit einer einzigen
Fahrt rechnerisch den Stromeinfluss eliminiren kann, der kann sich die
gründlichen Ausführungen von Hans Freudigmann nebst Formeln als Pdf-Datei runterladen.
Dazu hier klicken!
Helmut Gehring (mail@helmut-gehring.de)
kommt mit pragmatischerer Sichtweise zum gleichen Endresultat:
"Sehr geehrter Herr Schenk,
Sie schreiben in dem Artikel: Die Geisterkraft, Yacht 2004, Nr. 10, dass man
beim "Meilenfahren", um die Logge zu justieren, die Meile in beiden
Richtungen abfährt und dann die Gesamtzeit durch 2 teilt. Dies führt zu
falschen Ergebnissen, wie Sie selbst erkannt haben, wenn Strom und
Bootsgeschwindigkeit 6 Kn betragen. Sie bitten in Ihrem Artikel den Leser um
Aufklärung. Dies will ich versuchen.
Die Durchschnittszeit ist unbrauchbar, da die Fahrtstrecke durch das Wasser
ungleich ist und nicht 1 Sm beträgt. Man muss die Durchschnittsgeschwindigkeit
berechnen, die sich aus dem Mittel der beiden Einzelgeschwindigkeiten über
Grund ergibt. Diese Durchschnittsgeschwindigkeit ist dann die Fahrt durchs
Wasser.
Beispiel 1: Strecke = 1 Sm
Hinweg: 10 min, Geschwindigkeit
= Strecke * 60 / Zeit
1 * 60 / 10 = 6 Kn
Rückweg: 30 min 1 * 60 /
30 = 2 Kn
Durchschnittsgeschwindigkeit: (6 Kn + 2 Kn) / 2 = 4 Kn.
Der Strom beträgt dann 2 Kn.
Würde man den Mittelwert der Zeiten nehmen, und dabei die falsche Strecke 1 Sm,
ergibt sich folgende Rechnung:
Mittelwert der Zeit: (10 min + 30 min) / 2 = 20 min
Geschwindigkeit: 1 * 60 / 20 = 3 Kn
Dies ist falsch.
Der Hinweg durchs Wasser beträgt nämlich: 4 Kn * 10 min / 60 = 2/3 Sm,
Rückweg: 4 Kn * 30 min / 60 = 2 Sm.
Beispiel 2: Strecke = 1 Sm, Strom: 6 Kn, Bootsgeschwindigkeit:
6 Kn
Hinweg: 12 Kn, Rückweg 0 Kn
Durchschnittsgeschwindigkeit (Fahrt
durchs Wasser): (12 Kn + 0 Kn) / 2 = 6 Kn
Beispiel 3: Strecke = 1 Sm, Strom 6 Kn, Bootsgeschwindigkeit
6,1 Kn
Hinweg: 12,1 Kn, Zeit: etwa 5 min, Rückweg: 0,1 Kn, Zeit: 10 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: (12,1 Kn + 0,1 Kn) / 2 = 6,1 Kn
Immer eine schnell drehende Logge (außer beim Ankern) wünscht
Helmut Gehring"
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