THALASSA im Indischen Ozean
Als ich vor vielen Jahren ein paar Tage in
einer Fabrik für Dieselmotore verbrachte - man will ja auf eine Weltumsegelung
vorbereitet sein - da hielten mir die Arbeiter am Fließband ständig vor:
"Was soll denn an einem Dieselmotor schon kaputt gehen? Inzwischen weiß
ich die Antwort. Sie lautet: "Alles!"
Und das kam so....
Februar
2007
- In der Andaman-See
Bei allen guten Seiten von Malaysien, wo wir uns
die beiden letzten Jahre aufgehalten haben, gibt es schon ein paar Nachteile. Dazu
gehört einfach der Mangel an qualifizierten Facharbeitern für alle Probleme,
die mit Yachten zusammenhängen (und das sind auch bei Neubauten aus Edelwerften
viele). Gute Mechaniker sind Mangelware und so nutzte ich es extensiv aus, als der
erste Mechaniker am Ort, Zainol, für mich endlich Zeit hatte. Die
Backbordmaschine zog meinem Gefühl nach zu wenig Kühlwasser. Der
Impeller war schnell gewechselt und Zainol zeigte mir den Wärmetauscher. Der
sah - überraschend nach
nur 1300 Stunden - gar nicht gut aus: Rund 30 Prozent der
Kühlkanäle waren blockiert, und das obwohl ich am Ankerplatz und bei langen
Standzeiten der Yacht ausschließlich Leitungswasser zur Kühlung benutzte. Das war ein Warnhinweis und so bat ich Zainol, auch den Wärmetauscher an der
Steuerbordmaschine zu reinigen. Die Rechnung war, dem Malysischen Niveau
entsprechend extrem niedrig. So weit so gut.
Am nächsten Tag versuchte ich die
Backbord-Maschine zu starten, aber außer einem "ddr..." tat sich nichts. Neuer Versuch, aber
außer einem dezenten "ddr..."
war wieder nichts aus dem Motorraum zu hören. Also dritter Versuch und dieses Mal
ahnte ich nicht, dass mein zarter Druck auf den Starterknopf mich um fast
viertausend Euro ärmer machen würde. Der Knall ließ die Schweizerin Heidi
von der REDPEGASUS, die gerade auf dem Steg vorbeiging, einen halben Meter vor
Schreck hochspringen.
Ich rief Zainol herbei, dessen Englisch auf
wenige Ausdrücke reduziert ist, zum Beispiel "no problem" oder "small
problem" oder "big problem". Er stellte nach kurzem Check die
Diagnose: "Very big problem..."
Was war geschehen? Obwohl es sehr schwer
einzusehen ist, dass einen Tag, nachdem der Mechaniker an der Maschine
gearbeitet hatte, seine Arbeit nichts mit dem Maschinen-Gau zu tun haben sollte,
war es doch wohl so, dass Zainol keine Schuld an dem Desaster hatte. Der
Auspuffkrümmer hatte einen Riss, der vor Jahren provisorisch repariert worden
war und ich Geizkragen hatte es versäumt, den alten Auspuffkrümmer gegen einen
neuen (der bei mir in der Ersatzteilkiste lagerte) auszutauschen. Und
ausgerechnet jetzt war es dem Provisorium eingefallen, seinen Dienst
einzustellen und Wasser in die Maschine zu spritzen, statt in den Auspuff.
Ergebnis: Wasserschlag - Generalüberholung fällig - 17 Tausend Ringit ärmer.
Der Löwenanteil von diesen 3500 Euro entfiel allerdings nicht auf die Arbeit
Zainols sondern auf die bekannt unverschämt hohen Ersatzteilkosten bei
marinisierten Motoren.
Dabei konnte ich noch froh sein, in Zainol einen
arbeitsfreudigen und kompetenten Mechaniker zu finden, der sich nicht zu schade
war, die Maschine im engen Maschinenraum so abzustrippen, dass der Restmotor mit
seinen 80 Kilos über den Motorraumzutritt mit Großbaumhilfe abgeborgen werden
konnte.
Jedenfalls, Frohe Weihnachten!
Wir waren jetzt mitten in der "guten"
Saison, das heißt der Nordost-Monsun war längst in voller Stärke über
West-Malaysien hereingebrochen. Dies ist gleichzeitig die trockene Jahreszeit,
welche von Dezember bis - ungefähr - April anhält. Dann wird die
Transition-Zeit folgen, die dann schließlich zum Südwest-Monsun mit seiner
feuchten Luft und den zahlreichen Regenfällen überleitet. Zum Segeln in die
Andaman-See ist jedenfalls der Nordost-Monsun bestens geeignet, weil er
zuverlässig für gutes Wetter sorgt und weil die schönsten Ankerplätze bis
hinauf in den Norden nach Phuket und zu den Similan-Inseln einen guten Schutz
gegen die gleichmäßigen, gelegentlich starken Winde aus dem nordöstlichen
Sektor bieten.
Die Ausklarierung war - malaysiaüblich -
problemlos (obwohl wir ja nun einige Zeit in den Häfen von Langkawi
herumgelegen waren) und lässig: "Ich hab mal den morgigen Tag als
Abfahrtszeitpunkt reingeschrieben", meinte der lächelnde Beamte. Von den
zahlreichen Yachties, die diese Strecke schon gesegelt waren, wussten wir, dass
wir uns mit dem Einklarieren in Thailand ein paar Wochen Zeit lassen
konnten, obwohl ja schon 20 Meilen nach Langkawi Thailändisches Gebiet begann.
Am Abend vor der Abfahrt verlegten wir die
THALASSA auf den Ankerplatz vor der Super-Marina in Telaga/Malaysien. Nach einer
so langen Liegezeit musste ich mich ums Unterwasserschiff kümmern. Und dazu
brauchte ich etwas Sicht unter Wasser, die ich in der Marina nicht hatte.
Und auf dem Ankerplatz betrug sie schon einen Meter oder so. Immerhin! Die
beiden Schrauben waren in makellosem Zustand, was ich auch erwartet hatte. Denn
ich hatte sie in der Marina mit schwarzen Plastiksäcken umhüllt, was
offensichtlich einen Bewuchs völlig verhindert hatte. So war ein Rumschaben an
den Aluminium-Schrauben unnötig geworden.
Das mit Jotun gestrichene Unterwasserschiff war
ebenfalls in sehr gutem Zustand, wenn man mal von ein wenig Schleim auf der
Farbe absieht. Mit Hilfe des Freedivers, direkt an die Hauptbatterien
angeschlossen, hatte ich das gesamte Unterwasserschiff in weniger als einer
Stunde abgewischt. Ohne eine solche Tauchhilfe bei 60 Meter Wasserlinienlänge
(vier mal 15 Meter) ein tagelanges Unterfangen!
Die Andaman-See schließt sich an die
berüchtigte Malacca-Straße an. Berüchtigt wegen der zahlreichen (mehr
als 150 in den letzten Jahren) bekannt gewordenen Piratenüberfälle. Aber wenn
derartige Stories unter den Yachtsleuten kursieren, dann wird gerne der Umstand
übersehen, dass Opfer dieser Verbrechen ausschließlich die Großschifffahrt
ist. Die Yachten halten sich ja nahezu ausnahmslos in dieser meistbefahrenen
Seestraße der Welt auf der malaysischen Seite auf, die als ungefährlich gilt,
weil offensichtlich Ausgangspunkt für die Raubzüge der unübersichtliche
Küstenverlauf Indonesiens ist.
Eindrucksvoll sind die Geschichten allerdings
schon. Da verschwinden ganze Kontainerladungen in den Mangrovensümpfen, ja ganze
Frachtschiffe, die ein paar Wochen später unter neuem Namen und Flagge
umgespritzt auf den Weltmeeren wieder auftauchen. Oder gesamte
Schiffsbesatzungen werden entführt und erst gegen millionenschweres Lösegeld
wieder freigelassen. Die malaysische Marine hat zum Beispiel einen Schlepper in diesen
Gewässern "verloren". Unter "Piraten" sind hier auch nicht
ein paar romantische Freibeuter zu verstehen. Meist handelt es sich um Gruppen
schwerstbewaffneter (selbstverständlich ausschließlich Automatikwaffen) junger
Leute, die sich mit Speedbooten an die großen Schiffe ranmachen. Wie mir ein
erfahrener Berufskapitän und Kenner der Szene sagte, ist es fast unmöglich, zu
verhindern, dass die kleinen Boote an die Bordwände der Großen rankommen. Der letzte Trick:
Vor einem Biggy fahren zwei Speedboote in einem seitlichen Abstand von ein paar
hundert Meter mit langsamer Geschwindigkeit. Wenn der Große zwischen den
beiden durchfahren möchte, bemerkt er gar nicht, dass die beiden
"Kleinen" mit einem langen Bungee-Seil verbunden sind. Diese lassen
sich dann zurücktreiben und sind dann automatisch an der Bordwand des
Frachters - oder auch Passagierschiffes. Wenn die Piraten noch
an Bord kommen, gibts einen Eintrag in der internationalen Piratenstatistik
mehr. Amtlich empfohlene Abwehrmaßnahme ist dann unter anderem der
Einsatz von Wasserkanonen.
All das beschäftigte uns aber nicht mehr, als
wir nach dem Verlassen von Telaga auf Langkawi auf Nordkurs gingen. Wie die Tage
vorher wehte es mit 20 Knoten aus Nordost und seit einem Monat kein Tropfen
Regen - Super-Segelwetter! Wir benutzten die Backbordmaschine, denn der Mechaniker Zainol hatte mir
versprochen, nach den ersten 50 Stunden den Ölwechsel durchzuführen und die
Zylinderkopfschrauben fachmännisch nachzuziehen. Vielleicht täuschte ich mich,
aber mir schien nach
dieser erzwungenen Generalüberholung die Maschine erheblich laufruhiger und leiser zu rattern
.
Schon bald wurden wir daran erinnert, dass die
Andaman-See, ähnlich wie die Malacca-Straße eine weitere Schikane bereitstellt:
Fischernetze ohne Ende. Und das ist wortwörtlich zu nehmen. Schaut man durchs
Fernglas kann man manchmal 20, 30 Bojen im Blickfeld sehen, an denen
feinmaschige Netze hängen. Und die dazugehörigen Fischerboote, alles was man
sich denken kann von 6 Meter bis 60 Meter Länge, liegen ebenfalls wahllos
herum, viele von Ihnen vor Anker. Denn die geringen Wassertiefen - selten zeigt
das Echolot mehr als 20 Meter - sind natürlich ein ideales Fischerrevier,
vor allem für kleine Boote.
Es begann also bald ein wilder Zickzack-Kurs
durch die Fischerbojen, die alle durch kleine Fähnchen gekennzeichnet sind. Nur
uns erschloss sich kein Sinn. Manche Bojen "gehörten" zusammen, das
konnte man am Winkel, wie sich die Bojen zum Wind ausrichteten, ganz gut
erkennen. Zwischen ihnen war also ein Netz gespannt, das zwar unter
"normalen" Umständen so tief hing, dass man gefahrlos drüberlaufen
konnte, aber wenn der Windmesser mal über 25 Knoten zeigte, dann schienen uns
in den Netzen soviel Spannung zu sein, dass man auch an der
Wasseroberfläche schon mal eins mitnehmen konnte, oder, schlimmer, in die
Schraube bekam. In der Malacca-Straße war uns das einmal passiert und es war
kein Vergnügen, dann in dem milchig-trüben Wasser rumzutauchen.
Also beobachteten wir ganz genau die zahllosen Bojen und trotzdem passierte es mindestens dreimal, dass plötzlich
achtern,
zwischen den Rümpfen, so eine Fahne hochwippte. Schon wieder ein Netz
übersehen!
Unter diesen Umständen war es ausgeschlossen,
nachts zu segeln, denn einen so guten Scheinwerfer haben wir nicht an Bord, der
hundert Meter weit leuchtet um rechtzeitig eine Netzboje sichtbar zu machen.
Also musste über Nacht geankert werden. In diesen Gewässern kein Problem. Es
gibt zwar in dem umfangreichen Informationsmaterial zu diesem Revier jede Menge
Empfehlungen für "geeignete" Ankerplätze, doch könnte man bei
dieser stabilen Wetterlage und den geringen Wassertiefen eigentlich überall den
Anker fallen lassen. Denn genauso machen es die Fischer, wenn Sie gegen morgen
die beste Zeit für den Fang abgearbeitet haben, dann werfen sie, sozusagen am
Arbeitsplatz, den Anker an einer langen Trosse auf den Sand- oder Schlickgrund.
Und pennen, bis es am nächsten Nachmittag wieder zum Arbeiten geht.
Für
Yachten gibt es romantischere Ankerplätze als auf dem offenen Meer. Man geht -
ähnlich wie in Westindien - einfach in Lee einer Insel, wobei die empfohlenen
Ankerplätze meistens entlang eines Sandstrandes sind. Dass es dort überfüllt
ist, braucht man nicht zu befürchten. Denn, auf die Größe des Reviers
berechnet, gibt es kaum Yachten, die paar hundert (oder sind es tausend?)
verlieren sich in den Weiten der Andaman-See. So hat man das Gefühl, man
genieße seinen Sundowner auf offener See und liege trotzdem sicher und
geborgen. Der Haltegrund ist meistens sandig, also hält hervorragend und die
Tiefen sind ausnahmslos ankerfreudig, selten wird man mehr als 10 Meter auf dem
Echolot haben, sodass 40 Meter Kette nahezu immer
ausreichend sind. Vielleicht ankert in geziemendem Abstand ein Fischerboot, das
meist an einem Blinklicht zu erkennen ist. Zum Thema Lichterführung ein Wort:
Abenteuerlich. Und ganz weit weg von den gesetzlichen Regelungen.
Es
ist ja einleuchtend, dass Fischerkähne gar nicht über die elektrischen
Möglichkeiten verfügen, eine Tragweite von mehreren Seemeilen zu zeigen. Also
machen sie sich so gut sichtbar wie nur irgendwie möglich. Mit Blitzlichtern
geht es am besten. In jedem Laden für maritimen Bedarf gibt es genau für
diese Zweck billige Lampen (zwei Euro), die mit ein oder zwei Batterien für ein
paar Nächte lang alle Sekunden blitzen - in Weiß oder Rot, je nach Lust und
Laune. Neuerdings, mit Aufkommen der LED-Technik im Lampenbereich wird die
Lichtgestaltung immer farbiger - und phantasievoller: Eine Lampe, die
abwechselnd ROT oder GRÜN blitzt, setzt die gesetzlichen
Kollisionsverhütungsregeln faktisch außer Kraft. Kein Wunder, dass Yachten,
die noch mit den veralterten, doch gesetzlich vorgeschriebenen Glühbirnen ihre
Lampen auf Kosten des wenig vorhandenen Batteriestroms heizen, sich diesen
Unarten anschließen und sich am nächtlichen Feuerwerk munter beteiligen. Na,
Hauptsache, man sieht sich!

Bei wenig Seegang - wen wundert es, der Schwell
bleibt ja in Luv der Inseln hängen? - zog die THALASSA untertags nach
Norden! Genua und mitschnurrende Backbordmaschine brachten den Katamaran
gelegentlich auf 8 Knoten und einmal bei einer halbstündigen 30-Knotenböe auch
auf 10 Knoten. Nur selten wurden andere Yachten gesehen - ein paar Gegenkommer
am frühen Morgen? Das war
es auch schon. Und das zur besten Segelzeit? Warum wohl ist dieses Gebiet
yachtmässig so dünn besiedelt? Das ist leicht zu erklären: Für die meisten
Weltumsegler in spe ist Malaysien/Thailand eben nur ein Durchgangsrevier auf dem
Weg zum Roten Meer und nachdem die Natur den Langfahrtseglern den Reiseplan
vorgibt, würde ein Aufenthalt hier gleich ein Jahr "Verzögerung" bei
der Weltumsegelung bedeuten. Und außerdem lockt das geschichtsträchtige
Mittelmeer, wobei sich die meisten außereuropäischen Blauwassersegler dieses
Ziel in viel zu verklärten Farben sehen. Sie können sich die überfüllten Häfen, die hohen Preise und die behördlichen Restriktionen
im Med gar nicht richtig
vorstellen, meinen sie hätten dort die gleichen Verhältnisse wie in
Südost-Asien, also Ankerplätze und Marinas mit allem Komfort für wenig Geld.
Eine
lokale Yachtszene gibt es in Malaysien/Thailand kaum, wenn man mal von den
riesigen Motoryachten der Superreichen absieht. Segelyachten sind für
Einheimische bei den niedrigen Löhnen unerschwinglich. Und den paar
Charterfirmen (Sunsail hat in Phuket und Langkawi/Malaysien eine Niederlassung
mit wenigen Booten) fehlt es schlicht an Kunden, die die langen
Flug-Anfahrtswege in Kauf nehmen. Ein Umstand ist vielleicht bemerkenswert: Die
Anzahl von Katamaranen (meist Australischer oder Neuseeländischer Herkunft) ist
im Vergleich zu den Einrumpfbooten weiter angestiegen. Würde man nur Neubauten
über 12 Meter berücksichtigen, hielten sich die beiden Bootsformen sogar schon
die Waage. Man könnte, wenigstens in dieser Gegend, zu dem
Schluss kommen, dass sich das Zeitalter der größeren Monos langsam dem Ende zuneigt.
Unsere
"Ankerinseln", an denen wir jeden Abend Halt machten, trugen
malerische Namen: Koh Muk oder Koh Rok oder Koh Tarutao. Wobei "Koh" nichts anderes
heißt, man kann es sich denken, wie "Insel". Mit jeder Meile nach
Norden wurde das Wasser klarer, ja eignete sich schon zum schnorcheln. Also
anders als in West-Malaysien, wo man, ehrlich eingestanden, wegen des
trüben Wassers nirgendwo so recht gut tauchen kann kann.
Ein Vorteil aber für den Blauwassersegler gilt
sowohl für Malaysien als auch für Thailand und wiegt den genannten kleineren
Revier-Nachteil mehr als auf. Weil nahe am Äquator - gerade mal eben 7 Grad Nord -
gibt es keine tropischen Orkane und damit auch keine Hurrikan-Saison. Wer in
Westindien (oder erst recht im Pazifik) einmal die diversen Zweifel erlebt hat -
"im November wird schon keiner kommen?" oder "so weit südlich
kommt kein Orkan, oder?" - oder ständig auf der Suche nach einem Hurrikanhole
war (das ja doch keines ist, wenn der Hurrikan direkt darüber zieht!), der wird es zu
schätzen wissen, wenn er sein Leben nicht nach irgendwelchen erhöhten
Wassertemperaturen an der südamerikanischen Küste auszurichten hat. Was war
"El Nino" gleich wieder?
Was
das Segeln in der Andaman auch so schön, besser gesagt "gemütlich"
macht, ist die ständige Landsicht. Immer sind im Dunst des Horizonts ein paar
Inseln auszumachen, die, je weiter man nach Norden kommt, schroffer werden,
ohne, dass sie je bedrohlich wirken. Sie behalten auch beim Näherkommen ihren
"Südseelook", ja sie erinnern an die Marquesas-Inseln im Südpazifik,
obwohl wir davon arg weit entfernt sind. Thailand ist nichts anderes als
ein schmaler Landstrich zwischen zwei Ozeanen, dem Indik und dem Pazifik.
Wo
schroffe Felsen im Wasser stehen, ist das Wasser klarer als in der Nähe von
Sandstränden. Und dort rentiert es sich auch, zu Schnorchel und Maske zu
greifen. Zumal auch der Meeresboden nicht auf Täler abfällt, die
der Anker nicht mehr erreichen kann, sondern es bleibt bei ankerbaren Tiefen.
Dass man diese Thailändischen Gewässer mit
einigem guten Willen (von den Sichtbarkeitsverhältnissen im Roten Meer oder in
den Tuamotus sind sie weit entfernt) als schöne Tauchgründe ansehen kann, hat
Nachteile für den Fahrtensegler: Je mehr man sich Phuket annähert, umso mehr
hat man unter einer Unzahl von Ausflugsbooten zu leiden, mit denen Tausende von
tauchbegeisterten Urlaubern auf die Tauchgründe gekarrt werden. Gleichzeitig!
Wenn
man sich auf den Wasserstraßen befindet, die nun zu den Ausflugszielen der
Touristen, mit und ohne Rucksack, gehören. dann ist es mit der beschaulichen Segelei
vorbei. Denn die Thailänder scheinen nur eine einzige Gaseinstellung zu kennen
und das ist, den Hebel auf den Tisch zu legen. Ihre Boote sind auch nicht gerade
Schwächlinge, so zweimal 200 Pferdestärken, sind es allemal. Damit die Daytripper (so zweideutig heißen die
Touristen nun mal) schnellsten in die smaragdgrünen Lagunen kommen.
Wer etwas auf sich hält, hat von den großen Aussenborder (250 PS) auch mal
drei oder gar vier hängen.
Unvergesslich
wird uns in diesem Zusammenhang eine Insel mit dem klangvollen Namen Ko Phi Phi
in Erinnerung bleibend. Der Werbetext für Ko Phi Phi behauptet, sie würde zu
den drei schönsten Inseln der Welt gehören. Also wurde dieses
Inselparadies zum abendlichen Ankerplatz erkoren.
Doch schon beim Näherkommen konnten wir
eigentlich nichts an dieser Großen Bucht im Süden der Insel erkennen, was dem Ruf Ko Phi
Phi's zuträglich sein sollte. Von drei oder vier Yachten abgesehen, war der
Ankerplatz von Unmassen an sogenannten Longboats
(Fischerkähne mit einer drei Meter langen Motorwelle am Heck, die von meist
brüllend lauten Automotoren angetrieben werden) bedeckt und eben diesen
Powerboats. Das ging ja noch, ein Plätzchen hätten wir schon noch gefunden.
Aber der Lärm,
den die bis zu 50 Knoten schnellen Außenborderboote mit einer Unzahl von "Daytrippern" drauf (auch das ein quasioffizieller
Ausdruck!) war geradezu
infernalisch, zumal die Kapitäne es vorzogen, uns immer in einem Abstand von
weniger als 20 Meter zu passieren. Da beginnt auch auf einem Katamaran einmal
die Teetasse vom Tisch zu rutschen.
Nicht, dass ich Motorbooten gegenüber allergisch
bin (schließlich komm ich vom Wasserskifahren), aber was zuviel ist, ist
zuviel. Umgedreht und um die Südspitze motort, eröffnete eine neue Welt. Nur
noch alle fünf Minuten dröhnte ein Motorboot an uns vorbei und nach Passieren
von ein paar zum Himmel reckende Kalkstein-Felsen, eröffnete sich
eine weiter Ankerbucht - ruhig, bis auf das Planschen von ein paar Schwimmern,
am Sandstrand ein Schild im Fernstecher auszumachen mit der Aufschrift "Welcome".
Eine Boje war auch frei. Noch eine Yacht war hier, der Skipper winkte herüber:
"ja, die könnt Ihr nehmen, die ist für Sportboote!". Und kurz darauf versank
die Sonne hinter der Felsenwand. Eine kühler Nacht war garantiert. Ohne Moskitos - Perfekt!
Der Törn neigte sich dem Ende zu. In Ao Chalong
würden wir in Thailand einklarieren müssen. Obwohl unser - vorläufiges -
Endziel die Marina Boatlagoon/Phuket war. Aber wir hatten noch keine Idee, ob
wir dort einen Platz bekommen würden. Schon im Dezember hatten wir versucht,
einen Liegeplatz zu reservieren, aber da wurde uns abgesagt, noch
zuviel Weltreiseyachten belegten alle Liegeplätze. Jetzt nach Weihnachten müssten die aber durch
sein. Dachten wir.
Die
Einklarierungs-Behörden in Thailand genießen keinen sehr guten Ruf. Wohl
deshalb weil sie sich penibel an die engen Vorschriften halten. Visum gibt es
nur für 30 Tage. Dann muss man (jedenfalls die Yachtbesatzung) raus aus
Thailand, was zu den berüchtigten und vermeintlich sinnlosen Visum-Runs über
die Grenze führt. Gut, dass in Ao Chalong alle Behörden unter einem Dach sind:
Immigration, Zoll und Hafenkapitän.
Aber vor dem Besuch der Immigration muss sich der
Yachtmann noch mit den nicht allzu dramatischen Tidenverhältnissen
auseinandersetzen. Drei Meter Tidenhub klingen nach nicht viel, doch machen Sie am
Strand den Unterschied von 50 Meter Entfernung aus. Und in den vielen Stunden bei den
Behörden kann sich viel ändern. Das Beiboot kann weg oder hoch und trocken,
sehr trocken, liegen. Da zeigt sich wieder einmal ein Vorteil des Bananabootes,
den natürlich der Mittelmeersegler nie kennenlernt. Lässig ein Schlauchboot von den
Davits ins Wasser zu lassen ist die eine Sache, die andere ist es, das
gewichtige Schlaucherl mit 15-PS-Aussenborder 50 Meter den Strand naufzubringen, wenn man
allein und damit hilflos ist. Das Bananaboot nimmt es dagegen nicht übel (seit 25
Jahren), wenn ich es allein den Strand raufzerre.
Die freundlichen Uniformierten, der junge Mann
mit drei Streifen, die hübsche Thailänderin als Hafenkapitän mit vier
Goldstreifen auf der Schulter nahmen es mit den tatsächlichen Verhältnissen (wieviel
Schnapps ist wirklich an Bord?) nicht allzu genau. Wichtig ist nur, dass die 7
oder 8 Formulare einigermaßen richtig ausgefüllt sind. "Wiviel Kilo Opium
sind in der Schiffsladung enthalten?" und so. Nach drei Stunden war die
THALASSA freigegeben.
Übers Internet hatten wir die Nachricht erhalten, dass in
der Boatlagoon-Marina ein Platz freigehalten würde. Zu spät für heute! So
verbrachten wir eine weitere Nacht am Ankerplatz von Ao Chalong, wo wir uns zum
ersten Mal bei der Vielzahl von Yachten (vor allem Katamarane) davon überzeugen
konnten, dass es doch eine lebendige Yachtszene in Thailand gibt. Am Abend beim
Sundowner machte ich mir Gedanken über die in Deutschland vieldiskutierte (und
wahrscheinlich deshalb auch sehr wichtige Frage), ob über Nacht die Nationale
einzuholen ist. Und da fiel mir auf, dass hier auf der Reede von Ao Chalong eigentlich niemand mehr die Nationale
überhaupt führt (geschweige denn einholt). Unsere Amerikanischen Freunde, denen
ja noch vor ein paar Jahren ihre Stars und Stripes gar nicht groß und neu genug
sein konnten, trauen sich schon lange nicht mehr, zu zeigen welcher Nationalität
sie angehören und die anderen Nationen finden Fahrtensegeln einfach als zu
normal, um irgendwelchen Etiketten (oder auch diesbezüglichen Vorschriften) zu
genügen.
Nochmals
mussten wir uns mit den Tiden rumschlagen, denn der Weg in die Boatlagoon
schlängelt sich zwei Meilen weit in einen Mangrovenwald hinein, wo es bei
Niedrigwasser durch den Sumpf gar kein Wasser gibt und wo es auch bei
Nipptide-Hochwasser schon mal eng werden kann. Froh waren wir, als sich endlich
nach einer Stunde starren Blicks auf das Echolot das Tor nach Backbord öffnete.
Drei junge Thailänderinnen in schicken Uniformen auf den sauberen Schwimmstegen
bedienten die Leinen so, als
seinen sie an Bord aufgewachsen: "Welcome in Phuketmarina" war auf
einem großen Schild zu lesen.
Moment mal? Haben wir nicht bei Boarlagoon
reserviert? Also wieder raus in den Sumpf, aber eine halbe Stunde später war
THALASSA wirklich angekommen.

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