Knoten fürs Leben

von Bobby Schenk


Mit neun (leichten) Knoten kommt man um die Welt

Beschäftigung mit Tauwerk kann ein faszinierendes Hobby sein. Und Seeleute, die einen schönen Augspleiß können, eventuell sogar noch aus Nirostadraht, genießen meine uneingeschränkte Bewunderung. Wer gar dem Hobby des Fancywork verfallen ist, ist in meinen Augen mehr Künstler denn Seemann. Kann ich alles nicht und hab es auch nie gebraucht.

Da ist jetzt der richtige Augenblick gekommen, Rückblick zu halten, welche der vielen Knoten, die man mir versuchte, beizubringen, für meine Seglerlaufbahn eine wichtige Rolle gespielt haben, ja, ohne die für mich das Segeln über die Ozeane nicht vorstellbar gewesen wäre.

Es sind nicht viele, die ich mir aneignen musste, um allen Aufgaben, die die Praxis gestellt hatte, gerecht zu werden. Und so komme ich heute zu dem Schluss, dass gar mancher Knoten, der in den Segelschulen gelehrt wird, reichlich überflüssig, ja schädlich ist, weil er dem Segelschüler den Blick für die wesentlichen Knoten nimmt.

Fangen wir mit dem an, was ich nicht kann und auch nicht ein einziges Mal benötigt habe, dem Spleißen. Doch, jetzt, wo ich darüber nachdenke, hab ich es doch einmal gebraucht, als ich mein Takelmesser an meinem Gürtel befestigt hab. Aber das war einfach, denn ein Blick in den "Sondheim" aus der kleinen YACHT-Bücherei machte mirs vor und der Augspleiss gelang sogar. Allerdings, ein kleiner Schäkel hatte es auch getan. Wie es funktionierte, hab ich längst vergessen und nie wieder vermisst. Wird heut eine Leine auf die richtige Länge per Messer gebracht, dann sorgt der Heißschneider schnell und sicher für den richtigen Abschluss des Tampens.

Anders steht es mit den folgenden Knoten, deren Aufstellung - jedenfalls bei mir an Bord - abschließend ist. Wobei es mir bei einem neuen Mitsegler wichtiger ist, dass er die paar "im Traum", also perfekt beherrscht, als doppelt soviele, bei denen er erst nachdenken muss.

Bei keinem anderen Knoten fällt ein Anfänger so schnell auf, wenn er die Leine nach der Winsch oder den Festmacher belegen soll. Mittels Kreuzschlag und Kopfschlag. Dabei geht es schon los: Entweder legt er zuviele Törns über die Winsch oder zuwenige. Es sollen halt gerade soviele sein, dass zwei Finger den Zug der Schot locker halten können, also in der Praxis drei bis vier Törns. Und dann erst geht es auf die Belegklampe. Oder bei den Festmacherleinen direkt auf sie.

Und so sehen die beiden Anfängerfehler aus, die das Auge jeden Seemanns schmerzen: Die Leine (Schot von der Winsch oder auch Festmacherleine) sollten auf die Klampe in einem deutlichen Winkel zulaufen und solange wie möglich von dieser freibleiben. Im Foto rechts müsste also die Leine zunächst unten um die Klampe geführt werden. Der beliebteste Anfängerfehler ist auf dem Bild links zu sehen. Der Kopfschlag muss über Kreuz über die Klampe geführt werden und nicht parallel dazu.

Das Wichtigste beim Belegen von Leinen auf Klampen liegt im letzten Schlag, dem Kopfschlag. Es müssen zuvor gerade soviele Kreuzschläge über die Klampe geführt werden, dass auch unter stärkster Belastung auf den abschließenden Kopfschlag kein nennenswerter Zug mehr kommen kann. Früher in den Zeiten des Naturtauwerks war der Kopfschlag ohnehin verpönt, weil er sich bei Nässe so zusammenziehen konnte, dass er nicht mehr zu öffnen war. Dies gilt heute nicht mehr, vorausgesetzt, es kommt kein zu starker Zug auf ihn. Genaugenommen besteht seine Funktion nur noch darin, dass er die Belegleine am selbstständigen Aufspringen hindert.

Ein weiterer wichtiger Knoten für die tägliche Bordpraxis ist der Kreuzknoten und selbst bei diesem einfachen Knoten lassen sich ein paar Anfängerfehler machen. Fast immer wird er mit dem Hinweis gelehrt, dass er im Gegensatz zum "Hausfrauenknoten" (links - damit verschnüren wir zu Hause Pakete u.s.w.) symmetrisch ausgeführt werden muss. Der Kreuzknoten hält nämlich und lässt sich leicht öffnen, ist also ein Seemannsknoten, während der "Hausfrauenknoten" unter Umständen nicht mehr aufgeht.

Aber auch der scheinbar richtige Kreuzknoten hat einen unzuverlässigen Verwandten, der unter dem Namen Rauschknoten bekannt ist. Die Geschichte dahinter: Erfahrene Bootsleute beliebten damit Kadetten auf den Rahseglern aufs Kreuz zu legen, und dies wortwörtlich. Sie zeigten den Neulingen die Knoten, mit denen deren Hängematten befestigt waren, wobei sie den Jungspunden die Tampen verdeckten, sodass diese nicht erkennen konnten, dass die Tampen entgegengesetzt aus der Bucht liefen (Bild links). Zuverlässig rauschte der Knoten nach einiger Zeit aus. Sicher eine etwas harte Lehre fürs Leben!

Generell eignet sich der Kreuzknoten zum Verbinden zweier in etwa gleichstarker Leinen, solange sie nicht unter wechselnder Zugbelastung stehen. In der Praxis wird der Kreuzknoten jedoch nur zeitweilig für nicht dauerhafte Leinenverbindung verwendet. In jedem Fall besser und absolut zuverlässig zum Verbinden zweier Leinen sind zwei ineinander verknüpfte Palsteke.

Der Palstek ist der König unter den Seemannsknoten. Er bildet eine Bucht, die sich auch unter Last nicht zusammenzieht. Seine Einsatzzwecke sind vielfältig, sei es am Poller, sei es zur Leinenverbindung (siehe oben), sei es, um die Schot mit dem Schothorn der Genua zu verknüpfen (statt des schlagenden Schäkels), sei es, um mit einem Palstek um die Brust einen Mann zu sichern und so fort. Den Palstek sollte jeder Mann (und Frau) an Bord aus dem EffEff und blind beherrschen. Ich werd schon immer nervös, wenn bei mir an Bord lange überlegt werden muss und irgendwelche Sinnsprüche mit der Schlange und der Maus und dem See und so fort rezitiert werden, statt blitzschnell den Knoten fertig zu haben. Mit dieser (amerikanischen) Methode geht es fix, ohne lange überlegen zu müssen:

 

Einer der Vorteile des "amerikanischen" Palsteks - bei den Yachties aus den USA sieht man den fast ausschließlich - ist, dass man ihn kaum falsch machen kann, wenn man ihn vor Anwendung noch kurz darauf kontrolliert, dass er richtig durchgezogen wurde, und dass er sich auch knüpfen lässt, wenn nicht allzustarker Zug auf den Tampen ist. Außerdem ist bei Geschwindigkeitswettbewerben immer der amerikanische Palstek vorne - ausprobieren!

Mit diesen Knoten sind wir schon ganz gut gerüstet. Wenn wir uns jetzt noch den Webeleinen, den kinderleichten Achtknoten und den Rundtörn mit zwei halben Schlägen aneignen sind wir für eine Weltumsegelung perfekt gerüstet.

Der Webeleinen ist wahrscheinlich der Ur-Anfängerknoten, mit dem jeder Segelneuling konfrontiert wird, wenn er zum Segeln eingeladen wird. Damit, so wird ihm angedroht, muss er nämlich Fender an der Reling befestigen. Also wird zu Hause am Treppengeländer geübt. Und in der ersten Bordpraxis ist man dann doch so nervös, dass beim ersten Anlegen der Fender an der Bordwand schwimmt. Deshalb würde ich mir als Anfänger den Webeleinen mit Slipstek schenken (im Bild links). Der Slipstek sollte ohnehin nur Verwendung finden, wenn man den Fender einstweilen anbringt, um ihn nach dem Anlegen dann fest auf der richtigen Höhe zu fixieren.

Der Webeleinen wird auch häufig dazu verwendet, um den Festmacher des Beibootes am Poller zu befestigen, weil er schneller geht als etwa ein Palstek und nicht sehr viel Zug draufkommen wird. Erfahrene Segler können dann den Webeleinen sogar in einem Zug fabrizieren und die wahren Könner machen das Ganze auch einhändig. Macht Eindruck auf die Leute am Steg. Wehe aber, wenn dann das Ablegemanöver nicht so hinhaut, wie man gern möchte!

Der Webeleinen eignet sich nicht, um eine Yacht dauerhaft (z.B. über nacht) am Poller zu vertäuen. Da greift man am besten - wieder mal - zum Palstek oder  zu ein oder zwei Rundtörns mit 2 halben Schlägen(links), die ebenfalls bombenfest halten.

Der leichteste Knoten, den man beherrschen muss, ist der Achtknoten (rechts). Einmal anschauen und man kann ihn. Er hindert Schoten am Ausrauschen. Das kann ein ordinärer "Knopf" zwar auch, aber den bringt man anschließend nur noch mit mit Hammer und Zange wieder auf."

Selten gebraucht, aber wenn es einmal so weit ist, dann ist der Stopperstek unbezahlbar und durch keinen anderen Knoten zu ersetzen. Angenommen: Einer der oben erwähnten Anfänger hat vorsichtshalber 6 Törns auf die Winsch gelegt und kurbelt mit aller Kraft und der kleinsten Übersetzung. Bis gar nichts mehr geht, Denn die Genua ist jetzt so durchgesetzt, dass der schöne Bauch fast nicht mehr sichtbar ist und der Überläufer auf der schönen Winsch ist dabei, den anderen Buchten die Kardeele abzudrücken. Schot loswerfen ist also nicht mehr. Da hilft nur noch das Messer - oder eben der Stopperstek. Dieser wird an der strammen Schot angeknotet und diese doch noch ein paar Zentimeter dichter genommen, indem per Umlenkrolle eine weitere Wisch eingesetzt wird. Damit bekommt man gerade soviel Lose, um die gequälte Schot von der Winsch runterzunehmen. Oder: Bei herrlicher Backstagsbrise passt der Holpunkt für die Genua nicht mehr: Ein Stopperstek an der Schot angeschlagen und dicht belegt, ermöglicht nahezu verlustfrei den nunmehr für einen Moment ausser Dienst gestellten Part der Genuaschot umzusetzen.

Mehr Knoten braucht der Weltumsegler nicht! Aber eins sollte er wissen. Jeder Knoten schwächt das Tauwerk.

Und noch eins: Mit Leinen zu arbeiten kann auch Spaß machen und oft hängt das Gelingen eines Manövers davon ab, dass eine Festmacherleine (mit Palstek) auch übergeben werden kann. Wers noch nicht probiert hat, sollte das Leinenwerfen am Steg mal üben. Natürlich nur, wenn niemand zuschaut. Und zwar so, dass sich die Leine beim Wurf schön streckt und nicht ein spagettiartiges Gebilde dem Helfer auf dem Steg ins Gesicht fliegt.

Die Ergebnisse werden zunächst frustrierend sein, also üben! Eigentlich lächerliche 10 Meter sind schon "gut", 12 Meter "meisterlich". Das sind die Tatsachen. 

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