Zubehör auf Yachten
von Bobby Schenk
"Haltet Euch
vom Yacht-Zubehör fern!"
Fahrtensegler sind schon immer
dankbare Opfer für Verkaufshaie gewesen: Das Geld sitzt ihnen
verhältnismäßig locker, sie haben es ja auch, schließlich kostet schon ihr
Untersatz zigtausend Euro und für das Hobby ist, so meinen sie, das Beste gerade gut genug.
So ganz unrichtig ist ja diese
Einschätzung nicht, denn wenn es ums Hobby geht, da werden die härtesten
Geschäftsleute schwach - "wofür hat man denn jahrelang so hart
gearbeitet"?
Hinzu kommt, dass zahlreiche
Besitzer einer Yacht zwar vielleicht ein paar tausend Meilen als Mitsegler, auf
Charteryachten, schon gesegelt sind, dass sich aber ihre Erfahrung als Eigner
einer schönen Yacht noch in Grenzen hält. Und so sind sie geradezu
prädestiniert, auf Sprüche wie "geeignet für den rauen Bordbetrieb"
reinzufallen.
Aber, wir wollen mal gerecht
bleiben: In der Zeit der Holzyachten, also bis ungefähr 1960 oder 1970 war es
schon angebracht, sich bei der Ausrüstung in den damals noch dünngesäten
Yachtausrüstungs-Geschäften umzusehen. Die Yachten waren zwei Nummern,
mindestens, kleiner als die heutigen durchschnittlich großen Schiffe und damit
war alles, auch die Ausrüstung nahe am Wasser, am Salzwasser. Die Yachten selbst
waren meist aus Holz, selten aus Eisen, und damit
jedenfalls nicht knochentrocken. Eine Bilge ohne eine Brühe darin, meist ein
Gemisch aus Öl und Meerwasser, wäre direkt unnatürlich gewesen. Andererseits war die
Ausrüstung, nicht nur die, welche speziell für Boote hergestellt war, um
einige Faktoren empfindlicher als heute. Denken wir nur an ein ganz normales
Radiogerät, das mit einer Unzahl von Potentiometern, rostempfindlichen Stahlfedern,
vielen Relais, gar noch mit Röhren und ähnlichen Bauteilen ausgestattet
war und das in dem von Salzwassergischt geschwängerten Klima an Bord eines Holzschiffes
sicher nicht ewig funktioniert hat. Oder an einen Fotoapparat,
Feinmechanikerkunstwerke zwar, aber wo der Verschluss eben auch mit viel leicht
rostendem Stahl gebaut war. Meine Leica mit ihrer angeblich lebenslänglicher
Garantie mochte auf einer Weltumsegelung plötzlich nicht mehr, weil der Stoff
vom Schlitzverschluß abgerissen und unreparierbar (wie mir das Werk - Garantie
hin oder her - mitteilte) auf Grund klimatischer Einflüsse war.
Das war die Zeit, wo sich ungefähr
Alles an Ausrüstung den Yachtsleuten andrehen ließ, wenn es nur mit dem
Zusatz "spritzwassergeschützt", "für den rauen
Bordbetrieb" oder Ähnlichem ausgezeichnet war.
Vorbei sind heute die Zeiten, wo
eine 10-Meter-Yacht als riesig angesehen wurde - mit unserem 34-Fuß-Schiff
waren wir bei einer Weltumsegelung in den siebziger Jahren in den meisten
Yachthäfen die längste Yacht. Was hat das nun mit der Zuverlässigkeit und
Lebensdauer von Ausrüstungsgegenständen zu tun? Sehr viel, denn so ist das ganze
Schiff nicht so nah am Wasser gebaut ist, die Luft im Schiffsinneren ist weniger
salzwassergeschwängert, ist meistens, auch dank
des indifferenten Bootsbaustoffes GfK schlicht trockener.
Und: In den meisten Fällen hat die
Elektronik generell die gegen klimatische Einflüsse besonders empfindliche
Feinmechanik abgelöst. Ein moderner Radioempfänger hat kaum noch bewegliche mechanische
Teile und wenn, dann sind die meist aus rostunempfindlichen Kunststoff. Die
einst so störanfälligen Drucktasten sind heute aus Kunststoff und praktisch wasserdicht verpackt. Die
Älteren unter uns werden sich noch erinnern: Yachtsleute trugen Armbanduhren,
mit denen sie nicht ins Wasser gehen konnten, weil die teuren Automatik-Uhren das Bad, vor allem im
Salzwasser, nicht überlebt hätten.
Selbstverständlich
gibt es auch heute noch unersetzliches und ganz spezielles Yachtzubehör. Ohne Segel, Winschen, Luken, Mast und Großbaum,
kurzum, alles was zum Rigg gehört, geht es nun mal nicht. Obwohl diese Aussage
gleich wieder eingeschränkt werden kann.
Ich denk da an den großen Bernard
Moitessier (Foto!), der ein wahrer Meister in der Kunst der
Improvisation und "Konsumverweigerung" war -
wie er es selbst ausgedrückt hat. Kindliche Freude hatte er daran, wenn er auf
seiner JOSHUA Gebrauchsgegenstände aus dem Haushaltwarengeschäft
einsetzen konnte oder noch besser, sie gar nicht erst gebraucht hatte. Als er mir einmal
half, mein Ruder unter Wasser per Maske und Schnorchel zu reparieren, da freute er sich
diebisch, als er einen Trick fand, mit einem alten rostigen Schraubenzieher die große
Kontermutter an meiner Ruderanlage festzudrehen - was uns einen Werftaufenthalt
ersparte. Ich hab heut noch seine Worte im Ohr: "It is verri iiisy - and sooo
cheap!"
 Aber
seine Meisterleistung in dieser Beziehung war wohl, auf seiner JOSHUA
(rechts) statt
teurer Alumasten (Geld hatte Bernard nie) hundsordinäre Telegrafenmasten
aus
verwittertem Holz ("die kosten nichts, die liegen überall so rum!")
aufzustellen (Foto links). Und
mit dieser "Notlösung" (wie wir wohl sagen würden) eineinhalb mal
nonstop um die Erde zu segeln! Welch eine Seemannschaft - siehe
sein Buch"der
verschenkte Sieg"!
Als ich übrigens 1973 einen Artikel
über Moitessier für die YACHT geschrieben hatte und darin für die damalige
Zeit wohl etwas zu respektlos festgestellt hatte, dass der Franzose damit den
Beweis erbracht hatte, dass sich Telegrafenmasten durchaus für die Besegelung
von Yachten eignen würde, da ließ der zuständige Redakteur diese Zeilen
unter den Tisch fallen. Wobei ich heut noch in diesem Punkt rechthaberisch bin.
Okay, es ist nicht jedermanns Sache,
auf seiner Yacht, die ja auch nach außen was darstellen soll, Holzbäume
spazieren zu fahren. Die Optik muss schon auch stimmen. Aber wenn ich mir zum
Beispiel das Gehäuse mancher Ankerwinden ansehe, deren Aluminium
augenscheinlich in der Seeluft zerbröselt, dann kommt schon der Gedanke auf,
dass es auch dafür andere, bessere und erheblich preiswertere Lösungen geben
muss.
Besonders auffällig ist, jedenfalls
sehe ich es so, dass die Yachtbranche besonders konservativ ist (um es vornehm
auszudrücken), wenn es um die Qualitätsverbesserung ihrer Erzeugnisse geht.
Was hab ich mich 1967 schon über eine 12-Volt-Steckverbindung an Deck unserer
Yacht geärgert, an denen die Positionslampen hingen. Alle paar Monate musste
ich Stecker und Dose mittels Sandpapier reinigen, damit die Positionslampen
wieder leuchteten - irgendwie, denn die Übergangswiderstände waren beim
Strom von ein paar Ampere sicher enorm. Das Gummiplättchen zwischen Stecker und
Dose hatte nur Alibifunktion, um Wasserdichtigkeit vorzutäuschen. "Ja, das war
eben vor mehr als 40 Jahren", könnte man meinen.
Und was habe ich heute für
Steckdosen an Deck meines Bootes, gebaut im dritten Jahrtausend? Richtig,
absolut genau die gleichen Steckdosen, gleicher Typ, gleicher Hersteller,
gleichmiese Qualität!
An spezieller Yacht-Elektronik wie Radar, oder
Echolot kommen wir wohl nicht vorbei. Aber zum Beispiel Batterien für die Yacht
kaufen wir doch nur für unnötig viel Geld, weil so schön "Marine"
draufsteht. Schmunzeln hab ich müssen, als ich in einem Prospekt der Firma
Sterling (Hersteller von Ladegeräten, Umformer etc) die Empfehlung für
Schiffsbatterien gelesen hab: "Kaufen Sie sich die besten Batterien,
nämlich die billigsten!" Sowas macht nachdenklich!
Also, man kann Yachtausrüstung ohne
Qualitätseinbußen durchaus meiden. Und dadurch sparen. Den blöden Vorwurf der
"Geiz-ist-Geil-Mentalität" nehm ich gern in Kauf, wenn ich mein Geld
nicht beim Fenster rausschmeiss. Beim Bordwerkzeug zum Beispiel besteht ohnehin nicht die
Gefahr, zuviel Geld auszugeben, weil es schlicht kein Spezial-Yacht-Werkzeug
gibt - von netten Spielereien für den Weihnachtstisch mal abgesehen. Gerade dies zeigt, dass Zubehör aus anderen Bereichen längst auf
Yachten Einzug gehalten haben, ohne dass wir es so richtig realisierten. Wer
sucht schon - außer aus optischen Gründen - nach speziellen Armbanduhren für
Yachten? Da tuts die Casio, "wasserdicht" bis 100 Meter, inklusive
Timer, Stoppuhr, Wecker sowieso (meistens fünf) für 35 Euro nicht nur
genausogut, sondern viel besser als alles was sich mit Anker oder ähnlicher
Symbolik schmückt. Dazu gehören auch die wunderschönen Barometer - ja, genau
die mit dem Ruderrad in Bronze rundum. Ist es ein maritimer Sündenfall, darauf
zu verzichten und sich eine genauere elektronische Wetterstation vom Aldi für
ein paar Euro zu holen? Spezielle Radioempfänger für Yachten meist mit Zusatz
"Ocean" oder "Welt" versehen, sind ebenfalls verschwunden
und wurden durch Allerwelt-Autoradios ersetzt, die meistens die Lebensdauer der
ganzen Yacht übertreffen.
Sogar beim heute unersetzlichen GPS
besteht kein Grund, jedenfalls kein notwendiger, sich ein "Marine-GPS"
anzuschaffen. Irgend ein solches Wundergerät, sei es für Bergseiger,
Autofahrer, Flieger oder auch in der Armbanduhr ist auf Yachten genausogut
einsetzbar, wenn man nur irgendwie die Koordinaten auslesen und damit in der Seekarte
verwerten kann.
Ganz deutlich, wie überflüssig
spezielles Yachtzubehör ist, zeigt das Thema Computer. Kaum jemand, der sich auch nur annähernd mit der Materie auskennt,
wird sich einen speziellen Yacht-Computer zum dreifachen Preis eines Dell-Notebooks leisten, möchte er doch technisch auf dem neuesten Stand sein.
Zumal bei der rasenden Fortentwicklung auf diesem Gebiet die faktische Lebensdauer eines
solchen unersetzlichen Helfers kaum höher als vier Jahre ist. Nicht, weil die
salzhaltige Luft dem Notebook den Garaus macht, sondern weil diese
unersetzlichen Kästen den immer anspruchsvolleren Skipper nach ein paar Jahren
eben nicht mehr zufrieden stellen. Ich kenne kaum einen Computer auf einer Yacht, der deshalb
entsorgt werden musste, weil er auf dem Schiff kaputt gegangen ist, sondern
meistens waren versaute, vervirte und unentwirrbare Softwaregemenge auf der
Festplatte schuld am Frust. Wobei
schon klar ist: Salzwasser auf der Tastatur überlebt kaum ein Notebook. Aber
dafür haben wir ja heute entsprechend große Yachten, um den Rechner weit weg
vom Niedergang im
Trockenen zu bedienen.
Sind wir uns eigentlich bewusst,
dass wir schon immer Zubehör verwendet haben, das nicht für den harten
Bordbetrieb hergestellt und dementsprechend preiswert zu bekommen war? Ich
benutze heute noch Werkzeuge aus dem Kaufhaus, das sich seit nunmehr 40 Jahren
auf meinem Schiff befindet. Ohne, dass es verrostet, ohne dass es
übermäßig vergammelt ist und vor allem, ohne dass es seine
Funktionsfähigkeit eingebüßt hat. Und dabei hab ich es nicht einmal
sonderlich gepflegt, sondern es war halt so, wie Werkzeug
sein sollte:
Unverwüstlich.
Wir, alle Yachtsleute, machen es
ohnehin unbewusst: Wenn ein Spezialangebot fürs Maritime
nicht vorliegt,
dann schleppen wir ungeniert das (preiswerte) Zubehör aus dem Kaufhaus an.
Es spricht aber noch ein anderes,
gewichtigeres Argument dafür, nicht unbedingt Yacht-Zubehör zu verwenden. Und
dieses Argument wird jedes Jahr überzeugender: Hinter Haushaltswaren steht eine
Produktion, die oft in vielen zigtausenden Stückzahlen denkt, während manches Yachtzubehör
doch ein wenig an Handarbeit denken lässt. Und dass deshalb schon bei derartigen
Stückzahlen, auch wenn bei der Herstellung jeder Cent umgedreht wird, auch wenn
in
Billiglohnländern produziert wird (wie bei den meisten Elektronik-Artikeln), die Qualität und die Lebensdauer am Ende
überragend ist, jedenfalls im Vergleich zu vielem Yachtzubehör, dürfte auf der Hand
liegen. Was sich auf unseren Yachten so alles an echtem Pfusch und Gelumpe
finden lässt, fällt ja nicht bei den schönen Yachten auf der Ostsee mit
einer Segelsaison von gerade mal Juni bis September auf, sondern viel mehr bei
Blauwasseryachten nach mehreren
Jahren und ein paar zigtausend Meilen rund um die Erde. Mein superteures, weil
Spezial-Yacht-Fahrrad ("Niro" selbstverständlich) rostet an allen Ecken und
Enden und die Bereifung hält auf Teer gerade mal 30 bis 50 Kilometer (mehrfach
ausprobiert), wobei ich es als eine besondere Schikane empfinde, dass in den
meisten Ländern (außerhalb Deutschlands) einen neue Bereifung gar nicht
erhältlich ist. Der letzte Mantel-und Schlauch-Satz hat mich dann auch genausoviel gekostet, wie
ein nagelneues Klappfahrrad aus lokaler Produktion. Nicht etwa "made in
China" wie das genannte "Yacht-Fahrrad".
Ein ungleich schlimmeres, weil viel
teureres, Beispiel: In "meiner" derzeitigen Marina in Südost-Asien
befinden sich geschätzte 50 Yachten. Acht(!) davon, das sind 15 Prozent,
schlagen sich mit Schäden an der Yacht-Hauptmaschine oder an der
Maschinenanlage herum, sodass diese Bootsmotoren derzeit nicht einsatzfähig
sind. Ich hab noch nie von einem Bekannten gehört, er könne nicht rechtzeitig
kommen, weil sein Auto nicht funktioniert.
Nur leider, das sind die Grenzen
meiner Philosophie, ist es nicht damit getan, in sein Schiff einen Motor von VW,
Opel, Ford, Mercedes, Citroen zu packen, denn die dazu notwendige Marinisierung
wird mangels entsprechender Verkaufszahlen eben niemals in einer
Massenproduktion vorgenommen werden können. Und damit hätten wir das Problem
eben nur vom Motor weg auf seine Peripherie verlagert.
Es ist kein Zufall, dass
üblicherweise der erste
Weg des Skippers nach einer langen Ozeanfahrt nicht etwa ins Museum der
Kleinstadt führt, sondern in die Werkzeugabteilung des Supermarktes, oder in
den Hardware-Shop. Oder in ein Geschäft mit Autozubehör. Als ich neulich einen
in Yacht-Arbeiten erfahrenen Mechaniker an Bord hatte, der sich um meine
Druckwasseranlage zum dritten Mal kümmern sollte, meinte der angesichts meiner
vielen Spielzeuge an Bord warnend: "Haltet Euch vom Yacht-Zubehör fern!"
Da ist was dran! Längst haben
Westfalia, Conrad, Hornbach und Obi-Markt auf unseren schicken Yachten Einzug
gehalten. Und zwar nicht nur wegen dem geilen Geiz. Sondern auch(!) wegen der
Qualität, die hinter den millionenfach produzierten Waren steht.
Rund 20 Prozent aller Yachten hier
in der Marina haben zur größten Zufriedenheit eine Klima-Anlage an Bord - aus dem Haushaltsgeschäft für
160 Euro. Einer unserer meistbenutzten Einrichtungsgegenstände an Bord ist eine
Mikrowelle - einst der Inbegriff vom Luxus auf Yachten. Nach sieben Jahren im
fast täglichen Einsatz zeigt der gelbe Kasten aus der Metro keinerlei Rost. Obwohl nicht für den
"rauen Bordbetrieb" konzipiert, verrichtet er brav seinen Dienst. In
seiner Gebrauchsanweisung steht nicht, wie bei unseren Winschen und beim Außenborder: "Nach Gebrauch mit Süßwasser reinigen!" Und wenn
die Mikrowelle tatsächlich mal nicht mehr funktionieren sollte, dann hol ich mir aus
dem nächsten Elektro-Großmarkt eine neue für 100 Euro. Der
Patent-Spinnaker-Schäkel auf meinem Schiff ist teurer. Und musste schon ersetzt
werden, weil er sich in seine Einzelteile aufgelöst hatte.
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