Tipps für einen guten Start

März 2022 – von Kerstin Pieper und Hans Schubert (Weltumsegler)

Kerstin und Hans unterstützen mich nicht nur auf vielen meiner Blauwasser-Seminare als Referenten, sondern bereiten auch zahlreiche Eigner auf ein Leben an Bord ihrer neuen Yachten intensiv vor. Man sollte zu Fragen über seinen Segeltraum nicht nur Verkäufer um Rat fragen, sondern vor Allem sich an Segler wenden, welche selbst viele Jahre über die Weltmeere segelten und die Atmosphäre der Blauwassersegler besser kennen als irgendeine „Landratte“. Beherzigen Sie die wertvollen Tipps für eine erfolgreiche Blauwasser-Reise von Kerstin und Hans!
Bobby Schenk



Vorbereitung und Planung eines Blauwasser-Abenteuers

Der Übergang von dem gewohnten Leben an Land zu einem längeren Aufenthalt an Bord einer eigenen Yacht in exotischen Revieren gelingt normalerweise nicht ohne eine gründliche Vorbereitung und Planung.

Kaum jemand wird sich ohne jegliche Segelerfahrung spontan eine Yacht kaufen, um von einem Tag auf den anderen seinen Beruf aufzugeben, das gewohnte soziale Umfeld zu verlassen und die „Leinen loszuwerfen“.

Die Allermeisten träumen bereits viele Jahre vor dem eigentlichen Start von ihrem zukünftigen Segelabenteuer, und bereiten sich umfassend darauf vor.

Welche Hürden es auf dem Weg zu einem erfolgreichen Start zu nehmen gibt, haben die beiden Autoren in diesem Artikel zusammengefasst.



Kerstin Pieper und Hans Schubert haben zehn Jahre lang an Bord ihres Katamarans „Cinderella“ die Welt umsegelt und beraten seit Ihrer Rückkehr angehende Blauwassersegler. Der Inhalt dieses Artikels war Thema der beiden als Referenten auf dem vorletzten Blauwasser-Seminar von Bobby Schenk in Friedrichshafen und wird hier verkürzt wiedergegeben.

Erfolgsfaktoren einer Blauwasser-Reise

Der Erfolg oder Misserfolg eines Segelabenteuers hängt von zahlreichen Faktoren ab. Der Wechsel von einem Leben an Land zu einem Leben auf See ist radikal. Um hierbei nicht zu „stranden“, ist es notwendig die wichtigsten Erfolgsfaktoren näher zu betrachten:

- Crew

- Route

- Zeit

- Finanzen

- Schiff



Die Bedeutung der Crew für den Erfolg

Häufig wird die Bedeutung der Stammbesatzung für den Erfolg unterschätzt! Unzureichende Abstimmung untereinander über die Ziele der Blauwasser-Reise führen nicht selten zu völlig unterschiedlichen Erwartungen und Befürchtungen in Bezug auf den radikalen Lebenswandel.

Hinzu kommen oft nur geringe Segelerfahrung und Qualifikation; wer noch nie über einen längeren Zeitraum bei Tag und Nacht und schlechtem Wetter segelte, kann nur schwer einschätzen, ob ein monatelanges Leben an Bord eines beengenden Segelschiffes tatsächlich den persönlichen Erwartungen entspricht.



Es ist deshalb sehr zu empfehlen bereits im Vorfeld soviel gemeinsame Segelerfahrung zu sammeln wie möglich. Nur wer genügend Seemeilen geloggt hat, wird zusammen mit seiner Crew realistisch einschätzen können, ob sich die Mühen für die Realisierung des Segeltraums lohnen.

Wie hoch das Scheitern durch Unstimmigkeiten innerhalb der Crew ist, zeigt die Ausfallquote z.B. bei der in regelmäßigen Abständen stattfindenden ARC WORLD Rally.

Der Hauptgrund warum Yachten die Welt Rally abbrechen, sind Unstimmigkeiten innerhalb der Crew; Probleme mit der Technik oder schlechtes Wetter spielen im Vergleich hierzu eine untergeordnete Rolle.



Mit einem gehörigen Schuss Ironie lässt sich feststellen, dass die meisten „Einhandsegler“ dies selten freiwillig machen; meist ist ihnen während der Reise die Partnerin abhandengekommen.

Neben umfangreichem gemeinsamem Segeln vor der eigentlichen Reise, helfen entsprechende Segelscheine, das notwendige Funkzeugnis, Überleben See Kurse, Blauwasser-Seminare, Motorkunde usw. dabei sich optimal auf das zukünftige Leben an Bord vorzubereiten.



Nicht zu vernachlässigen sind entsprechende Sprachkenntnisse. Da sich die gesamte Reise im nichtdeutschen Sprachraum abspielen wird, sind gute Englischkenntnisse unabdingbar.

Jede Kommunikation vor Ort mit Behörden, anderen Besatzungen oder Einheimischen wird entweder auf Englisch oder in der jeweiligen Landessprache stattfinden.

Eine Herausforderung für jeden dessen Fremdsprachen Kenntnisse nur gering sind. In einem solchen Fall ist das rechtzeitige Auffrischen fremder Sprachen sehr zu empfehlen!

Die Route – Wohin soll die Reise gehen?

Es macht einen großen Unterschied, ob die Planung ein „Sabbatical“ im Mittelmeer vorsieht, oder ob es über den Atlantik und sogar noch weiter gehen soll.

Während die Routenplanung im Mittelmeer noch überschaubar ist, gestaltet sich eine Atlantiküberquerung in jeder Hinsicht als anspruchsvoller.

Mit zunehmender Entfernung von der Heimat steigen die Anforderungen an die Logistik, die Wetterplanung, die benötigte Zeit, die politische Lage und die Seetüchtigkeit und Ausstattung der Yacht.



Die Lektüre einschlägiger Literatur über mögliche Segelrouten und sturmarme Jahreszeiten ist absolut notwendig, um nicht von tropischen Stürmen oder anderen Naturphänomenen unangenehm überrascht zu werden.

Segeleinsteiger sollten anfangs lieber etablierte Segelrouten wählen und nicht gleich Kap Hoorn oder die Nordwest Passage ins Auge fassen.

Faktor Zeit – „Gut Ding will Weile haben!“

Die Vorbereitung und Planung benötigen meist mehr Zeit als ursprünglich geplant. Dies ist für ein Projekt mit „Open End“ nicht so entscheidend, für ein streng durch getaktetes „Sabbatical“ mit der Familie aber unabdingbar.



Das rechtzeitige Absolvieren von Segelscheinen, der Verkauf von Firma oder Haus, die vom Schulamt genehmigte Fernschulung der Kinder, der Kauf und die Ausrüstung der Yacht usw. sind alle äußerst zeitintensiv. Deshalb ist es notwendig, genügend Zeit einzuplanen und auch Spielraum für unvorhergesehene Eventualitäten zu haben.

Faktor Geld – Einnahmen und Ausgaben planen

Die Zeiten, als man „mit einem Dollar pro Tag“ noch in der Südsee leben konnte, sind seit Jahrzehnten vorbei. Wer heute eine Blauwasser-Reise vorbereitet, muss über entsprechende finanzielle Mittel für die gesamte Dauer des Ausstiegs verfügen.

Nur die Wenigsten können an Bord eines Schiffes ihren Beruf weiter ausüben (Schlagwort „Digital Nomade“); auch die Möglichkeit durch die Mitnahme zahlender Gäste die Bordkasse aufzubessern darf nicht überschätzt werden. Ein realistischer Finanzplan mit den zu erwartenden Aktiva und Passiva sollte unbedingt vor dem Start erstellt werden. Mangels entsprechender Erfahrung tendieren viele Einsteiger dazu, die zu erwartenden Einnahmen zu über- und die zu erwartenden Ausgaben zu unterschätzen. Ein folgenschwerer Fehler, welcher nicht selten zum vorzeitigen Abbruch mangels Geldes führt!



Ebenfalls schwierig abzuschätzen für Beginner sind die Unterhaltskosten für eine seegängige Yacht. Viel zu oft wird hierbei die eigene handwerkliche Fähigkeit zur Wartung und Reparatur des Schiffes überbewertet. Wenn sich dann herausstellt, dass die notwendigen Arbeiten doch von ausgebildeten Marinespezialisten ausgeführt werden müssen, sprengt dies nicht selten das hierfür vorgesehene Budget.

Notwendige Versicherungen für Crew und Schiff und Rücklagen für Eventualitäten gehören ebenfalls in den Finanzplan. Kommen zu den o.g. finanziellen Rahmenbedingungen noch Fragen der Mehrwertsteuer, der Gesellschaftsform (Limited), der Finanzierung und evtl. notwendiger Charter-Genehmigungen hinzu, sind die meisten Einsteiger völlig überfordert.

In diesem Fall ist der Rat seriöser Berater sinnvoll, da diese aufgrund ihrer Berufserfahrung meist zielführende Lösungen anbieten können.

Das Schiff – Mittel zum Zweck!

Im Zentrum aller Vorbereitungen steht nicht selten das Schiff und die notwendige technische Ausstattung. Gerade Männer tendieren dazu sich lieber über den besten Wassermacher als über eine vernünftige weltweite Krankenversicherung zu ereifern.

Es ist klar, dass ohne Schiff eine Blauwasser-Reise nicht möglich ist. Im Umkehrschluss ist das Schiff aber auch nur ein Baustein für den Erfolg des Projekts, gleichwertig wie die weiter oben aufgeführten Faktoren. Da der finanzielle Aufwand für den Kauf und den Unterhalt des Schiffes jedoch meist die größte Ausgabe darstellt, ist eine gewisse Sonderstellung gerechtfertigt.

Wenn nicht bereits Erfahrung mit Segelyachten vorhanden ist, stellt sich der Kauf einer geeigneten neuen oder gebrauchten Yacht als schwierig dar.

Schier unüberschaubar ist die Anzahl unterschiedlicher Bootstypen und -größen.

Hilfreich bei der Einengung des Angebots auf geeignete Schiffe ist das Aufstellen eines Kriterienkatalogs und eine klare Preisgrenze für das fertig ausgestattete Schiff.



Auch hier kann der professionelle Rat von Experten sinnvoll sein um die gröbsten Fehler zu vermeiden!

Bei aller Begeisterung für das zukünftige Traumschiff darf aber nicht vergessen werden, dass die Yacht nur Mittel zum Zweck ist.

Das auserwählte Schiff wird gekauft, während der Reise ausgiebig genutzt und zum Ende des Projekts wieder verkauft.

Plan B – Alternativen für ein glückliches Leben

Nicht jedem ist es vergönnt an Bord einer eigenen Yacht eine spannende Phase seines Lebens zu verbringen. Viele Segelenthusiasten müssen bei der Planung feststellen, dass es unüberwindliche Hindernisse gibt, welche es notwendig machen den Segeltraum zu „begraben“.



Falsch wäre es in einer solchen Situation dieser verpassten Chance ewig nachzutrauern. Viel besser ist es sich nach Alternativen umzusehen.

Es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten seinem Leben einen neuen Drive zu geben; der Kauf einer Yacht ist nur eine von vielen Alternativen.

Vielleicht bietet der Beruf eine Möglichkeit sich neu zu erfinden; vielleicht schlummern noch andere unverwirklichte Interessen in Einem; vielleicht gibt es tolle Möglichkeiten an Land die Welt zu entdecken …

Je schneller man einen unrealistischen maritimen Traum ad Acta legt, desto eher ist man wieder frei für neue Pläne!

Leinen los!

Für all diejenigen die die wichtigsten fünf Erfolgsfaktoren einer Blauwasser-Reise erfolgreich gemeistert haben, wartet eine erlebnisreiche Zeit an Bord ihrer Yacht.

Das zeitweise Leben auf dem Meer ist nach wie vor ein erstrebenswertes Ziel!

Das Spiel mit Wind und Welle, das Erleben der Natur und fremder Kulturen, die Möglichkeit mit seinem „schwimmenden Zuhause“ entlegene Ankerplätze oder gemütliche Häfen anzulaufen – all dies sind unvergessliche Erlebnisse für ein ganzes Leben!



Hinweis: Nach Abschluss ihrer erfolgreichen Weltumsegelung mit dem Katamaran „Cinderella“ beraten die beiden Autoren dieses Artikels fachkundig zukünftige Fahrtensegler rund um deren Segelprojekte. Spezialisiert sind sie auf Mehrrumpfschiffe. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: KPYM Yachtmanagement, Kerstin Pieper & Hans Schubert, pieperkerstin@gmx.de, 0049-(0)176-39096925, www.kpym.de,

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