Die Yachten werden immer größer, der Anspruch
auf Bequemlichkeit steigt. Außerdem zieht es die meisten Yachten immer mehr
nach heißen Süden, ja nach den Tropen. Obwohl es auch bei uns im Norden
gelegentlich so heiss wird, dass man ins Schwitzen kommt. Bei den Autos sieht
man die Entwicklung am besten. Während früher Klimaanlagen in einem PKW aus
deutscher Fertigung Seltenheitswert hatte oder nur gegen horrenden Aufpreis
lieferbar war, gibt es heute schon Mittelklassewagen, bei denen die Klimaanlage
zur Serienausstattung gehört. Und auf Yachten?
Klimaanlagen
auf Yachten
von Bobby
Schenk
Ist
die Air Condition auf einer Langfahrt-Yacht sinnvoll?
Ja, aber!
Jahrelang
glaubten wir, ohne eine Klimaanlage auszukommen. Mit gutem Grund. Denn nahezu
immer lagen wir vor Anker, und wenn nicht gerade Strom setzte - selten genug -
lag unsere Yacht, gleichgültig ob Einrumpf oder Kat immer schön im Wind. Aus
Erfahrung heraus hatte ich bei all meinen Schiffen bestellt: "Alle Luken nach
vorn zu öffnen!"
Und
damit war das Leben, auch in den Tropen, immer angenehm bis gerade noch erträglich. Bei
offenen Luken zu schlafen, war angenehm. Und wenn schon mal der Wind
eingeschlafen war, halfen wir uns mit kleinen 12-Volt-Ventilatoren weiter, den
unsere Batterien fast tolerierten. Meistens lagen wir so weit draußen vor
Anker, dass auch Nono-Fliegen, Mosquitos und sonstiges Tier es zu mühevoll fand,
den langen Weg zu der entfernten Yacht zu fliegen. Selbst auf den
Marquesas-Inseln, die von den Nonos (winzig kleine Stechfliegen, die oft einen
eitrigen Ausschlag verursachen) heimgesucht sind, wurden wir von solchen
Belästigungen verschont. Kurzum, wir haben weder auf einer Weltumsegelung, noch
auf einem jahrelangen Törn in die Südsee und nach Hause, eine Klimaanlage
jemals vermisst.
Das
änderte sich schlagartig, als wir mal eine ganze Hurricane-Saison, immerhin
fast fünf Monate in einem kleinen, zunächst romantisch wirkenden Hafen
zwischen der Hauptinsel Tahiti und dem "kleinen Tahiti" verbringen
mussten. Das Hurricane-Hole war so gut geschützt, dass manchmal nicht der
leiseste Windhauch zu spüren war. Den ersetzten wir durch zwei große
Ventilatoren - beim Chinesen im ansonsten sündteuren Polynesien für 30 Dollar
erstanden. Untertags war die Situation trotz der Hitze einigermaßen
erträglich, denn die beiden Fans - jetzt hingen wir ja am Landstrom - sorgten
für kühlenden Luftzug und die Fliegen waren zwar lästig, aber ansonsten
harmlos. Nur abends war es quälend. Pünktlich um 18 Uhr gingen die Mosquitos
zum Angriff über und wir konnten nichts anderes tun, als am großen Eingang ein
Mosquitonetz anbringen und ansonsten die Luken zu schließen - immerhin 30 an
der Zahl. Zwar konnten alle Luken mit Mosquitonetzen bedeckt werden, doch -
abgesehen davon, dass man das Gefühl hat, diese würden auch die Luft
abhalten,
war es eine Zumutung, die Luken nachts bei regelmäßig einsetzendem Regen
zuzumachen. Hinzu kam. dass das große Mosquitonetz am Eingang genügend
Schlupflöcher für die Plagegeister offen ließ, sodass diese zu Dutzenden
eindringen konnten. Dagegen "schützten" wir uns recht wirkungsvoll
mit langsam verdampfenden Gift (für die Mücken) - Baygon, weltweit erhältlich
und, neben den stinkenden und glimmenden "Coils"
das übliche Zeugs in allen Hütten Tahitis.
Es
ist aber keinesfalls so, dass die Dämpfe von Baygon die Mücken von vorneherein
vertreiben. Ganz im Gegenteil, sie scheinen die Mosquitos anzuziehen und dann zu
vergiften. Manchmal konnten wir am anderen Morgen viele Dutzend Mückenleichen
um den Baygonbrenner zählen. So hielt sich die Belästigung in Grenzen, obwohl
es sicher nicht jedermanns Geschmack ist, morgens zunächst einmal 50 tote Mosquitos vom Frühstückstisch einzusammeln. Man arrangiert sich halt so gut es
geht.
Aber
geht es nicht besser? Vielleicht mit einer Aircondition (wie die Amis sagen), denn dann
könnte man, ja müsste man, bei deren Betrieb dir Fenster und Luken schließen
und die Klimaanlage würde auch tropische Temperaturen auf ein erträgliches
Maß reduzieren? Wer glaubt, es würde ihm Hitze nichts ausmachen, der hat noch
nicht versucht, bei 40 Grad Celsius und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit
zu schlafen.
In
wirklich heißen Gegenden, ja, fast überall auf der Welt in den Tropen, gilt -
an Land - eine Klimaanlage kaum als Luxus. In Hotels oder Geschäftsräumen ist
sie eine Selbstverständlichkeit und selbst in den Wohnräumen der weniger
bemittelten Schichten findet sich, von außen als hässliche Kästen leicht zu
erkennen, regelmäßig dann eine solche "Kälte-Anlage", wenn sich die
Bewohner es sich leisten können. Nicht von der Anschaffung her, sondern wegen
der hohen Stromkosten.
Und
damit sind wir beim entscheidenden, uns vor allem interessierenden Thema. Auf
einer Yacht eine Klimaanlage ohne Landstrom zu betreiben oder ohne dass ein
Generator läuft, ist praktisch unmöglich. Da sollte man sich keine Illusionen machen.
Der wirklich entscheidende Nachteil einer "Aircon" (wie man sie in
vielen Ländern) nennt, ist, dass der Stromerzeuger während der Laufzeit
der Klimaanlage, und das ist ja der ganze Tag oder viele Stunden, mitlaufen
muss. Denn auch große Batteriebänke auf längeren Yachten würden für
Klimaanlagen Strom liefern, der sich eher nach Minuten als nach Stunden bemisst.
Man braucht sich nur zu fragen, auf welcher Yacht ohne Steckdose am Steg man
schon elektrische Heizöfen gesehen hat. Fällt was auf? Normale Heizer aus dem
Elektromarkt kosten nur 30 Euro, billiger (vom Preis) und vom Strom her geht es
nicht. Aber zu teuer, was den faktischen Stromhunger anbetrifft, für eine
Yacht. Deshalb werden in Yachten ja eben nicht Heizstrahler mit Kabel eingebaut,
sondern Anlagen, die - meist - mit Diesel betrieben werden. Um hier eine Zahl zu
nennen: Eine kleine Klimaanlage, ausreichend für eine Yacht von der
Kälteleistung her, verlangt eine Leistung von so ungefähr 2000
Watt. Das wäre
bei einem elektrischen Heizgerät bereits die Stufe "2" oder gar
"3". Die wir auch zu Hause selten benutzen, der hohen Stromkosten
wegen!
2000
Watt, aus dem Inverter bezogen, belasten die
12-Volt-Schiffs-Batterie also so um die 180
Ampere, also auf einen Tag berechnet mit runden 4000 Amperestunden (Ein
Kühlschrank im Vergleich liegt bei runden 50 Ah's).
Das
sind Fakten, an denen wir Yachties nicht vorbeikommen. Und so habe ich auch
noch nie, auf keiner Yacht, am Ankerplatz eine arbeitende Aircon erlebt, ohne
dass ein Generator dazu geblubbert oder gebrummt hat.
Sieht
man sich mal Verkaufsprospekte von größeren Yachten und deren Preislisten an,
so findet sich meist eine Klimaanlage als Sonderzubehör mit einem Preis oft im
fünfstelligen Bereich - zugegeben, der aufwendige Einbau ist teuer. Was im
Prospekt nicht angegeben ist, dass der Generator dazu ein Muss dazu ist. Der
allein schlägt dann mit 20 Tausend Euro oder mehr
zu Buche.
Also
ist die Frage nach der Klimaanlage auf "unseren" Yachten schon
beantwortet! Eine solche können wir uns nämlich abschminken. Brauchen wir auch
nicht am Ankerplatz, wenn ein kühlender Wind, häufig noch durch einen Windsack(Ghost)
eingefangen durchs Schiff streicht.
Ganz
anders aber sieht es aus, wenn man im Hafen oder in der Marina liegt. Der Luft
fächelnde Wind fehlt oder kommt von der falschen Seite. Abends fallen
unbarmherzig Mosquitos über die Yacht her und man kann sich sicher nur durch
ein Ganzköpernetz schützen. "schattenspendende" Netze (Foto) werden
in ihrer Wirkung weit überschätzt.
In
den Tropen erreichen mittags im Schiff die Temperaturen nicht selten 40 Grad und
der Hygrometer pendelt sich bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit, meist deutlich
darüber, ein. Wer noch nicht weiß, was letzteres bedeutet, sehe einmal im
Manual zu einem Fotoapparat nach, hinten, wo die Betriebsgrenzen stehen. Nicht
selten stehen bei den zulässigen Umgebungstemperaturen "maximal 80%
Luftfeuchtigkeit". Zu gut deutsch gilt: Eine so hohe Luftfeuchtigkeit ist
"dampfig" in vielen Hinsichten höchst unangenehm, wobei das tägliche
Wechseln der verschwitzten Kleidung noch die kleinste Einschränkung ist, die
einem auferlegt wird. Viele, vor allem ältere Menschen, empfinden so ein Klima
als kreislaufbelastend. Man bekommt keinen plastischen Eindruck von diesen
Verhältnissen, wenn man stöhnend auf einer Autobahn im Hochsommer bei schönem Wetter im
Stau steht. Denn meistens fehlt dazu noch eine solch hohe Luftfeuchtigkeit.
 Aber
hier die gute Nachricht: Dem kann im Hafen oder in der tropischen Marina
abgeholfen werden - und zwar mit mäßigem (aus der Sicht eines Yachtbesitzers)
finanziellen Aufwand. Dort, wo nämlich solche klimatischen Verhältnisse
herrschen, also fast überall in den Tropen, wo also die Aircon, so wie bei uns
der Heizofen (den ja fast jedermann zu Hause hat, und wenn es nur "für den
Notfall" ist) zum Lebensstandard gehört, sind diese schweren Kästen auch
preiswert zu haben. Um einen Richtwert anzugeben: Ab 200 Euro aufwärts aus
chinesischer, japanischer, jedenfalls fernöstlicher Fertigung. Dort, wo sie
halt dringend vom "Volk" gebraucht werden. Leider haben diese Geräte
für uns Yachtsleute ein paar schwerwiegende Nachteile:
Selten
wiegen sie unter 20 Kilogramm, sind klobig (was im Wohnzimmer nichts ausmacht,
wohl auf einer Yacht), brauchen vom Freien eine Luftabfuhr ins Schiff und
Abflussmöglichkeiten fürs Kondenswasser. Also eine Menge Nachteile, wenn man
so einen Kasten von Panasonic oder Mitsubishi
auf seinem Schiff unterbringen
möchte. Hinzu kommt, dass die Dinger auf einer Yacht kaum unterzubringen sind,
wenn die Fahrt dann weitergeht und die Aircon damit nutzlos wird. Viele Yachties
helfen sich mit dem Verkauf oder Ankauf einer gebrauchten in der nächsten
Marina.
Aber
die Tatsache, dass viele Yachteigner all diese Nachteile in Kauf nehmen, wie man
bei einem Rundgang durch eine kleine Marina - siehe Fotos - feststellen kann,
zeigt doch, dass sie gern solche Opfer bringen und im nächsten Elektroshop sich
eine Klimaanlage holen. Hoch sind auch die Stromkosten (2 Kilowatt!), die auch
in sogenannten Billigländern bei Dauerbetrieb ins Geld gehen - ein
ganz grober Anhaltswert
aus der Praxis sind 100 Euro pro Monat).
 Der
"Einbau" ist häufig mehr als provisorisch. Auf Einrumpfyachten werden
die Blechkästen - die kleinste Größe reicht fast immer aus, die zweiteiligen
Anlagen sind für uns viel zu groß - meist auf Deck über einer Luke postiert,
von wo aus die gekühlte Frischluft durch einen provisorischen Luftschacht aus
Plastik Schiffsinnere geblasen werden kann. So macht auch die Ableitung des
Kondenswassers kein Problem, notfalls erfolgt sie über ein Schlauchstück. Die
Stromkosten lassen sich einigermaßen kontrollieren, wenn man die Stromzufuhr
über eine handelsübliche Schaltuhr (10 Euro) regelt. Also zum Beispiel von 10
bis 17 Uhr und von 20 bis 22 Uhr.
Viele
Nachteile also, wenig Vorteile! Aber die haben es in sich. Mit einem Satz
beschrieben: Die Lebensqualität ändert sich dramatisch zum Guten. Wir haben
uns lange vor diesem Improvisorium, was anderes ist es ja nicht, gesträubt,
und, wie viele andere, gerne davon gesprochen, dass wir so was doch nicht nötig
hätten (wobei wir schon mal überheblich durchblicken lassen haben, dass die
Aircon-Segler verweichlicht seien). Aber, um es ganz deutlich zu sagen: Ich
würde niemals mehr in den Tropen in einer windlosen Marina ohne Aircon sein. Da
kannst Du noch soviele Ventilatoren (mit Landstrom) aufstellen, die Vorteile der
Klimaanlage machst Du nicht wett, zumal ständige warme Zugluft auch nicht das
Angenehmste ist.
Der
Hauptvorteil einer Air Condotion in der Yacht ist nicht die zögerliche
Herabsetzung der Lufttemperatur von 35 oder 40 Grad auf gut erträgliche 28
Grad, sondern das starke Absenken der Luftfeuchtigkeit bis unter 50 Grad und
damit zu einem Wert, der ungefähr deutschen Wohngewohnheiten entspricht. Die
Kleidung fühlt sich nicht mehr klamm an, die Kojenposter verursachen ein ganz
anderes Schlafgefühl, du wachst nicht schweißgebadet um vier Uhr früh auf
(und überlegst, ob Du die Schlafstörung mit einem Bier bekämpfen sollst).
 Vor
allem aber, Dein Schlaf und der Abend wird nicht gestört durch das Surren und
Stechen von Mosquitos. Denn sinnvollerweise bleiben beim Betrieb eine
Klimaanlage alle Luken dicht geschlossen. Das Gegenteil von "stickig"
tritt (wegen der herabgesetzten Luftfeuchtigkeit) ein. Also keine stinkenden
Coils mehr, die Mosquitos fernhalten sollen, aber auch deutlich auf die Lungen
gehen, und auch sonst keine Chemie mehr, um die Plagegeister abzuschrecken. Auch
in gefährdeten Gebieten keine Malariaprobleme mehr - immer noch eine praktisch
unheilbare Krankheit mit mehr oder weniger vielen Ausbrüchen.
Ich
gebe es ja zu: Als ich zum ersten Mal in einer Marinas einen amerikanischen
Yachtsmann erlebt habe, der vor einer mehrmonatigen Heimreise seine Yacht
mittels Schaltuhr und Aircon auf stundenweisen Betrieb programmiert hatte, habe
ich gelächelt - typisch Ami. Das ist mir allerdings vergangen, als ich nach
mehrmonatiger Abwesenheit mein Schiff ohne Aircon so vorgefunden hatte, dass eine
Arbeitskraft mehrere Tage benötigt hatte, den Fungus
(Pilz), der auf Grund der
hohen Luftfeuchtigkeit wunderbar wachsen konnte, wieder zu entfernen.
Aber
gibt es denn gar keine Möglichkeit, bei so vielen Vorteilen eine Aircon ohne superteuren eingebauten Generator auch auf dem Ankerplatz zu betreiben?
Doch, aber ziemlich eingeschränkt. Der abgebildete 2-Kilowatt-Benzingenerator
reicht gerade(!) aus, um eine kleine (für Yachten völlig ausreichende)
Haushalts-Klima-Anlage zu betreiben. Vier Stunden lang, dann ist der Tank leer.
Auf einem einsamen Ankerplatz aufs Vorschiff gestellt und gegen Abend angeworfen
(flüsterleise im Vergleich zu den in Deutschland üblichen Rasenmähern beim
Nachbarn),
könnte er für einen erholsamen Schlaf sorgen.

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