Vor ein paar Tagen, beim Segeln in Slowenien, betrat ich nach langer Zeit wieder mal eine wunderschöne Bavaria. Sie war alt, aber man sah sofort, dass der Eigner in den langen Jahren, in denen sie unter seinem Kommando lief, viel Arbeit, mehr noch, viel Herzblut in diese 40-Fuß-Yacht gesteckt hatte - bis hin zur Erneuerung des Teak-Decks, natürlich nicht mehr mit dem edlen und raren Teak-Holz, sondern mit verblüffend ähnlichem Kunststoff. Schon allein der Kosten wegen...
Die Einrichtung war richtig zum Wohlfühlen und die Instrumente waren auf dem neuesten Stand. Lediglich der Eignersohn, der die Yacht nach einem "sportlichen" Segeltörn mit Freunden mit ein paar schlampigen, der Jugend geschuldeten "Ungenauigkeiten" dem Vater hingestellt hatte, sorgte für Stirnrunzeln. Aber gut, sowas kennt man ja. Alles zusammen: prima, eine Yacht zum Anheuern für den Atlantiktörn und so!
Da musste ich an die zahlreichen Mails denken, in denen seglerisch reichlich unbedarfte, wahrscheinlich ansonsten sehr nette Leute mich wegen der Anschaffung ihrer nächsten Yacht zu löchern versuchten. Als ob man eine Yacht am Schreibtisch aussuchen sollte. Ein Mail hab ich noch gut in Erinnerung, in dem alle in der YACHT regelmäßig beworbenen Yachten aufgereiht waren, von Amel angefangen über Bavaria, Sunbeam, Sun Odyssey, Beneteau und so fort. Die harmlos klingende Frage hierzu, das war zu erwarten, lautete: "Welche dieser Yachten - gut oder schlecht?"
Am liebsten hätte ich geantwortet, dass alle genannten Yachten gut und alle schlecht sind. Das ist so, wie wenn jemand die Frage stellt, ob ein BMW besser ist als ein Mercedes. Als Bayer würde ich sagen, dass selbstverständlich BMW die Rangliste der besten Autos anführt. (Tatsächlich fahre ich einen kleinen Japaner...)
Eine der ganz seltenen Fälle, in denen ich zu einer Antwort breitgeschlagen wurde, beantwortete ich mit dem Hinweis: "Also , ein Decksaufbau aus Holz kommt mir wegen des hohen Pflegeaufwands in den Tropen nicht in Frage..."
Dreimal dürfen Sie raten, für welche Yacht sich dann der Segelneuling entschieden hat.
Nein, im Grunde sind alle Yachten, die auf dem Markt von großen Werften angeboten werden, in Ordnung, sodass bedenkenlos zugegriffen werden kann. Die haben aus den hohen Stückzahlen gelernt. Nicht aus edler Gesinnung heraus, sondern weil zufriedene Kunden eine unbezahlbare Werbung sind und Reklamationen Ärger und Geld kosten.
Etwas anderes ist es bei Yachten, die in den 70er und 80er Jahren entstanden sind. Allerdings spricht für deren Qualität alleine schon die Tatsache, dass sie nach so vielen Jahren immer noch seetüchtig und bewohnbar sind.
Um es deutlicher auszudrücken: Werften, die vor vielen Jahren, als die Fahrtensegelei an Schwung aufnahm, den Markt mit Kunststoffschrott beliefert haben, sind eh verschwunden und richten deshalb keinen Schaden an.
Ein Dutzend mal hab ich es schon betont: Der Skipper macht das Schiff! Hierzu eine Episode: Ich wurde von einem Rechtsanwalt angerufen und nach den Erfolgsaussichten einer Rückabwicklung eines Yacht-Kaufs befragt. Sein Mandant hatte eine ältere Yacht erworben, von der er behauptete, dass das Schiff überhaupt keine Höhe laufe und somit nicht gegenan gehen könne. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass genau diese Yacht unter dem vorherigen Eigner eine Aufsehen erregende Fahrt um ganz Amerika herum absolviert hatte, meines Wissens sogar als erste Yacht auf dieser Route. Der Rechtsanwalt: "Na, dann haben wir schlechte Karten, wie soll man da das Gericht von einem Mangel überzeugen?"
Heute segeln alle Segelyachten aus den bekannten Werften mehr oder weniger gut - verglichen mit den Booten aus den 60er und 70er Jahren. Es liegt alleine am Skipper, was er aus der Yacht macht. Deshalb sollten neue Blauwasserträumer nicht in erster Linie nach der Qualität der Yacht fragen, sondern sich selbst die Frage nach ihrer Eignung als Yachtskipper stellen.
Einer der ganz Großen im Fahrtensegeln, der Engländer Eric Hiscock, entschied sich nach seiner Weltumsegelung mit der Wanderer III, einem Holzboot, für eine holländische Stahlyacht, mit der er zunächst nie so richtig glücklich wurde, worüber er sogar ein Buch mit Aufzählung aller Fehler dieser Yacht schrieb. In Fiji traf ich den sympathischen Eric, gerade aus Neuseeland angekommen. Nachdem ich im Cockpit der WANDERER IV saß, wollte ich dem Skipper was Nettes sagen: "Ein gutes Boot hast Du da!" Er schnaubte zurück: "No, I made her a good boat!"
Da ist viel Wahres dran, und daran sollten alle denken, die eine Yacht suchen. Meist liegt es nicht an der Yacht, ob sie eine gute Yacht kaufen.
So neigen auch manche Charterer dazu, ein etwas teureres Boot für den Urlaub auszuwählen, weil sie glauben, das wäre die "bessere", die "schnellere" Yacht. Das sehe ich etwas anders. Mir persönlich ist es gleichgültig, ob mein Schiff 6,8 oder 7,3 Knoten läuft. Viel wichtiger ist es, dass der Kühlschrank und die Toilette funktionieren.
Weiß schon, ist in den Wind gesprochen...
Bobby Schenk
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