Auf Ausstellungen kann man sie gut
beobachten: Die Träumer, wenn sie zum ersten Mal zur Yacht ihrer Sehnsucht
hochsteigen. Während die zukünftigen Bordfrauen Farben und Vorhänge kritisch
überprüfen, kriegt Er beim Anblick der Technik große Augen. Und wenn sich
dann gar der Deckel zur Maschine hebt, der Duft nach der neuen Motorenlackierung
in seine Nase strömt, dann ist der Verkäufer seinem Ziel, die vielen
hunderttausend Euros zu kassieren, schon sehr viel näher gekommen.
"So eine Yacht ist wie ein kleines
Dorf", höre ich den Salesman beschwörend flüstern, "Sie sorgen für
Strom, Wasser und Energie! Und alles, was Sie hierfür benötigen, stellt
Ihnen die Werft zur Verfügung!"
Das ist glatt gelogen! Zwar zögert die
Werft keine Sekunde, dem Kunden einen Generator, eine größere Maschine, eine
zusätzliche Tiefkühltruhe, eine Waschmaschine oder einen Watermaker
einzubauen, macht ja einen schönen Extra-Umsatz. Doch das eigentlich
dazugehörige Personal stellt die Werft nicht zur Verfügung. Ja, meistens ist
auf solchen "Eignerversionen" nicht mal der Platz vorgesehen, eine
Crew unterzubringen. Der Vergleich mit dem Dorf ist verräterisch. Denn welches
E- oder Wasser-Werk kommt schon ohne jeden Angestellten aus.
Da hatten wir es früher einfacher. Auf
unseren acht bis zehn-Meter-Yachten gab es einen Hilfsmotor mit Lichtmaschine,
die ein paar Ampere in die einzige Batterie lieferte - ausreichend für die
Kompass- und zwei Leselampen. Gekocht und beleuchtet wurde mit Petroleum. Die
Maschine, also "die Technik", konnte man mit der Kurbel starten, und
wenn man die vorgeschriebenen Intervalle für den seltenen Ölwechsel wegen der
wenigen Motorstunden "vergaß", passierte auch nichts. Kurzum, die
technische Schiffsunterhaltung war neben dem Segeln kaum ein Problem. Gut, um
gelegentliches Erneuern vom Antifouling kam man nicht ganz rum. Aber durch
regelmäßiges Schnorcheln am Unterwasserschiff konnte man die Zeit zwischen den
Anstrichen leicht auf ein paar Jahre strecken.
Heute schaut es auf den
Durchschnitts-Langfahrtyachten ganz anders aus: Die Weltumsegler Norbert und
Ingrid haben es auf den Punkt gebracht. Jahrelang hielten sie auf dem
Blauwasserseminar zur Hanseboot einen Vortrag mit dem ernstgemeinten, doch
bezeichnenden Titel: "Wie reparieren uns um die Welt". Dabei war ihre
Yacht Harlekin, eine Snowgoose, nur 11 Meter lang und sicher in technischer Hinsicht
bescheiden ausgerüstet. Und Norbert ist ein begabter Techniker. Alles
eigentlich Voraussetzungen für einen reibungslosen Betrieb der Yacht. Und
trotzdem - siehe Vortragsthema.
Dass Harlekin bei weitem kein
Einzelfall, ja schon die Regel war, kann man in den Berichten unzähliger
Weltumsegler nachlesen. Aber auch wenn gerade mal keine Reparaturen anfallen
(selten), gehen die notwendigen Wartungsarbeiten auf modernen, hochtechnisierten
"Segel"-Yachten an die Grenzen der Arbeitskraft. Gut den Ölwechsel an
der Hauptmaschine alle 100 Stunden (bei meinem Auto sind es 30 Tausend
Kilometer, wahrscheinlich werd ich mir den aber sparen) krieg ich schon noch
hin, obwohl die 100 Stunden in Flautenlöchern ja schnell beisammen sind. Der
Filterwechsel beim Tank, alle Monate empfohlen, ist schon etwas lästiger, weil
ich da tief in den Motorraum kriechen muss. Aber der Watermaker kann richtig nervig werden: So wunderbar er ist, wenn man in jeder Gegend immer
genügend Süßwasser einwandfreier Qualität zur Verfügung hat und nicht
aufwendige Anlegemanöver an Tankstellen (soweit vorhanden) zur Übernahme von
Frischwasser angewiesen ist, bezahlt man einen hohen Preis. Nicht nur
geldmäßig, sondern wartungs- und damit zeitmäßig:
Jede Woche (mindestens) sollte eine
Rückspülung durchgeführt werden. Kein Problem, wenn man an Bord ist. Ist man
aber zwischendurch in die Heimat gereist, muss sich jemand drum kümmern. Wenn
nicht, wächst die (teure) Membrane zu und der Wassermacher wird unbrauchbar.
Oder er muss mit Chemie gepickelt werden, was dann immerhin neun Monate
durchhält. Dürfte sich auch dann empfehlen, wenn man am Wasserhahn in der
Marina hängt. Die regelmäßigen, je nach Verschmutzung des Umgebungswassers,
Filterwechsel fallen dagegen nur wenig ins Gewicht. "Use it or loose it"
heißt es im Manual.
Hiermit
ist nur der normale Wartungsaufwand für eine gut gepflegte Yacht angedeutet.
Von den zahlreichen Reparaturen - siehe oben das Vortragsthema - und damit
zusammenhängende Arbeiten wie Einbau, Teilebeschaffung, Umwege wegen
Erreichbarkeit für Pakete ganz zu schweigen.
Eigentlich sind solche Menschen
faszinierend: Da gibts Segelbegeisterte, die sich mit ihrer Hände Arbeit nach
"oben" ranken. Sie sind so tüchtig, dass sie schließlich ihren eigenen
Betrieb haben, wo sie sich nicht mehr ihre Hände schmutzig machen müssen. Sie
verdienen soviel Geld, dass sie sich endlich die Yacht ihrer Träume leisten
können. Und dann, nachdem sie "alles" erreicht haben, kriechen sie in den
Motorenraum ihrer Yacht und machen sich wieder die Hände schmutzig. Nicht gerade eine Traum-Karriere!
Wie lässt sie sich vermeiden? Ganz
einfach: Die Zauberworte heißen "Verzicht", "Verzicht" und
nochmals "Verzicht".
Nichts kommt in die Yacht, was nicht unbedingt nötig ist! Und hier kann jeder
seine eigenen Maßstäbe anlegen. Aber ich kenn das Ergebnis schon: Es ist in
den Wind gesprochen; schließlich reden wir von Spielzeugen.
Übrigens: Es ist auffällig, dass
gerade die Langfahrtsegler mit den kleinen, bescheidenen Yachten um die 30 Fuß
während der Hafen- und Ankerliegezeiten viel mehr Zeit für Ausflüge und ähnliche Unternehmungen haben,
als die
Skipper der "schönen, großen Yachten". Letztere, wenn sie mal so an
die 60 Fuß kommen oder die gar überschreiten, sind zwar ohne Crew zu segeln,
aber nicht mehr zu unterhalten.
Dabei red ich noch nicht einmal vom
Geld!
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