In
den Wind gesprochen (12):
"Verantwortungslos"
oder der Umgang unter Seglern
Ich
bekomme zahlreiche Mails - worüber
ich mich freue, auch wenn ich aus Zeitgründen leider nicht
alle beantworten kann. Gelegentlich aber ärgere ich mich, nämlich
dann, wenn Mailverfasser(innen) beleidigend werden, um ihren
abweichenden Meinungen Nachdruck zu verleihen. Abgesehen davon, dass ich mir überlege,
was solche Schreiberlinge sonst wohl für
Sorgen haben - es geht hier schließlich um unser wunderschönes Hobby -, glaube
ich, dass man auch im Umgang mit anderen Seglern Anstand
bewahren sollte.
Der
Anlass meines Ärgers:
Da
hab ich, und dazu stehe ich, die Meinung vertreten, dass es kurz gesagt der
Skipper ist, der eine Fahrten- oder auch eine Blauwasseryacht "macht",
gleichgültig, ob es sich um eine Stahlyacht, ein Alu- oder ein Kunststoffschiff,
eine neue Yacht oder auch ein ausrangiertes Schiff aus einer Charterflotte handelt.
Diese Meinung mißfiel einer Seglerin, obgleich
sie durchaus einige Qualifikationen aufweist. So
hat sie eine Yacht in nördliche Gefilde gesegelt, eine Yacht (aus Gfk) in einem
Sturm verloren und eine Stahlyacht wohl mehr oder weniger selbst ausgebaut.
So
schloß sie messerscharf, dass ausschließlich eine Stahlyacht eine geeignete
Blauwasseryacht sein könne und bezeichnete meine Meinungsäußerung
diffamierend als
„verantwortungslos“.
Selbstverständlich
ist es die Sicherheit, die bei derartigen Überlegungen an erster Stelle steht. Allerdings
nicht ohne Wenn und Aber. Wenn dem so wäre,
dann dürften im Straßenverkehr nur noch Autos unterwegs sein, die mit einem
Dutzend Airbags ausgerüstet sind und bei denen die Geschwindigkeit bei 50kmh
abgeregelt ist. Man
könnte den Gedanken noch weiter treiben: Unter
dem Gesichtspunkt der „Sicherheit“
wären Privat-Panzer im Straßenverkehr noch effektiver. Nonsense natürlich!
Im
Yachtwesen müßte der Großbaum (verantwortlich für den
kürzlichen Unfall bei einem Ausbildungsschiff der
Bundesmarine) verboten werden. Und
ob Stahl so unbegrenzt sicher und das einzig Wahre ist, sei dahingestellt, wie
der offensichtlich sekundenschnelle Untergang des 260 Meter langen
Stahlfrachters MÜNCHEN am 12. Dezember 1978 oder die Nahezu-Katastrophe
des Luxus-Kreuzfahrtschiffs BREMEN nahe legt (von
der Titanic will ich mal gar nicht reden). Oder dass
die Damien, die den Angaben ihrer Besatzung zufolge in
hohen Breiten mehrfach durchgekentert ist, das Desaster nicht hätte vermeiden können, wenn es sich um eine
Light-Deplacement-Yacht, ja selbst um einen Katamaran gehandelt hätte,
ist zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht gänzlich von der Hand zu weisen.
Mir
fallen nämlich auf die Schnelle nur zwei Körper ein, die ich als unbegrenzt
seetüchtig bezeichnen würde: Ein wasserdichter Container, der unbeschädigt,
wie gar nicht so selten, über Bord gegangen ist - oder ein Tischtennisball, der
nun sicherlich jede Monsterwelle "überleben" würde.
Man
kann sich also jedwedes Horror-Szenario
ausdenken, wo dieses oder jenes Schifff, sei es aus Stahl, Alu, Kunstsoff, Holz,
Carbon oder auch Sperrholz bei schlechtem Wetter in Gefahr kommen -
oder aber gut damit umgehen könnte.
Die
Praxis bestätigt das. Es haben - grob geschätzt - tausende von
einwandfreien Weltumsegelungen mit Kunststoffschiffen
(auch mit ehemaligen Charterbooten), ebenfalls früher tausende mit Holzschiffen und ein paar
hundert mit Stahlschiffen stattgefunden - siehe auch die Fotos von den Yachten,
allesamt Langfahrt- und Weltumsegleungsyachten. Aufschlussreich ist auch die Seite
Who-is-who-im Weltumsegeln - suchen Sie dort mal nach Stahlschiffen! - hier klicken
Bevor
man also unüberlegt das Wort "verantwortungslos" in den Mund nimmt,
sollte man darüber nachdenken,
warum ich eine solche Meinung äußere.
Nicht, weil ich von der Kunststofflobby (gäbe
es sie) bezahlt werde, auch nicht, weil ich kostenlos auf einem Charterschiff
mitsegeln darf, auch nicht, weil ich allen Stahlboot-Eignern
ihr Schiff mißgönne (hab ja selbst ein hervorragendes gehabt, mit dem ich ums Kap Hoorn bin), sondern weil es
sich hier um meine
Überzeugung handelt. Und, nebenbei, ich liebe die Fahrtensegelei,
speziell auf Blauwasser, weil Toleranz gegenüber anderen Meinungen bei den
meisten meiner Segelkollegen eine hervorstechende Charaktereigenschaft ist.
Natürlich nicht bei allen.
Also:
Nur
der Schiffseigner oder Skipper "macht" die Blauwasseryacht. Aber, das
ist wohl in diesem Fall in den Wind gesprochen.
Bobby
Schenk

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