In
den Wind gesprochen (13):
Spirit
of Cruising
In
zwei Wochen öffnet die INTERBOOT in Friedrichshafen ihre Tore. Zum 50sten Mal.
Obgleich im tiefsten Binnenland gelegen, hat sie sich in den vergangenen halben
hundert Jahren zu einer großartigen deutschen Bootsausstellung mit
internationalem Flair gemausert. Ein Beispiel für Ihre Beliebtheit: Zum
Blauwasserseminar, der Schule für Weltumsegler, reist die Höchstzahl an
Teilnehmern, nämlich 150, aus allen Teilen Deutschlands, Österreich und der
Schweiz an.
Carla und ich waren
nicht auf der allerersten INTERBOOT, aber ganz sicher auf einer der ersten. Nur
schemenhaft kann ich mich daran noch erinnern. Aber einen Sound hab ich noch ganz
deutlich im Ohr. Mitten auf dem Gelände war der Stand der Firma Farymann, eines
Motorenherstellers, und die beiden Zylinder haben dröhnend vor sich
hingestampft, wie es altmodische Dieselmotoren halt so machen. Damals haben
wir noch nicht geahnt, dass wir dieses Gerumpel später tagelang zu ertragen
hatten, - ach was, ein ganz falscher Eindruck, besser gesagt: Genießen durften!
Als wir nämlich während einer Weltumsegelung Hunderte von Meilen durch die
Doldrums bei bleierner Flaute motoren mußten.
Friedrichshafen
verkörperte für uns schon damals die große Welt des Segelns. Denn unser
erster Fahrtentörn ging an den Plattensee, den wir als richtiges Meer empfanden,
immerhin ist er ungefähr, über 70 Kilometer lang, so groß wie das
schwäbische Meer, der Bodensee. Das war für uns die große weite Welt des Fahrtensegelns.
Das
unvergessliche Erlebnis auf dieser Bootsausstellung aber war der
Besuch des Yachtclubs in Friedrichshafen. Wir waren mit dem Zug (Auto hatten wir
keins) zwei Stunden vor Toröffnung der INTERBOOT angekommen und nutzten den
herrlichen Herbstmorgen zu einem Spaziergang auf den Bootsstegen. Riesige
Yachten lagen da, manche sogar an die zehn Meter lang. Die meisten waren
abgedeckt mit einer Persenning zum Schutz gegen die Möwen, wohl auch, weil die
Holzboote wegen der einen oder anderen Leckstelle nicht regensicher
waren. Ein Cockpit war besetzt mit einem gemütlich wirkenden Segler, der in die
Sonne blinzelte und genüßlich seine Brote strich, während eine Kanne vor ihm
dampfte. Auf unseren etwas unbeholfenen Versuch der Kontaktaufnahme ("Wie
groß ist denn dieses schöne Schiff?") folgte spontan die Aufforderung, an
Bord zu kommen: "Trinken Sie mit mir eine Tasse Kaffee!" Das ließen
wir uns nicht zweimal sagen. Das war für uns die unermeßlich große, weite
Welt des Fahrtensegelns aus dem Blickwinkel eines Cockpits mit Frühstück auf dem Tisch.
Viel erzählte
unser Gastgeber nicht, aber an einen Satz kann ich mich so gut erinnern, als
hätte ich ihn heute gehört: "Wissen Sie, während der Woche ärgere ich
mich gelegentlich über meinen Chef oder über den einen oder anderen Kunden;
ich muß hart arbeiten, so ein Schiff kostet viel Geld! Aber am
Wochende frühstücke ich hier im Hafen, da schmeckts am besten. Und nach dem
Abwasch setz ich die Segel und gleite auf den See hinaus. Und wenn ich ausser
Hörweite der Spaziergänger bin, dann steh ich im Cockpit auf und schrei
hinaus: "Und jetzt könnt Ihr mich alle am Arsch lecken!"
Den
Satz hab ich unzählige Male (natürlich nur in Gedanken) nachgesagt. Ich halte
ihn für einen der wichtigsten Sätze, die ich in meinem Leben je gehört
habe. Denn in diesem Moment hat der Geist des Fahrtensegelns, der
"Spirit" von uns Besitz ergriffen.
Dieser
Satz war nicht
in den Wind gesprochen.
Bobby
Schenk
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