In
den Wind gesprochen (15):
Rückholaktion?
- Fehlanzeige
Ich
bin stolzer Besitzer eines kleinen Toyota-Autos. Diese Firma hat ja letztes Jahr
unrühmliche Schlagzeilen geschrieben, weil sie gigantische Rückholaktionen
von über eineinhalb Automobilen weltweit in die Presse hineinposaunen mußte.
Nur, weil es in den USA (wo sonst denn?) ein paar Merkwürdigkeiten mit diesen
Autos gegeben hatte. Von verrutschten Bodenmatten war die Rede, die das Gaspedal
zum Klemmen brachten, wobei für
mich als Auto-Laien unverständlich ist, warum es
nicht möglich sein sollte, ein solches Fahrzeug
durch Ausschalten der Zündung oder ähnliches zum
Stehen zu bringen. Aber das nur nebenbei.
Jedenfalls hat die Firma die
Sache irgendwie in Ordnung gebracht - ohne dass sich die Preise nennenswert
erhöht, also ohne, dass der Schaden ersichtlich auf die Kunden abgewälzt wurde.
Anderen sehr renommierten Firmen, auch deutschen, ist es - nicht ganz so
schlimm - ähnlich ergangen. Jetzt stell ich mir manchmal vor, dass an meinem
Toyota plötzlich und unvermittelt die Steuerung klemmt, sich das Lenkrad
nicht mehr bewegen läßt. Die Folgen für Toyota, wenn keine Fehlbedienung
meinerseits vorläge, kann man sich leicht ausmalen. Hätte jetzt schon
Mitleid mit den Japanern.
Sowas gibt es bei Yachten
nicht. Oder doch? Nein, ich sprech jetzt nicht von Rückholaktionen, sondern
von gravierenden, unter Umständen lebensgefährlichen technischen Pannen, die
eindeutig die Werft zu verantworten hat. Hat jemand schon mal was von Rückrufaktionen
für einen Yachttyp gehört? Hat es gegeben,
war aber die berühmte Ausnahme. Meistens wird der billigere Weg des
Abwiegelns und Abschiebens von Schuld und Reparatur auf den Kunden gewählt.
Da lag eine relativ neue und teure Yacht ein paar Wochen vor Anker in den
Tuamotus und wollte Anker aufgehen. Nachdem der Anker oben war, gab der
Skipper Gas und wollte die Yacht um ein Riff motoren. Jedoch, Sie ahnen es,
das Ruder war nicht mehr zu bewegen. Vom Skipper unter äußerster
Kraftaufwendung, von der Bordfrau gar nicht.
Gerade noch rechtzeitig konnte der Anker fallengelassen und die Kollision
mit dem Riff vermieden werden. Irgendwas musste
das Ruder doch blockieren, vielleicht ein Fischernetz oder so. Ein Blick durch
die Tauchermaske brachte Klarheit: Es gab keinen sichtbaren mechanischen
Grund, warum sich das Ruder nicht mehr bewegen ließ. Schuld an der Misere war
schlicht und einfach ein aufgequollenes Ruderlager. Was folgte, war ein kurzer
Mailwechsel mit der beruhigenden (und grundfalschen) Mitteilung des
"After-Sales-Service" der Edelfirma, dass sich das Problem schon
wieder geben würde, wenn man in kälteres Wasser käme. Nur ein Sonderfall?
Warum haben nicht die anderen
Eigner eines solchen Schiffstyps die
Mitteilung bekommen, dass man vielleicht (ja, sicher) mit solchen Problemen
zukünftig rechnen müsse?.
Humorvoller hat da schon eine
andere Renommier-Firma reagiert, als ein Weltumsegler in Australien sein
Schiff ins Trockene holen mußte und dabei feststellte, dass das Ruderblatt
voller Wasser war. Den erschrocken ans Telefon
Geeilten beruhigte der Werftchef: "Wenn ich für jedes Ruder, wo Wasser drin ist, einen Euro kriegen würde, wär ich
ein reicher Mann!" Gut, gell?
Die teure Yacht eines
bekannten italienischen Herstellers verlor
mitten im Ozean das Ruder. Das sollte nicht, kann aber halt vorkommen. Die
ganze Sache ist auch irgendwie glimpflich ausgegangen. Aber das Mindeste in
einem solchen Fall sollte doch eine Mitteilung, besser eine Warnung, an die anderen Eigner dieses Schiffstyps sein - Fehlanzeige.
Auf meinem Schiff gab ein Ausrüstungsgegenstand eines
namhaften Herstellers seinen Geist auf, ganz offensichtlich wegen eines
Konstruktionsfehlers. Immerhin tauschte (nach 5 Jahren) der Hersteller das
Aggregat gegen ein Neues - ohne lange herumzureden. Mit der originellen Begründung, es habe eine Rückholaktion gegeben, aber man habe mich
nicht erreichen können, um mir das zu sagen.
In
der Fliegerei, ja auch bei den kleinen Fliegern, schreibt das Gesetz vor, alle
Eigner eines Typs zu benachrichtigen, wenn irgendwie und irgendwo (weltweit) an
dem betroffenen Flugzeug technische Auffälligkeiten festgestellt werden, die
die Lufttüchtigkeit in Frage stellen könnten(!). Und wenn es ganz erheblichen
Mängel sind, werden die betreffenden Typen sogar gegroundet, bis der Mangel
generell beseitigt ist. Wenn das nicht möglich ist, bleiben auch ganz namhafte
Modelle für immer am Boden - der einst berühmten Comet erging es so, auch eine
deutsche Edelfirma wurde von dem Bannstrahl getroffen. Richtig! Menschenleben
gehen vor wirtschaftlichen Interessen.
Man
kann schon darüber lachen, aber auch das könnte erhebliche
Sicherheitskonsequenzen haben: Da kam ich, weil ich gerade nichts Besseres zu
tun hatte, auf die Idee, meine Notpinne auszuprobieren. Gut, dass ich
rechtzeitig auf diese Idee gekommen bin. Denn sie war um 90 Grad falsch herum
geschweißt (siehe Foto), im Ernstfall nicht einmal zum Improvisieren,
geschweige denn zum Steuern zu gebrauchen. Die Werft hat die Korrektur bezahlt.
Aber wer sagt denn, dass der Leiharbeiter, oder wer auch immer diese
künstlerisch vielleicht wertvolle Niro-Plastik verbrochen hat, nur diese eine
Notpinne gebastelt hat? Wer sagt, dass dieses sonderliche Modell nicht auf den
Schwesterschiffen auch zu finden ist? Schön wäre es, wenn man alle Eigner
dieses Typs verständigt hätte. Aber das ist wohl in den Wind gesprochen.
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