In
den Wind gesprochen (25):
Eigenverantwortung
des Schiffskäufers ?
Mit
Bedauern hab ich vom Pech dieses Segelfreundes, der mit seinem
15-Meter-Katamaran (Privilege 495) im Pazifik unterwegs ist, gelesen. Er schreibt
mir: "Im November 2012 hat ein Fremdkörper mein Ruderblatt getroffen, das daraufhin
den Boden durchschlagen hat was zu einer ernsten Situation auf hoher See
geführt hat.
(Ihr Bericht, Katamaran schlägt leck auf hoher See.)
Auf meiner Passage von Majuro, Marshall Inseln nach Davo, etwa auf halber
Stecke, hatte ich eine Fremdberührung, die dazu geführt hat, dass ein
Ruderblatt beschädigt wurde und vom anderen Ruder getrennt werden musste. Durch
die Instabilität des Ruders war auch die Maschine auf dieser Seite nicht mehr
einsetzbar.
Ich komme auf Grund dieser Ereignisse zum Schluss, dass es unverantwortlich und
fahrlässig ist, Schiffe mit ungeschützten Rudern zu bauen.
Es hängt vom Zufall ab, ob oder ob nichts passiert, immerhin hat das zweite
Ereignis auf hoher See im weiten Pazifik stattgefunden."
Nach
Auskunft des Sachbearbeiters bei der führenden Yacht-Versicherungs-Agentur
Pantaenius kommen Schadensfälle mit Treibgut auf dem offenen Ozean außerordentlich selten vor (obwohl mir mehrere Totalschäden von Einhandseglern
nach einer Kollision mit treibenden Containern oder sonstigen schweren Gegenständen bekannt sind). Obiger Segler hat halt doppeltes Pech gehabt. Womit
ich nicht einverstanden bin, ist seine Schlussfolgerung, der Werft (oder dem
Konstrukteur) "Unverantwortlichkeit oder Fahrlässigkeit" vorzuwerfen. Schiff, Yachten, werden nicht aus Menschenfreundlichkeit gebaut, um dem Segler
etwas Schönes zu bieten, sondern in erster Linie, um Geld zu verdienen. Und
Geld kann man nur verdienen, wenn man die Wünsche des Kaufinteressenten an
seine zukünftige Yacht erfüllt. Ein Denkfehler, der im Zusammenhang mit dem
Kauf einer Yacht gelegentlich gemacht wird, sind Vergleiche mit der Anschaffung
eines Autos. Kraftfahrzeuge für den öffentlichen Verkehr werden nach
engen technischen Vorschriften gebaut, die auf Grund von wissenschaftlichen
Erkenntnissen und ausführlichen Tests erarbeitet und in Gesetze gebrannt
worden sind. All das dient dem Schutze des eigenen Lebens und das aller übrigen
Verkehrsteilnehmer. Ganz
anders ist es auf dem Yacht-Sektor. Und das ist gut so. Man stelle sich vor, der
TÜV (oder gar der Gesetzgeber) hätte da die Hand im Spiel. Unsere Yachten
sähen aber ganz anders aus. Nur ein paar Beispiele: Die Reling (aus
Sicherheitsgründen) bis zur Brusthöhe, Wanten und Stagen doppelte Stärke
(mindestens!), Schoten in Röhren, damit sie nicht gefährlich rumschlagen
können, und die Besatzung läuft und sitzt mit Schutzhelmen (wie auf einer
Baustelle) herum. Nein, da können wir froh sein, dass dieser Kelch, der mancher
Behörde gefallen würde, an uns vorübergegangen ist. Trotzdem, es gibt immer
wieder Vorstöße in diese Richtung: In einem TV-Film über eine
Langstreckenregatta wurde die provokante Frage gestellt, ob der Großbaum auf
den Yachten nicht über Kopfhöhe angebracht sein muss, nachdem leider ein
Segelkamerad von dieser Spiere getroffen ums Leben gekommen war. Klingt
eigentlich gar nicht so unvernünftig. Genauso wie der Vorwurf der
Fahrlässigkeit beim Katamaran, der Treibholz einfängt! Nein!
Fahrtenyachten dienen primär nicht der Personenbeförderung, sondern sind - das
Wort kommt zögernd über die Lippen - "Sportgeräte". Während
Autos an technische Laien verkauft werden, die sich dann aber auch auf die
Technik verlassen können, setzt man beim Yachtkauf ein gewisses
Grund-Fachwissen des Käufers oder seiner späteren Mannschaft voraus. Der
Käufer bekommt die Ware, die er sich aussucht. Der Starsegler darf sich
hinterher nicht beschweren, dass sein Boot gesunken ist, also nicht unsinkbar
gewesen ist. Schließlich hat er sich ausdrücklich für die Sinkbarkeit entschieden.
Der Katamaransegler nimmt bewusst in Kauf, dass seine Yacht unter extremen
Umständen kentern kann. Der Eigner eines Langkielers kann sich nicht darauf
berufen, dass sein Schiff behäbiger als ein Kurzkieler ist. Und, siehe oben,
der Eigner einer 10-Meter-Fahrtenyacht muss es als "eigene Dummheit"
abbuchen, wenn er den Großbaum an den Kopf bekommt. All das sind Umstände,
die dem Segler bekannt sind und zwar, bevor etwas passiert. Beim
Privilege 495 (Foto zeigt den nahezu baugleichen Privilege 465, meine frühere
Yacht) war es von Beginn an offensichtlich, dass die Ruder (und auch die
Schrauben) völlig ungeschützt gegen Treibgut (auch Fischernetze, Treibholz)
sind. Der Käufer hat also nur mit der Unwahrscheinlichkeit gerechnet, dass es zu
einer Unterwasserkollision kommt. Er hat diese Bauart, wahrscheinlich auch im
Hinblick auf größere Wendigkeit und höherer Speed, bewußt akzeptiert und
kann sich, auch wenn das menschlich verständlich ist, nicht anschließend auf
eine Fahrlässigkeit der Werft berufen.
Das
müssen wir hinnehmen, auch wenn es mal auf Grund von seltenen, aber
vorhersehbaren Umständen zu einer Havarie oder einem Unfall kommt. In
den Wind gesprochen? Bobby Schenk
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