In
den Wind gesprochen (45):
Waffen
an Bord - ein tödliches Problem
Richtig
ist, dass ich vor Jahren ein (zurückhaltender) Befürworter von Schusswaffen an Bord von Yachten gewesen bin. Meine Meinung damals war, dass
solche Waffen in der Hand von bedächtigen und verantwortungsbewussten Seglern
nur von Nutzen sein und keinerlei Nachteile (außer den Anschaffungskosten)
haben können. Und so war ich auf einer Weltumsegelung und in den Jahren meines
vierjährigen Südseeaufenthalts mit Rückkehr via Kap Hoorn bewaffnet. Um es
genau zu sagen, hatte ich jeweils einen Beretta-Revolver Kaliber 38 an Bord. Ihn
hatte ich in England, beziehungsweise in Belgien legal erworben und auch jedes Mal bei der Neuankunft in einem Hafen deklariert. In manchen Ländern wurde
das mit einem Achselzucken registriert, in einigen Ländern wurde die Waffe an
Bord versiegelt und in einigen (wenigen) Ländern musste ich die Waffe beim
Zoll, beziehungsweise bei der dortigen Polizei in Gewahrsam geben. Aber auch auf
meiner letzten Reise, 20 Tausend Meilen nach Südsostasien und 10 Jahre lang war ein
großkalibriger Smith&Wesson-Revolver (Foto) an Bord.
In
den letzten Jahren hat sich meine Einstellung zu Waffen auf Langfahrt
grundlegend geändert: Wenn jemand eine andere Meinung vertritt,
sollte von vorneherein klar sein, dass hier nur von Waffen, beziehungsweise
Schusswaffen die Rede ist, die legal an Bord sind. Hierzu gehört auch, dass
diese bei jeder Einreise in einem neuen Land deklariert werden. Denn eines ist
klar: Die ganz "klugen" und siebengescheiten Segler, die meinen, sie
könnten das Einklarieren umgehen, weil sie die Waffen an Bord soo gut versteckt
haben, dass sie niemand finden könne, handeln höchst leichtfertig - bis
tödlich. Heute muss jede Yacht damit rechnen, Opfer einer Razzia zu werden,
selbst auf hoher See. Es liegt auf der Hand, dass dann die Offiziellen
(Zoll oder Polizei) die eisernen Waffen leicht orten können, wenn Sie andererseits in der Lage sind, ein Gramm Heroin in einem listigen Versteck auf
der Yacht aufzuspüren. Das nennt man an dann illegaler Waffenbesitz. Oder auch
Waffenschmuggel. In
Trinidad wurde ein deutscher Segler vor einigen Jahren wegen einer läppischen
Pistole an Bord zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, Was noch gerade harmlos
ist, wenn man bedenkt, dass beispielsweise in Malaysien, der illegale
Waffenbesitz genauso hart bestraft wird, wie Rauschgift an Bord. Denn das kann
bedeuten: Todesstrafe! So steht es im Gesetz. Nebenbei: Dort fällt auch eine
vermeintlich harmlose Harpune unter das Waffengesetz, eine Signalpistole (Foto) sowieso.
Warum
ich nunmehr Schusswaffen an Bord nicht mehr befürworte, geschweige denn
empfehle, liegt einfach daran,
dass sie praktisch nutzlos sind und nur Scherereien nicht nur beim Einklarieren machen.
Meine letzte Waffe habe ich in Deutschland gekauft und wollte diese dann auf
meine Yacht in Australien bringen. Bei der Ankunft des Flugzeuges in Brisbane
erwartete mich schon der Zoll, dem ich dann den Revolver übergeben musste. Auf
die Yacht bekommen habe ich ihn exakt beim Ablegen in Brisbane, als das Schiff
20 Zentimeter von der Pier entfernt war. Also während des langen Aufenthalts in
Australien ein völlig nutzloser Ausrüstungsgegenstand!
Beim
nächsten Ziel, nämlich in Papua-Neuguinea wurde die Waffe von den freundlichen
Beamten unter Zollverschluss genommen, also in einen Schrank an Bord
eingesperrt, der vom Zoll versiegelt wurde. Im nächsten Hafen, nämlich in
Malaysien, 10 Meilen von Singapur entfernt, übergab ich die Waffe den
freundlichsten
Polizisten (Foto),
die die Waffe in einer Polizeizentrale, 100 Kilometer landeinwärts, unter
Verschluss nahmen. Zurück bekam ich die Waffe fünf Jahre lang
überhaupt nicht mehr. Sie wurde mir nach Einschalten der Botschaft erst in
Deutschland wieder überbracht.
Dass
ich praktisch niemals in Besitz dieser Waffe an Bord war, ist aber nicht der
einzige Grund, warum ich jedem rate, die Finger von einer Schusswaffe zu lassen.
In den letzten Jahrzehnten hat sich nämlich die Situation für Langfahrtsegler
diesbezüglich komplett verändert. Früher konnte man ohne weiteres davon
ausgehen, dass Einheimische in dem besuchten Land nicht im Besitz von
Schusswaffen waren, also ziemlich harmlos waren, wenn sie in böser Absicht einem
mit Schießeisen bewaffneten Yachty gegenübertreten würden. Das
ist heute nicht mehr so, in jedem Land, wo erfahrungsgermäß Gefahr eines
Überfalls droht, kommen die Einwohner vergleichsweise leicht an gefährliche
waffen. Ein Yachtsmann hat beispielswiese berichtet, dass in Venezuela jeder
Taxifahrer eine Waffe für wenige Dollars verkaufen könne. Ja in manchen Ländern kann man dvon
ausgehen, dass jeder Räuber sich entsprechend eingedeckt hat, was dazu führt
(was zahlreiche Berichte in den letzten Jahren bewiesen), dass ein Überfall
eben nicht nur mit dem Verlust von geldwerten Gütern oder gar der Yacht abgeht, sondern
regelmäßig mit Schäden an Leib und Leben.
Hinzukommt,
die Möglichkeit von Ärger mit den inzwischen sensibilisierten Behörden,
selbst wenn man die notwendigen (deutschen) Papiere für den Waffenbesitz
vorweist. Wie sollen denn der brave Immigration-Officer in manch exotischem Land
beurteilen, ob die vorgelegten Papiere mit dem Europa-Emblem oder dem
Bundesadler drauf wirklich offiziell sind oder plumpe Fälschungen aus dem
Tintenstrahldrucker. Der Fall ist verbürgt: Ein seriöser älterer amerikanischer Yachtsmann
deklarierte bei der Einreise in Indonesien seine Winchester und legte die
offiziellen Dokumente hierzu vor. Der schüchterne indonesische Beamte, früher
Landarbeiter, konnte mit den Papieren nichts anfangen und beschlagnahmte
vorsichtshalber mal die Büchse.
Erst Wochen später, nach Einschalten des amerikanischen Botschafters und einem
500-Seemeilen-Extratörn, um die Waffe in der Hauptstadt abzuholen, konnte der
Ami seine Waffe wieder an Bord nehmen - bis zum nächsten Einklarieren.
Nein,
eine Waffe, die nicht an Bord ist, ist nutzlos und macht nur höchst stressigen
Ärger. Deshalb
mein Rat im Jahre 2016: Finger weg von Schusswaffen, und stattdessen unbedingt Länder meiden, wo
mehr als die
in jeder Gesellschaft "üblichen" Überfälle auf Yachten geschehen sind.
Damit ist man nach menschlichem Ermessen genauso sicher als mit einer
(nutzlosen) Waffe an Bord.
Das
Ganze hat für Segler, die eine Weltumsegelung oder eine Langfahrt mit
Kopfzerbrechen vorbereiten, den zusätzlichen Vorteil, dass es bei den
jahrelangen Vorbereitungen ein Problem weniger zu lösen ist. Hab ich schon oft
gesagt und darauf immer wieder gehört: "...aber mein Gewehr hab ich sicher
versteckt!". Für denjenigen sind meine Worte in den Wind gesprochen.
Todsicher!
Bobby Schenk
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