In
den Wind gesprochen (47):
Die
Sitzenbleiber
Damit
wir uns nicht missverstehen, mit den folgenden Bemerkungen beabsichtige ich keinesfalls, eine bestimmte Gruppe von Langfahrt- oder Blauwasserseglern runterzumachen. Meine Beobachtungen sollen lediglich
helfen ungewollte
Fehlplanungen beim Traum von einer Weltumsegelung oder der Zukunft auf dem
Wasser zu vermeiden.
Gemeint
sind nicht die weiß Gott beneidenswerten Segler, die nichts anderes vorhaben, als
später oder auch in naher Zukunft einfach nur auf einer Yacht zu leben, sich
dahin treiben zu lassen, wohin der Wind sie weht.
Es
ist vielmehr die Rede von Segelfreunden, die schlicht und einfach, wie sehr viele
derzeit, um die Welt segeln wollen. So direkt werden das nicht alle zugeben,
denn irgendwie ist man ja abergläubisch, nicht wahr? Ein anderes Kaliber und
hier nicht von Interesse sind jene, die
einen Extremtörn vorhaben (sagen sie jedenfalls), also einmal nonstop um die
Erde, wenigstens, oder gar zweimal, und sich von der YACHT in großen Berichten feiern lassen, zu Beginn der Gewalttour versteht sich - und dann, wie die letzten fünf
Deutschen, still und leise den Törn mit sehr guten Begründungen abbrechen.
Gemeint ist
also der Durchschnittssegler, der sich eine 9 bis 15 Meter lange
Segelyacht kauft, um die Welt zu umsegeln. Jahrelange Planungen gehen meist
voraus, um den ersehnten Lebenstraum zu realisieren. Da man in dieser Phase
keineswegs sehr selbstsicher ist, baut man sich, zumindest verbal, gleich eine
Rückzugsmöglichkeit ein, die der eigenen Beruhigung und
auch als vorweggenommene Entschuldigung dient, um später peinlichen
Nachfragen des Bekanntenkreises aus dem Wege zu gehen, wie: "Wir dachten,
Ihr wolltet um die Welt segeln".
Und
so vernimmt man immer wieder aus dem Kreise der mehreren tausend
Seminarteilnehmern (so viele waren es, mit denen ich auf meinen Veranstaltungen
zu tun hatte) zur Reiseplanung folgende Programmpunkte: "Wir wollen es ganz
langsam angehen" oder "erstmal das Mittelmeer, solange es uns dort
gefällt" oder "wir hetzen nicht, schließlich sind wir nicht auf der
Flucht" oder "wir wollen uns erstmal rantasten" und so fort.
Von
vorneherein schlecht sind diese Rezepte nicht, doch bergen sie alle eine
Gefahr, die möglicherweise den Lebensplan einer Weltumsegelung (die haben ja die
meisten im Hinterkopf, die sich eine Riesenyacht, viel zu groß für einen
gelegentlichen Urlaubstörn, mit ihrem halben oder auch ganzen Vermögen
anschaffen) umwirft.
Solche Segler, bei denen die Verwirklichung dieses Plans ein jähes Ende fand,
trifft man auf einer Runde um die Welt zu Hauf.
Freilich machen sie meist nach außen einen zufriedenen Eindruck und viele
scheinen sich als sesshafte Blauwassersegler ganz gut eingelebt zu haben. Als
Informationsquelle für andere Neuankömmlinge sind sie fast unersetzlich.
Sie kennen den Hafenkapitän "persönlich", bekommen im Supermarkt
einen "Discount für Yachties", wissen um die Schicksale der
anderen Marinabewohner, flüstern einem zu, von wem man sich fernhalten
sollte, empfehlen den "local specialist" für Tiefkühlanlagen oder
Watermaker, und so fort. Manchen von Ihnen gelingt es sogar, sich eine kleine
Existenz aufzubauen, zum Beispiel einen Reparaturbetrieb oder sie verchartern
(fast immer schwarz) ihre Yacht. Geschäftslücken, vor allem in sogenannten
unterentwickelten Hafenanlagen, gibt es genug, wenn auch fast immer illegal. Eine
Geschäftsidee, sicher nicht für viele geeignet, möchte ich der Skurrilität
halber
aber doch namentlich erwähnen: In
Malaysien organisierte ein deutscher Segler "ordentliche" Begräbnisse
urnenfertig nach europäischen Vorstellungen für hängen- (und liegen-)gebliebene
Blauwassersegler, damit diese nicht indisch öffentlich verbrannt werden
müssen.
Freilich, Charterurlauber beeindrucken diese
Gestalten auf den (billigen) Ankerplätzen, die ja leicht an ihren Yachten mit dem Windgenerator und den Solarpaneels zu erkennen
sind. Denn die Urlauber sitzen ja nächste Woche wieder in ihrem Büro und
verrichten dort "ganz wichtige" Geschäfte, die halt leider nicht unbedingt was mit ihren Träumen vom Leben zu tun haben.
Soweit,
so gut, wenn einem das Leben als mehr oder weniger gelittener semi-sesshafter Ausländer auf
Dauer gefällt. Einer der Reize beim Langfahrtsegeln ist ja der Kontakt zu
anderen Menschen, speziell zu den Anwohnern vor Ort. Als Karla und ich
wochenlang in einer Traumbucht bei Huahine vor Anker lagen, lernten wir die
dortigen Tahitianer sehr gut kennen und genossen deren Gastfreundschaft. Auf die
Frage, warum sie gerade zu uns und nicht zu den französischen Seglern so nett
seinen, bekamen wir die vielsagende und verständliche Antwort: "Ihr fahrt ja wieder
weg!"
Ist das Hängenbleiben die Verwirklichung des Traums von einer
Weltumsegelung? Sicher nicht wirklich! In Westindien wurden Karla und ich von der
sympathischen Crew der MENEVADO aus Fürth zum Abendessen eingeladen. Kerstin
und Bernd erzählten mir, sie hätten immerhin Westindien kennengelernt, aber
das sei jetzt genug, außerdem würde die Rumsegelei ihrer zweijährigen Tochter
nicht gut tun. Sie würden demnächst wieder zurück ins Mittelmeer segeln.
Meine
Antwort war: "Ihr
habt ja die schönsten Teile der Welt noch gar nicht kennengelernt. Segelt doch
mal durch den Panama-Kanal in die Südsee rein. Dann könnt Ihr Euch immer noch
gegen eine Weltumsegelung entscheiden. Bernd, Du kannst Dir dann sogar leisten,
Deine Yacht in Tahiti auf einen Frachter zu setzen und ihr seid dann am
nächsten Tag wieder zu Hause." Damit hatte ich sie überredet, wie mir Kerstin
später bestätigte. Es wurde eine wunderschöne Weltumsegelung und es entstand
eine große Segelbegeisterung bei der nunmehr 17 Jahre alten Luca - siehe
Rückblick auf mein letztes Blauwasserseminar!
Wenn
man auf meiner Seite Who-is-Who im Weltumsegeln die
80 Interviews durchforsten würde, könnte
man leicht feststellen, dass bei der Frage, wo es den Weltumseglern am besten
gefallen hat, die Karibik erst an achter Stelle kommt - das Mittelmeer, Türkei
ausgenommen, gar nicht -, während sie bei den
"schlechtesten Plätzen" schon unter Nummer 2 auftaucht. Und das sind
alles Segler, die, wie wir, vor Begeisterung fast ausgeflippt waren, als bei der
Ankunft in Westindien der Anker zum ersten Mal in das glasklare Wasser einer
smaragdgrün-farbenen Ankerbucht gefallen war.
Das
sollte doch zu denken geben! Das heißt aber nicht, dass der Nicht-Weltumsegler
diese Plätze meiden soll. So sind die Schotten John und Carol vor vielen
Jahren nach Gibraltar ausgewandert, um dort auf einem Schiff zu leben. Die Idee
der beiden war, sich ein altes ausgedientes Schiff zu kaufen, darauf zu wohnen
und dieses gleichzeitig auszubauen - John ist nämlich ein genialer Handwerker.
Allerdings, so scheint es, hatte John die Sysiphusarbeit trotzdem unterschätzt, denn mit
dem Ausbau, ja, mit dem Wohnen schon, ist er kaum übers Vorschiff hinausgekommen,
bis er dann jeweils sein Zuhause gegen eine noch größere alte Yacht tauschte.
Aber ganz offensichtlich hat den beiden, die nie von einer Weltumsegelung
geträumt haben, ihr sesshaftes Leben (und Arbeiten) gefallen. Dass sie
im Herzen über mehrere Jahrzehnte (stationäre) Fahrtensegler geblieben sind,
zeigt sich in einem wunderschönen Gedicht, das Carol den Yachties gewidmet hat
und genau die Gefühle wiedergibt, wenn ein Yachtsmann von einem
"Kurzurlaub" zu Hause in Deutschland, nach dem Winterlager oder nach
einem Landurlaub aufs Schiff zurückkehrt. Ich habs am Ende nochmals abgedruckt:
Es ist
aber sicher nicht jedermanns Sache unter solchen Umständen zu leben. Viele möchten
nicht im Hafen rumliegen und warten bis ihr Schiff fertig wird. Nein sie wollen
weit weg segeln, so weit, dass sie wieder nach Hause kommen - unter Segel. Aber
dann sollten sie nirgendwo hängenbleiben. Am besten vermeidet man das, indem
man möglichst zügig den Panama-Kanal hinter sich lässt.
In
den Wind gesprochen?
Bobby
Schenk
Afloat again
von Carol P.Nichols
Its great to be afloat
again
To live upon the sea
It's great to breath the
salt air
Its great to feel free
Its good to feel the
movement
Of the boat beneath my
feet
Its good to renew
acquaintances and new friends to meet
It's nice to sit on deck
again
And watch the sun go down
And speak to other
yachties
As they return from town
It's nice to talk of
places which other folk have seen
To share a drink to share
a lough
To share a similar dream
zur Home-Page
Page by Bobby Schenk
E-Mail: mail@bobbyschenk.de
URL of this page is www.bobbyschenk.de/n004/inwind47.html
Impressum und Datenschutzerklärung
|
|