Manchmal haben die ja ganz
prima Ideen beim Deutschen Fernsehen. Nein, ich meine nicht das TV, an das wir
zwangsweise Gebühren entrichten,, sondern das kostenlose Privatfernsehen. Das
heißt, "kostenlos" ist das nicht ganz, denn die dazwischengeschaltete
Werbung müssen wir schon über uns ergehen lassen. Oder, so mach ich es, ich
zeichne auf und überspring mit ein paar Tastendrücken die Commercials. Dann
bleibt der Inhalt , und der ist bei "Goodbye Deutschland" meist
richtig spannend. Die simple Idee: ein Fernsehteam begleitet Deutsche, die die
Nase vom Merkel-Deutschland voll haben, auf ihrem Weg ins Ausland und besucht
die Leutchen auch dort in der Ferne in regelmäßigen Abständen, filmt deren
Schicksal, ohne, so weit ersichtlich, Schicksal zu spielen. Das Aufschlußreiche
daran, wenn auch fast immer enttäuschend, ist der Umstand, dass das Unternehmen
"Goodby Deutschland" meistens schief geht. Mal sind es die Behörden,
die die erforderlichen Aufenthaltsgenehmigungen nicht rausrücken oder die
quengeligen Kinder, mal das Klima oder die schlechten Geschäftslagen, mal die
anderweitige Orientierung des Gatten oder des unternehmungslustigen
Eheweibes.
Vordergündig gesehen! Tatsächlich
aber spielt in allen Fällen das liebe Geld die entscheidende Rolle.
Segler, zukünftige
Weltumsegler, spielten bei dieser TV-Serie bis jetzt keine Rolle. Obwohl
uns das am meisten interessieren sollte. Denn irgendwie ist der Background bei
einer geplanten Weltumsegelung ähnlich. Wir wollen weg! Wir wollen es besser
haben als die arbeitende Bevölkerung hierzulande. Wir wollen segeln, segeln und
nochmals segeln, die Sorgen zu Hause lassen.
Kein Zweifel, all das gibt
uns eine Weltumsegelung reichlich, und diese Tatsache verführt viele, das weiß
ich aus unzähligen (gezählten) Mails, über einen kleinen Umstand
hinwegzusehen, der dann alles zum Scheitern bringt. Wenn den Träumern nicht
schon vorher ein Licht aufgeht: Es sind die Finanzen. Wenn sie beim Träumen
sind, ahnen sie zwar schon, dass diese eine Rolle spielen werden, sie
ziehen aber nicht rechtzeitig die Konsequenz daraus. Nämlich die tolle
Idee von der Weltumsegelung, vom Ausstieg "nur" für ein paar Jahre,
rechtzeitig zu beerdigen (zum Thema "Beerdigung" kommen wir weiter
unten!).
Da sieht man zwar ein, dass
man nur das Geld zum Losfahren hat, aber wozu hat man denn zwei gesunde Hände
und eine Handwerkerausbildung, wenn man unterwegs nicht das notwendige Geld für
die Weiterfahrt durch Arbeit heranschaffen kann? Oder man kann zahlende Gäste
mitnehmen, der Erlös reicht dann schon bis zum nächsten Kontinent, oder man
arbeitet an anderen Yachten, da gibt es viele wohlsituierte Pensionäre oder
Rentner mit regelmäßigem Geldfluss von zu Hause, die sicher lieber faulenzen
wollen, als unter der Yacht in den Tropen den Farbkübel rühren oder das
gifitige Antiffouling schleifen. Und wenn alle Stricke reissen , dann kann man
sich immer noch auf einer Südseeinsel temporär niederlassen und im
nahegelegenen Resort "leichte Managementaufgaben“
übernehmen. Und überhaupt: Geld ist ja nicht so wichtig, denn woanders
ist ja alles viel billiger, und wenn gar nichts mehr klappt, dann ernährt man
sich eben von Fischen und Kokosnüssen. Ein geradezu deprimierender Gedanke!
Ja, man "kann".
Besser gesagt, man
konnte(!) so unterwegs seinen Lebensunterhalt finanzieren. Aber das war gestern,
ja vorgestern. Unruhe unter Träumern hat zum Beispiel Wolfgang Hausners Formel
vom Lebensstil verbreitet, wonach das Leben auf einer Yacht rund um die Welt,
speziell in der Südsee , durchaus mit "one dollar one
day" zu finanzieren sei. Das war vor fünfzig Jahren, die Ankerplätze
waren leer und die Einheimischen warteten geradezu auf die netten,
hochwillkommenen Yachtsleute mit deren Geschenken,
wie ein Lippenstift oder gelegentlich sogar eine Flasche Rum. Das war die
Zeit, als man in den Weltumsegelbüchern noch die Formulierung von der
"ersten Yacht überhaupt in dieser Bucht" fand. Es war aber auch
schon die Zeit, als in einem deutschen Segelbuch zwei extrem sparsame
Weltumsegler als Kokosnuß-Diebe gebrandmarkt wurden. Damals fand man noch
zahlungskräftige Urlauber zum Mitsegeln, die auf Zeit in die Welt der segelnden
Globetrotter eintauchen wollten. Und an vielen Plätzen, speziell in der Südsee
, konnte man sich durchaus noch freuen, wenn einer von den Yachties den für
Kühlschrank und für Waschmaschine so dringend benötigten Generator wieder zum
Laufen gebracht hat. Die Behörden mischten sich gar nicht oder kaum in den
Aufenthalt am Ankerplatz ein (Marinas gab es keine!), und das Wort
"Visum" war unbekannt. Auch "leichte Management-Jobs", ein
Begriff gerne gebraucht von mittellosen Deutschen, existierten nicht, denn
damals gab es in Südseeparadiesen nichts zu managen.
Wenn heute ein Land wie
Neuseeland kaum noch Einwanderer, auch nur auf Zeit, zulässt, sollte man sich
erinnern, dass dieses Land in groß angelegten Kampagnien vor Jahrzehnten noch
Einwanderer regelrecht gesucht hat. Alles vorbei!
Überblickt man die
zahlreichen Berichte der Weltumsegler auf Who-is-Who-im-Weltumsegeln daraufhin, wie
sie die Weltreise finanziert haben, wird man feststellen, dass kaum jemand seine
Reise um die Welt unterwegs durch zwischenzeitliches Arbeiten finanziert hat.
Arbeit ist heute ein kostbares Gut, wovon die meisten Länder nicht mal für
ihre eigenen Leute genug haben, erst recht nicht für Yachtsleute aus
einem reichen Land. Also macht Euch keine Hoffnung auf einen Verdienst neben der
Weltumsegelung. Yachtsleute sind meist keine begehrten Gäste mehr, sondern
sparsame Typen, die beim Geldausgeben sehr zurückhaltend sind und noch dazu
Abfall importieren.
Gern gesehen sind Sie nur, wenn Sie in die
Marina kommen, angemessen Liegegeld zahlen und den Umsatz der
umliegenden Geschäfte steigern. Und – nicht zuletzt - nach Ablauf der
zugebilligten knappen Aufenthaltsdauer ohne zu zögern weiterziehen. Sehr
nachdenkenswert ist die Bemerkung eines alten Fischers in Französisch-Polynesien
in einer paradiesischen Bucht, den Karla gefragt hat, warum wir so herzlich
empfangen wurden, während sich die Einheimischen gegenüber den Franzosen
doch sehr reserviert verhalten haben: "Ihr segelt ja wieder
weiter!"
Ich will ja nicht zu
schwarz malen: Eine Weltumsegelung ist nach wie vor eine wundervolle
Unternehmung, die prägend für ein ganzes Leben sein kann. Aber man sollte,
nein, man muss sich so vorbereiten, dass man sich Reise und Leben unterwegs
auch gut leisten kann.
Rund um die Erde gibt es
eine Reihe von Ankerplätzen, wo, von den Behörden aus Barmherzigkeit geduldet,
heruntergekommene
Yachten an der Ankerkette zerren, denen man von weitem ansieht, dass es dem
Weltumseglerträumer hinten und vorne an Geld fehlt. Dass er hier hängengeblieben
ist und nicht weiß, wie es weitergehen soll.
Ein Erlebnis krieg ich
nicht aus dem Kopf: An einem Platz, wo man solche vergammelte Yachten duldet,
was bleibt den Behörden sonst übrig, versuchte sich ein hängengebliebener
deutscher Yachtsmann, nennen wir ihn "Helge", mit Reparaturen an anderen Yachten. Als ich ihn auf seinem
Handy anrief, um zu erfahren, wie weit die Reparatur denn sei, erklärte mir
eine fremde Stimme, dass "Helge shot himself yesterday!"
Die Überführung in die
Heimat bereitete deshalb Schwierigkeiten, weil nur in der Indischen Kolonie
Verbrennungen vorgenommen wurden . Ein anderer Deutscher konnte diese mit Hilfe
von Indern schließlich bewerkstelligen. Wie man mir erzählte, würde er, wenn
mal wieder ein Yachtleben zu Ende gegangen sei, diese Art der Bestattung auch in
Zukunft gegen Entgelt organisieren.
Ich hoffe doch sehr, dass
meine Bedenken nicht in den Wind gesprochen sind.
Bobby Schenk