Der schöne Ausdruck Seemannsgarn gehört seit jeher zur Seefahrt. Klar, weil es Zeugen des Geschehens zuhause wohl nie gab. Und was ist schon dabei, wenn man ein paar Windstärken zur Realität hinzuzählt, das macht die Story doch nur lesbarer? Aber der Seemann kann auch dann übertreiben, wenn er als Pirat einen Schatz irgendwo vergraben hat. Das Logbuch müßte dann einen Schatzsucher in die Irre leiten. So hat Christofer Kolumbus mehrere Logbücher geführt, aber nicht um anzugeben, sondern auf der Suche nach Gold - sein wahres Motiv - Nachahmer in die Irre zu führen.
Die Yachtgeschichte ums Blauwasserleben ist ebenfalls nicht frei von kleineren Übertreibungen und Lügen bis hin zum handfesten Betrug. Wenn einst beispielsweise ein italienischer Segler behauptete, er habe nonstop die Welt auf der Passatroute umsegelt, und zwar ohne GPS (gab es noch nicht) und sonstige elektronische Hilfsmittel, so braucht man das nicht zu glauben, wenn man mal die Erdkarte ansieht und sich ausmalt, wie einer durchs Great Barrier Reef in Australien oder durch die Torres-Straße nachts zwischen den Riffs durchkommen möchte.
Der gleiche Segler verblüffte die Segelwelt durch ein besonderes Manöver: Solo unterwegs fiel er bei schlechtem Wetter über Bord. Ein Griff zur nachgeschleppten Leine (oder Angelschnur) schien seine Rettung zu sein, aber da mußte er, noch in der See, mit eigenen Augen sehen, wie seine Yacht ein paar Dutzend Meter vor ihm durchkenterte. Wahr oder unterhaltsames Seemannsgarn?
Das kann man sich auch fragen, wenn einer der bekanntesten deutscher Segler (nein, um Gottes willen nicht Wilfrid Erdmann, der unter anderem für seine Solo-Weltumsegelungen berühmt geworden ist), auf dieser Unternehmung im Royal Suva Yachtclub seine Mitseglerin (Crew) Brigitta am 7.5.69 von Apia nach Fijjii kommend einträgt. (Im vergilbten Foto unten wurden die Namen gelöscht).

Sagen wir mal so: Der Spaß hört auf, wenn man das Niveau eines Seemannsgarn-Erzählers von B. L. erreicht. Er hat wirklich alles andere an Seemannsgarn in den Schatten gestellt. Der harmlose Begriff der „lässlichen Lügen“ eines Skippers ist hier definitiv nicht mehr angebracht.
Schon seine Ankündigung war so gewaltig, dass selbst unser Fachorgan auf die geschickte Täuschung hereingefallen ist. Man könnte darüber ein ganzes Buch schreiben, aber dafür reicht der Platz hier bei Weitem nicht aus. B. L. wollte nichts Geringeres, als die Welt zweimal – und zwar solo (!) – umrunden. Nach der ersten Runde sollte es bei den Kanarischen Inseln direkt auf Gegenkurs weitergehen. Damit hätte er zum Beispiel den legendären Wilfried Erdmann in den Schatten gestellt, der die Welt zwar auch zweimal umsegelte, jedoch mit Pausen dazwischen. Von anderen Weltumseglern ganz zu schweigen. Doch mindestens schäbig gegenüber Segelkameraden!
Und von wegen „solo“! Nachdem er unter den Augen der Fernsehkameras gestartet war, nahm er bereits nach wenigen Meilen seine „Freundin“ an Bord – auf das Boot, was seine Frau bezahlt hatte. Es folgten mehrere Stopps, und eine weitgehend unbekannte Episode wirft ein bezeichnendes Licht auf dieses Unternehmen – und auf B. L. selbst:
Dem „grandiosen“ Segler wurde unter anderem ein mehrere tausend Euro teurer Ausrüstungsgegenstand gesponsert. Doch schon bald darauf ward es beim Gebrauch zerstört. Über Funk bestellte er kurzerhand ein neues Teil. Der Hersteller ging davon aus, dass ein Fischerboot gechartert würde, um das Ersatzsegel auf hoher See dem „gehandicapten“ Nonstop-Segler zu übergeben. Tatsächlich jedoch wurde B. L. vom Personal des großzügigen Spenders in einer Kneipe – wenn ich mich recht erinnere, in Kapstadt – entdeckt. Dort nahm er das Geschenk freudig in Empfang, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, dass ein Nonstop-Weltumsegler sich zwischendurch in einer Bar aufhält.
Der berühmteste Hochstapler unter Segel ist wohl Donald Crowhurst. Beim Golden Globe Race 1968, das erste Rennen um die Welt unter Segel, solo und nonstop, war der Engländer mit einem Trimaran aus Sperrholz im Rennen. Tatsache ist, dass er mit den durchgefunkten Positionen der Welt weismachen wollte, dass er bereits den Atlantik verlassen habe, um nun im Indischen Ozean Kurs auf Kap Horn zu nehmen. Ich will es kurz machen, er hat den Atlantik nie verlassen. Nach Monaten wurde sein Tri aufgefunden - ohne Donald Crowhurst. Die Presse hat viel versucht, den wahrscheinlich Ertrunkenen posthum reinzuwaschen. Tatsache ist, dass er betrogen hatte, sodass die Sieger, erster wurde Sir Robin Knox-Johnston, um den Lohn gebracht worden wären. Den Film "Voraus das Meer" übrigens, der über den Betrüger gedreht wurde, ist es nicht wert anzuschauen, denn vom eigentlichen Rennen bekommt der Zuschauer nichts mit und der Sieger wird nur mal so nebenbei erwähnt.
Aber mal ehrlich: Ganz ohne eine Prise Seemannsgarn geht es wohl bei Manchen nicht. Und da heutzutage die Künstliche Intelligenz (KI) in aller Munde ist und der Aktienmarkt durch angeblich immer leistungsfähigere Apps wie „DeepSeek“ regelrecht durchgeschüttelt wird, könnte so mancher auf die Idee kommen, Bilder zu generieren (sagt nicht ein Bild mehr als tausend Worte?), um die eigenen Geschichten etwas aufzupeppen. Aber taugt KI dafür schon?
Ein kleiner Versuch gefällig, um herauszufinden, ob es sich lohnt, sich weiter mit dieser Technik zu beschäftigen? Ich denke, Spaß macht es ohnehin: Meine beiden Testpersonen hierfür könnten unterschiedlicher nicht sein: Pit, ehemaliger Microsoft-Mitarbeitet, ist ein leidenschaftlicher Hochseesegler mit einer eigenen 15-Meter-Yacht auf Sardinien. Klaus hingegen ist Nicht-Yachtsegler (abgesehen von YouTube-Erfahrungen)und von Beruf Kieferchirurg.
Pit startete mit einem Auftrag zur Navigation – speziell zum Einsatz eines Sextanten.
Werke vom Segler Pit:
Der erste Versuch fand sich auf einem leeren Blatt wieder mit dem Hinweis von ChatGPT (gibt es kostenlos!), der Auftrag zum Einsatz von KI habe eindeutig einen sexuellen Hintergrund. Die gute, angeblich hochintelligente App war also clever genug, den Sextanten als "Sex-Tanten" zu lesen. Nach weiteren Versuchen folgte die App einigermaßen. Na ja

O.K., das Mädchen ist ja durchaus gutaussehend, aber von Navigatorin war nicht die Rede. Und dann, mein Gott, der angebliche Sextant!
Ein neuer Versuch bringt zwar eine Südseeschönheit - nicht schlecht, doch was hat das mit Navigation zu tun? Aber immerhin könnte man das Gebilde auf einem ländlichen Flohmarkt schon einem Agrinomen unterjubeln. Versuchen wir es ein letztes Mal mit dem Sextanten, oder mit der allgemeinen Navigation auf See:

Es scheint, dass die KI doch "Sex-Tanten" richtig verstanden hat. Immerhin läßt das merkwürdige Gebilde in ihrer linken Hand schon einen Kreisbogen ahnen. Aber bei genauer Betrachtung zeigt sich: Die Kleine hat einen körperlichen Fehler, scheint sie jedoch nicht zu behindern.

Aha, jetzt sind wir schon in der Navigationsecke bei der Navigatorin. So eine Seekarte hab ich zwar noch nie gesehen, aber der Kartentisch etc macht schon einen etwas schiffigen Eindruck. Die übliche Schatz-Uhr neben der Petroleumlampe würde sich auch auf einem älteren deutschen Schiff befinden. Und der merkwürdige Elektronenrechner stört nun mal nicht.

Oje,oje,... diese Navi-Ecke könnte höchstens Klein-Fritzchen beeindrucken. Aber wehe er fragt, was das für Messinggeräte sind. Briefbeschwerer? Schachfiguren aus Messing? Das Bild sollte man nicht vom Herrentörn in der Karibik aus der Ehefrau schicken. Aber, clever, wie Frauen nun mal sind, ist sie wahrscheinlich weniger beunruhigt, wenn sie sich die rechte Hand der jungen Dame näher betrachtet.

Weiter so! Na, ja, die Südseeinsel ist gut getroffen Und die Uniform der Lady macht sich auch nicht schlecht. Aber wie man mit diesem Rigg auf dieser alten Ketsch eine Wende fahren soll, bleibt das Geheimnis des Konstukteurs, beziehungsweise von ChatGPT!
Obwohl man die "Werke" von Pit wohl nicht als "restlos gelungen" bezeichnen kann, bin ich doch irritiert, welche von der Thematik einigermaßen passende Bestandteile eines Bildes man zusammenkriegen kann. Ein letzter Versuch von Pit soll was ganz besonderes schaffen. In seine KI gibt er folgendes ein:
"Martin Hager, chief editor of German Yacht Magazine, on board of a trans ocean foiler. The boat is at the port entrance of La Rochelle. The rain beats the sails without mercy and the water splashes over Martin’s face. He leans on the mast of the sporty racing yacht. He wears a captain's uniform. The sun tries to break through the deep, dark clouds with little success, but catches gentle ripples on the water. Strong gales, causing the boat to rock back and forth moving through the breaking waves. In the background, spectators wave on the end of the pier of the stormy harbour. The wet and cold air determines this uncomfortable and dangerous situation."
Eigentlich wollte ich den Namen des Yacht-Chefs rauslassen, aber ich denke, er trägt das Ergebnis mit Fassung. Ob der KI eine Ähnlichkeit gelungen ist, mag er selbst entscheiden, schließlich hat er Humor! Jedenfalls zeigt der Blick des Skippers, dass er die Szene beherrscht.

Gar nicht so schlecht. Die See kocht, wie der Denk-Maschine befohlen, das Rigg ist mir noch nicht bekannt, kann nicht in die Zukunft schauen. Die Zuschauer, die auf der Mole stehen sollten, sind mindestens im Hintergrund vorhanden und der Skipper (Martin Hager??) zeigt Gelassenheit, ja Souveränität, trotz der harten Bedingungen. Sieht fast so aus, als ob er die genießt.
Werke vom Nicht-Yachtsegler Klaus:
Jetzt kommt Klaus dran. Natürlich hat er kein Fachwissen, deshalb kann er der Maschine auch kaum Vorgaben machen:
Er möchte von der KI (www.ki-bild-erstellen.de) zum Beispiel:
"Ein realistisches Bild von einem Katamaran vor Bora Bora"
Das ist alles und was macht die KI daraus?

Also gar nicht schlecht! Ein moderner Katamaran, Anker sieht man keinen, ja klar, er motort (siehe Kielwasser) unter Vollzeug über das seichte Gewässer. Die Korallenköpfe sind da - wie in der Wirklichkeit. Aber irgendwie wirkt alles etwas unnatürlich, obwohl man die schrillen Farben gelten lassen kann. Als Heimatgruß vom Charter-Urlaub in den Gesellschafts-Inseln würde ich die Ansichtskarte nur bei den Ur-Großeltern verwenden.

Viel besser! Dem KI-Produkt glaubt man beim allerersten Hinsehen den Schooner. Und der Südee-Lichteinfall sowie der Schattenwurf sind glaubhaft. Aber das Rigg? Der Besan scheint irgendwo an Backbord zu stehen. Doch die alte
Yacht aus Holz kommt ansonsten schön rüber.

Ja, das ist meine alte Heimat, die Südsee bei Moorea kann es sein. Das einzige was stört, ist, dass die Einrumpfyacht sicher nicht wenig Tiefgang hat und somit bald aufkommt. Einen Anker seh ich nicht!

Ja, da passt eigentlich alles! Der Katamaran motort vorsichtshalber im tiefen Wasser zum Pass, sogar die Hütten vom Club Med sind noch da!

Da gibts beim ersten Hinsehen nichts auszusetzen. Eine Kutteryacht vor dem Sturm. Die haben die Ruhe weg. Reffen!

Jetzt ist es zu spät zum Reffen, jetzt müßt ihr da durch! Wahrlich ein guter "Schnappschuss" von Freunden im Charterurlaub! Gibt die Härte vom Segeln an der Kreuz wieder.
Oben wurde schon auf ein Preisrätsel hingewiesen. Es startet nächste Woche. Jeder kann mitmachen, denn es geht nur um den Umgang mit künstlicher Intelligenz beim Segeln.
Als Preise werden ausgelobt: Eintausend Euro für den Hauptgewinn und weitere wertvolle Preise. Also, bis nächste Woche...
Page by Bobby Schenk
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