"Durchschnittliche"
Langfahrt-Yachten
von
Bobby
Schenk, SY THALASSA
Wie
viele Yachten sind auf Weltumsegelung, welche Nationen sind am meisten
vertreten, wie "reich" sind die Blauwassersegler, aus welchen Berufen
kommen sie?
Alles
Fragen, die gelegentlich interessieren, doch kaum mit echtem Zahlenmaterial zu
beantworten sind. Auf den Kanarischen Inseln könnte man zu exakteren Zahlen
kommen, doch die wären - statistisch gesehen - allein durch die jährlich
dort gestartete ARC - Atlantic Rally for Cruisers - verfälscht, denn die etwa
250 Teilnehmer, welche die Hälfte der in diesem Jahr durchgeführten
Atlantiküberquerer auf der Passatroute stellen, sind nicht gerade typische
Langfahrtsegler. Die meisten verbringen ein paar Wochen und Monate in der
Karibik und segeln dann mit den Westwinden wieder nach Hause, nach Europa.
Schluss.
Trotzdem,
eine Betrachtung einer Gruppe von Langfahrtseglern bringt uns den Fakten etwas
näher, wenn auch von zuverlässigem Zahlenmaterial im statistischem Sinne nicht
gesprochen werden kann, höchstens von Hinweisen.
Hier,
auf Langkaw/Malaysien (Position:
6°21' N 99°42'E), gibt es drei Marinas: Den "Yachtclub", die Marina
Rebak, etwas abseits gelegen und nur mit einer Fähre von der Stadt "Kuah"
aus zu erreichen und die Marina Telaga Harbour. Alle drei Marinas sind für
unsere Fragen aufschlussreich, denn sie sind voll mit fast ausschließlich
Langfahrtseglern. Seien es gewöhnliche "Liveaboarders"
(Dauer-Blauwassersegler), seien es Weltumsegler in spe, seinen es Ozeanwanderer,
die eine große Schleife von Australien oder Neuseeland aus ziehen. Eine lokale
Yachtschifffahrt gibt es kaum, die wenigen Charterschiffe, meist aus
französischer Produktion, erkennt man leicht an der orangenene Genua oder eben
an der Firmenaufschrift und bleiben bei unseren Beobachtungen außen vor. Dann
liegen hier noch einige wenige Motoryachten von Singapur oder Thailand, vom
kleinen Daysailer bis zur 40-Meter.Luxusyacht, die wir ebenfalls unbeachtet
lassen.
Der
Rest hier in Telaga Harbour ist also ein Querschnitt durch die Welt der
Langfahrtsegler. Und zwar ein guter, denn hier, durch die Straße von Malakka
kommt mindestens die Hälfte aller Langfahrtsegler durch, die die große Welt
bereisen, sei es von West nach Ost, sei es aus dem Mittelmeer durchs Rote Meer
nach Osten. Und noch ein Gesichtspunkt ist für unsere Betrachtung von
Bedeutung: Sowohl die Marina, als auch erst recht der Ankerplatz vor der Marina
ist extrem preiswert (eine 14-Meter-Yacht zahlt unter 10 Euro pro Tag für einen
Liegeplatz am modernen Schwimmsteg - Internet eingeschlossen), aus westlicher
Sicht ganz Malaysien. Deshalb legen nahezu alle Segler, die hier durchkommen
einen Stopp, zumindest für die Verproviantierung, auch mit zollfreiem Alkohol,
ein. Die Beobachtung wird also nicht durch die Tatsache verfälscht, dass
der Platz für zahlreiche Segler ausscheidet, weil er zu teuer ist.
So
bleiben für die Beobachtung in der nahezu vollbesetzten Marina ungefähr 200
Segelyachten, allesamt Langfahrtyachten, und vor der Marina auf dem Ankerplatz
geschätzte 50 Segelyachten. Auf meinem Rundgang, beziehungsweise bei einer
Dhingyfahrt auf den Ankerplatz hinaus habe ich alle Segelyachten lückenlos im
Bild festgehalten, um auch nachträglich die eine oder andere Beobachtung zu
verifizieren. Trotzdem, man gestatte mir das, habe ich nicht genau Buch
geführt, sondern nachfolgende "Fakten" grob geschätzt.
Nachdem hier
bei weitem nicht alle, genau genommen sind es nur wenige, Yachten eine Nationale
gesetzt haben, muss in vielen Fällen aus Schiffsnamen, oder Heimathafen am Heck
auf die Nationalität geschlossen werden. Da liegen an erster Stelle die
Australier, gefolgt von Neuseeländern, was wegen der Nähe zu diesen Ländern
nicht verwundert. Es ist aber nicht so, dass diese Länder übermächtig
vertreten sind, sie machen sicher keine 20 Pozent aus. Dann folgen schon die
Amerikaner, nur wenig mehr als die Deutschen, Franzosen, Holländer,
Österreicher, Schweizer und Engländer, während sich die übrigen Yachten auf
aller Herren Länder verteilen wie Polen, Dänen, Korea oder Japan. Auffällig
ist, dass Schweden nur wenig vertreten ist, was noch vor ein paar Jahren anders
war.
Über
die Yachtbeatzungen lässt sich ohne eine Befragung nicht viel sagen. Nur
soviel: Die große Mehrheit sind Paare, älteren Datums. Jüngere - unter
vierzig Jahren - sind - leider - nur wenige vertreten. Das war noch vor ein paar
Jahrzehnten anders. Da waren es jüngere Unternehmungslustige, die nicht lange
danach fragten, von was sie nach ihrer Weltumsegelung leben sollten. Ein Grund
für das angehobene Alter sind sicher auch Werbeaussagen, die suggerieren
sollen, dass moderne Yachten ohne viel Kraftaufwand von jedermann zu segeln
sind. Was ja auch dank moderner Winschen und Rollvorrichtungen stimmt.
In
zahlreichen Gesprächen ist zu erfahren, dass auf allen Yachten das Notebook in
der Navigationsecke steht und nur noch mit der elektronischen Seekarte (meistens
Maxsea) navigiert wird. Irgendeine weltweite Kommunikationsmöglichkeit (SSB,
Irdium, Pactor) ist auf nahezu jeder Yacht vorhanden.
Fast alle
Yachten haben eine oder mehrere alternative Stromquellen an Bord (Windgenerator,
Solarpaneel). Ebenso sind zahlreiche Yachten, aber sicher nicht mehr als die
Hälfte, mit einer Windsteueranlage ausgestattet.
Was aber am
meisten den Leser deutschsprachiger Segelzeitschriften
überraschen dürfte, ist die Zusammensetzung der Yachten hinsichtlich ihrer
Größe, des Alters und des Typs.
Zunächst
einmal: Nimmt man die hier quasi in einer Momentaufnahme beobachteten Schiffe
als Maßstab, so lässt sich ganz generell aussagen, dass es das typische
Langfahrtschiff nicht gibt. Kein Schiffstyp, ja keine Firma, ist
überproportional vertreten. Die Katamarane machen um die 10 bis 15 Prozent aus.
Gerade mal zwei Privilege sind in der Marina, der Rest ist französischen,
neuseeländischen, südafrikanischen und australischen Ursprungs.
Was wirklich
überrascht: Von den bei uns in Deutschland und in der Presse immer wieder als
"geeignet für die weltweite Fahrt" beschriebenen Yachten, wie Jongert
und Oyster ist nichts, gar nichts zu sehen. Nur einige Hallberg Rassy, alle
schon betagt, stärken den Ruf dieser schwedischen Firma. Und auch Amels sind wenige,
(aber immerhin Mehrzahl!) vertreten.
 Auch
die bei uns so populären Serienschiffe wie Bavaria, Dehler, Etap, Jeanneau etc
fehlen gänzlich. Und dies ist nicht nur bei der beschriebenen
"Momentaufnahme" der Fall, sondern übers Jahr gesehen die Regel.
Einige Yachten, nicht viele, eine Handvoll vielleicht, sind Eigenbauten, oder
zumindest Selbst-Ausbauten. Man sieht es meist deutlich schon von außen. Auf
den Punkt gebracht: Yachten aus großen Serien fehlen, Charakterschiffe sind in
der Überzahl.
Beim
Bootsbaustoff liegen die Kunststoffschiffe mit circa 70 Prozent vorne. Aus Stahl
sind vielleicht 20 Prozent und die restlichen 10 Prozent teilen sich Aluminium,
Holz und sogar Beton (2 Stück).
Kurzkieler
oder Langkieler? Auch dies wird überraschen. Während bei uns zu Hause
Langkieler auf den Bootsausstellungen fast völlig verschwunden sind, sind sie
hier fast die Regel. Daran haben einen wesentlichen Anteil die Yachten aus
amerikanischer Produktion schuld, die den Trend zum "schnellen"
Segelschiff - wie uns die Werbung und auch die Yacht-Tests einbleuen möchten -
nie so richtig mitgemacht haben, sondern bei ihren Kunden eher Interesse an
klassischen Fahrtenschiffformen vermutet haben und damit, das Bild in der Marina
bestätigt es, richtig gelegen haben.
Dass
hier vor allem mäßig bis lange Kiele unter den Yachten hängen, liegt im
wesentlichen aber auch am Alter der Yachten. Und auch das wird überraschen.
sichtlich neue Schiffe (weniger als ein Jahr alt), gibt es hier nur ein
einziges, und das ist ein 15-Meter-Katamaran vom Typ Privilege 495. Alle anderen
Yachten sind nicht nur "älter", sondern alt, jedenfalls haben sie
derart viele Jahre auf dem Buckel, dass sie den Alterschnitt in dieser Marina
auf sage und schreib sicher über 25 Jahre drücken. Wie gesagt, nur eine
Schätzung, aber wenn ich wetten müsste, würde ich eher noch auf Richtung 30
Jahre gehen.
Und
auch damit haben sicher nicht alle gerechnet: Die Durchschnittsgröße der
Yachten dürfte deutlich bei über 40 Fuß, also über 13 Meter liegen.
Zehnmeterschiffe (und darunter) sieht man kaum noch. Eine der größten
Fahrtenyachten hier herin dürfte eine Hallberg Rassy unter österreichischer
Flagge mit 62 Fuß sein:
Vieles
lässt sich aus diesen Daten nicht schließen: Vielleicht, bei der gebotenen
Vorsicht vor solchen Schlüssen: Der "typische" Langfahrtsegler hat
seine Berufslaufbahn hinter sich, oder abgeschlossen. Er ist mehr an einem
großen "Zuhause" interessiert und hat sich deshalb für ein
gebrauchtes, aber größeres Schiff entschieden, als er es mit den vorhandenen
Geldmitteln neu bekommen hätte.

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