YACHTREVUE
2008/03:
Bobby
Schenk Porträt
von Judith
Duller-Mayrhofer
„Das
Institut der Menschenkenntnis gibt es nicht. Wenn einer im Gerichtssaal
besonders sympathisch wirkt, ist er meist ein Betrüger.“
Recht
und Unordnung
Persönlich.
Bobby Schenk zählt zu den bekanntesten Seglern im deutschen Sprachraum, das Publikum schätzt den Juristen für seine Leistungen und pointierten Aussagen. Judith
Duller-Mayrhofer skizziert den Menschen hinter dem Phänomen
Ich liebe sein rechtes Ohr. Frech widersetzt
es sich den Gesetzen von Symmetrie und Ebenmaß, scheint einem zuzuwinken und
gibt diesem Mann von 68 Jahren einen verwirrend einnehmenden Lausbubencharme.
Bobbys Weltumsegler-Ohr. Das ordentliche, angepasste, stramme, pflichtbewusste,
linke Ohr hingegen gehört Florian. Dem Richter und Staatsanwalt, dem braven
Steuerzahler, dem logischen Denker und Mathematiker.
Und dazwischen ist der Schenk, eine Legende
zu Lebzeiten, gerne als Blauwasserpapst tituliert, von der deutschen Zeitschrift
Yacht, für die er immer wieder Beiträge verfasst, zu den hundert größten
Seglern aller Zeiten gewählt. Einer, dem es gelungen ist, die Gegensätze in
seiner Person, in seinem Charakter, in seinem Leben – nein, nicht zu vereinen,
sondern sie als Antipoden unbehelligt stehen zu lassen, zu akzeptieren und, vor
allem, sie nach Bedarf zu nutzen. Florian „Bobby“ Schenk schöpft aus zwei
Quellen. Das ist sein Geheimnis.
Hat man es erfasst, versteht man auch die
scheinbaren Brüche in seiner Biographie. 1969 trat Schenk bei der bayerischen
Justiz als Richter in den Staatsdienst ein, 1970 löste er die Leinen seiner Fähnrich
34 und segelte gemeinsam mit Frau Carla auf der Passatroute um die Welt, ein
Unternehmen, das zuvor nur ein einziges anderes deutsches Ehepaar (Elga und
Ernst-Jürgen Koch, 1964–67, „Hundeleben in Herrlichkeit“) zu einem guten
Ende gebracht hatte. Schenk, der Aussteiger, der seine sichere Beamtenstellung
aufgab und gegen ein Abenteuer ohne Kranken- und Pensionsversicherung
eintauschte; rechtes Ohr. 1974 kehrten die Eheleute in die Bürgerlichkeit zurück,
Carla in die Apotheke, er in den Staatsdienst, zunächst als Staatsanwalt, später
wieder als Richter, 1975 erschien mit „Fahrtensegeln“ sein erstes Buch, ein
Lehr- und Nachschlagewerk der Extraklasse, das sich zum Klassiker entwickeln
sollte; linkes Ohr.
1979 der nächste Aufbruch. Kündigung (nie
war’s Beurlaubung, wie von manchen behauptet), neues Schiff, neues Ziel. Südsee.
Jahrelang lebte das Paar auf eigenem Land in Moorea, Französisch-Polynesien,
dann war es genug. Carla und Bobby segelten über Kap Hoorn heim nach Europa und
nahmen 1983 den roten Faden in Deutschland auf; Wiedereintritt in den
Staatsdienst.
„Hätten wir uns Fragen
nach der Rente gestellt, oder ganz einfach nach der Zukunft, wären wir nie
losgesegelt.“
Und so weiter und so fort. Atlantik-Überquerungen
mit dem einmotorigen Flugzeug oder mit einer Yacht ohne jede Navigationsausrüstung,
wieder Kap Hoorn, wieder Südsee. Und dazwischen der Gerichtssaal, viele, viele
Bücher, Artikel, Vorträge und Seminare. Rechtes Ohr, linkes Ohr …
Zwei Seelen.
Die
Bipolarität, die sich äußerlich an Schenks Werdegang nachvollziehen lässt,
findet auch im Inneren ihre Entsprechung. Als er zu seiner ersten Weltumsegelung
aufbrach, hatte Schenk – im Gegensatz zu vielen Kollegen – alle Scheine, die
man damals in Deutschland machen konnte, in der Tasche, Prüferlizenzen
inklusive. Er war und ist ein überzeugter Theoretiker, der leidenschaftlich
Wissen sammelt (und sehr gut vermitteln kann, was ihn zu einem ausgezeichneten
Sachbuch-Autor und Referenten macht). Einer, der sich mit den Aufgaben, die der
Segelsport stellt, gerne kognitiv auseinandersetzt. Ist er deshalb ein
Technokrat, wie es ihm manchmal vorgeworfen wird? Technokrat, das ist die halbe
Wahrheit. Die andere Hälfte: Sein Gefühl für Wasser, Wind und Wetter, sein
innerer Kompass, der ihn intuitiv ahnen lässt, was kommen wird. Und seine Empfänglichkeit
für die praktischen Erkenntnisse anderer: Er ließ sich bereitwillig von französischen
oder amerikanischen Seglern inspirieren, besaß die Offenheit, deren Erfahrungen
in sein System zu integrieren und betrachtete die „deutsche“ Lehre nie als
Bibelwort. Auch das ist Bobby Schenk.
Was ist er noch? Vorsichtig, sehr
sicherheitsbewusst, er selbst bezeichnet sich sogar als „ängstlichen
Menschen“. In schlechtes Wetter hineinsegeln, das gibt es bei ihm nicht, wenn
fünf Beaufort oder mehr angesagt sind, läuft er nicht aus, Zeitdruck hin oder
her. Nie würde er mit einer Yacht losfahren, die wesentliche Mängel aufweist,
nie Zweifel mit einem „Das geht schon irgendwie“ wegwischen. Und deshalb war
er auch nie in ernsthaften Schwierigkeiten, hat kein Schiff auf Grund gesetzt
oder an ein Riff verloren. Nicht, solange es sein linkes Ohr gibt.
Bequem ist er übrigens auch, das macht sich
zum Beispiel bemerkbar, wenn er sich auf See zwischen Komfort und
Geschwindigkeit entscheiden muss, und führt an Land zu einem Lebensstil, der
vom Asketischen zunehmend ins Barocke driftet. Lässliche Schwächen, mit 68
Lenzen am Buckel.
Und dann wäre da noch seine
Empfindlichkeit. Wenn Kritiker und Neider monieren, dass es der Schenk trefflich
verstanden habe, sich zu vermarkten und dem Geld nachzujagen, dann kann er sich
nicht abbeuteln wie ein nasser Hund, in der sicheren persönlichen Gewissheit,
dass sein Erfolg aus Zielstrebigkeit und harter Arbeit resultiert. Nein, dann fühlt
er sich bitterböse missverstanden. Solche Verletzungen sitzen tief, tun richtig
weh und schwären lange vor sich hin. Sensibler, als man glaubt, der berühmte,
selbstbewusste Bobby Schenk.
Goldene Jahre.
Heute
lebt er auf seiner Privilege 465 (seinem ersten Katamaran) in Langkawi,
Malaysien, einer Gegend, die Schenk als Paradies für Langfahrtyachten
bezeichnet. Keine Kriminalität, keine Schikanen durch die Behörden, keine
Hurrikans, dafür jede Menge Ellebogenfreiheit und sichere Ankerplätze, bestens
ausgestattete Marinas, intakte Natur und eine Bevölkerung, deren Herzlichkeit
ihn immer wieder rührt. 2000 ließ sich Schenk bei der bayerischen Justiz
freistellen, seit 1. Juni 2002 ist er offiziell im Ruhestand, persönlich für
seine Leistungen bedankt übrigens von Staatsminister Weiß. Die über viele
Jahre verdiente Pension fließt verlässlich, finanzielle Sorgen gehören damit
der Vergangenheit an. Fad ist dem Schenk als Rentner nicht. Am Schiff gibt es
immer was zu basteln, Törns zu den umliegenden Inseln und Inselchen, aber auch
nach Thailand, Vietnam oder Kambodscha sorgen für Abwechslung. Und in
Deutschland ist er ein gefragter Vortragsredner, nicht nur zu maritimen Themen,
sondern auch bei Motivationsseminaren großer Firmen. Seine Homepage
www.bobbyschenk.de, die seit sieben Jahren online ist und eine äußerst
umfassende Sammlung aller nur denkbaren Themen für Blauwassersegler bereithält,
betreut er mit der ihm eigenen Akribie und Gewissenhaftigkeit. Mindestens einmal
pro Woche (kein Urlaub, keine Fehlzeiten!) gibt es ein Update, ausführlich
beantwortet er alle Fragen der Rat suchenden User. Eine Art Hobby, an dem er
besonders schätzt, dass ihm niemand dreinquatscht und er in Alleinherrschaft
Inhalte und Umfänge bestimmen kann. Manna vermutlich für einen, der sich seit
über 30 Jahren mit Verlegern, Lektoren und Chefredakteuren rumplagt …
„Ich habe nie einen Weg
eingeschlagen, ich hab mein Leben lang das Gefühl gehabt, schon auf dem Weg
sein.“
Ihm zur Seite steht, wie immer, Carla.
Carla, die Apothekerin, Weltumseglerin, Kap-Hoornière. Zierliche Gestalt,
starker Charakter. Die Frau, die Schenk 1965 mit dem Gelöbnis geheiratet hat,
viele gemeinsame Reisen zu unternehmen; ein Versprechen, das wahrlich
eingehalten wurde. Carla aus Pommern, die mit ruhiger Selbstverständlichkeit
all seine Ziele und Interessen teilte, keinen Kinderwunsch äußerte, im Alter
von 58 Jahren den Pilotenschein erwarb und nie an ihrem Bobby zweifelte.
Respektlose Worte von ihm über sie wird man nicht hören; Umsicht und Fürsorge
prägen heute sein Verhältnis zu ihr, so hat man zumindest den Eindruck.
Kennen gelernt haben sich die beiden übrigens
beim Tischtennis, einer Disziplin, in der es Carla zu mehreren Meistertiteln
gebracht hat. Er sah sie und verliebte sich. Wir dürfen annehmen – bis über beide
Ohren.
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