Ich bin mit meiner Aida 24 Jahre lang um die Welt gesegelt, viele Jahre auch als Einhandsegler. Leider habe ich mein Schiff am 30. Januar im Indischen Ocean verloren. Es könnte heute vielleicht noch vorhanden sein, wenn ich mich nicht so sehr am Anfang auf die Feuerbekämpfung konzentriert hätte, sondern den Generator ausgeschaltet und die Batterien getrennt hätte.

Großes Glück hatte ich, dass ich die Gefahr vom Kohlenstofmonoxid während des Feuers erkannte und mir hier keine fatalen Fehler mehr unterliefen. Nach Aussage des Gutachters von Pantaenius hat der Körper keine Sensoren für CO, man bemerkt es nicht. Nach zwei Atemzügen fällt man um und steht nie wieder auf. Um diese Erfahrungen anderen Seglern zugänglich zu machen, schicke ich Ihnen diesen Bericht. Denn das kann jedem Yachtsmann zustoßen!


Feuer an Bord - Leben gerettet, alles verloren

von Harald Katschke

 

Ablauf der Katastrophe - Theorie und bittere fast tödliche Praxis

Um 6:00 habe ich die Bucht Ensada Do Simuco (Mozambique) unter Motor/Groß u. Focksegel verlassen. Der Generator war eingeschaltet um den Kühlschrank herunter zu kühlen. Leichte Winde 8-10 kn. 110-120 Grad scheinbarer Wind. Dazu habe ich einen höheren Kurs gefahren als die vorgegebene Route, damit die Segel stehen. Nach dem ich den geeigneten Punkt erreicht hatte, um die Passatsegel zu setzen, bin ich auf das Vordeck und habe die Passatbäume angeschlagen. Beim Vor- und Zurücklaufen, um die Schoten anzuschlagen bemerkte ich noch, dass die Hauptmaschine ausgegangen war, habe dem in diesem Moment aber keine weitere Beachtung geschenkt, weil inzwischen der Wind soweit aufgefrischt hatte, dass das Schiff ruhig unter Segel lief. Als ich mit allem fertig war und in das Deckshaus kam, bemerkte ich, dass Rauch aus einer kleinen Service Türe, am Niedergang zur Küche, unter dem Kartentisch heraus kam. Direkt neben dem Niedergang waren zwei 10-Kilogramm-Feuerlöscher neben dem Steuerrad befestigt. Einen dieser Feuerlöscher nahm ich aus der Halterung, hatte dann aber ein wenig Probleme um die Sicherungsplombe zu entfernen.

Hilflos mit großen Feuerlöschern in der Hand

Als ich die Türe öffnete kam schon stärkerer Rauch aus dem dahinter liegenden Raum, ich sah aber keine offene Flamme. Nach dem ich den ganzen Feuerlöscher dort hinein entleert hatte, hörte die Rauchentwicklung auch auf und ich schloss die Türe, weil nun das Löschpulver herausquoll. Nach Öffnen der Türe, ca.1 Minute später gab es eine Verpuffung und nun kam richtig viel Qualm aus der Türe.

Mit einem Mal spürte ich, dass mir vom Rauch schwindelig wurde. Auf dem Niedergang stehend senkte ich den Kopf zum Fußboden, um dort bessere Luft einzuatmen. Was aber nicht zu Besserung führte. Schon etwas in Panik eilte ich zur Türe heraus an die frische Luft und atmete erst mal richtig durch. Die Rauchentwicklung stieg dramatisch schnell an. Mit Schrecken stellte ich fest, dass bei dieser Rauchentwicklung ein zweiter Löschversuch nicht mehr möglich war.

Was muss gerettet werden? 

Nun stellte sich die Frage, was kann ich noch retten, was brauche ich zum Überleben?
Einen kurzen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, wenigsten Goldmünzen und Bargeld, welche für den Notfall im Tresor waren, zu holen. Gott sei Dank probierte ich es bei der stetig wachsenden Rauchentwicklung nicht: Das Kohnlendioxyd hätte mich nicht mehr das Schiff verlassen lassen.

Unter dem Sitz vor dem Steuerrad war ein großer Eimer mit Deckel. Also schnell Luft holen, schnell hinein, zwei VHF Handfunkgeräte aus der Ladehalterung in den Eimer, gefolgt vom Telefon auf dem Kartentisch, iPad vom Sofa und nichts wie raus aus dem Ruderhaus!

Als Taucher und vom Harpunen-Fischen bin ich es gewohnt Luft anzuhalten. Aber mit Verwunderung stellte ich fest, dass ich in dieser Situation nicht mehr in der Lage war, die Luft mehr als ein paar Sekunden anzuhalten.

Panik kommt auf

Der Gedanke an die drei Propangasflaschen, auf der Außenseite der Box, aus der der Rauch entwich, verstärkte meine aufkommende Panik.

So schnell es ging, lief ich zum Heck des Schiffes, riss die GPS-Rettungsboje aus der Halterung, stieg hinunter auf die Plattform, zog das Dingi heran und sah zu, dass ich eine sichere Entfernung zum Boot bekam, bevor die Gasflaschen explodieren würden.

Leichter Seegang empfing mich, es war kein Problem mich dort im Dingi in sicherer Entfernung zu halten. Als erstes habe ich die Position über das iPhone ermittelt und dann über Kanal 16 Mayday Mayday Mayday........... gerufen. Keine Antwort!

Nebenbei aktivierte ich die Seenotboje und machte Fotos. Nach etwa drei Stunden war mein schönes Schiff bis zur Wasserlinie heruntergebrannt, aber es wollte nicht sinken. Anscheinend hatten der doppelte Rumpf und die leeren Wasser-Tanks immer noch genügend Auftrieb.

Vom Land sah ich nur noch einen ganz kleinen Punkt am Horizont und schwere Regenwolken hatten sich an Land gebildet. Schweren Herzens habe ich den Unglücklichsort verlassen.

Kanal 16 muss Rettung bringen!

Viele Male hatte ich in den vergangenen drei Stunden über Kanal 16 Mayday gerufen, ohne eine Antwort zu bekommen. Der Wind hatte zugelegt und die Wellen wurden mit mit einem Mal auch sehr unangenehm, weil von quer achtern. So, dass ich manchmal nur mit halbem Gas, um Benzin zu sparen, mit geschätzten über 30  Knoten von den Wellen dahingeschoben wurde, um im nächtsen Wellental brutal abgebremst zu werden. Alle halbe Stunde stoppte ich den Motor, um wieder Kräfte zu sammeln und Mayday zu rufen. Nach eineinhalb Stunden erblickte ich ein Container-Schiff, das unter Land fuhr. Ich stoppte das Dingi, um wieder Mayday zu rufen, bekam aber erneut keine Antwort, obwohl sie mich jetzt sicher hören mussten. Eine halbe Stunde später stellte ich neben dem Frachter fahrend fest, dass die Besatzung mich von der Brücke mit dem Fernglas beobachtet hat. Nach wiederholtem Not-Handzeichen kam dann der Kapitän auch auf Kanal 16, gab mir aber nur zu verstehen, dass sie nicht die Zeit hätten, mir zu helfen und der Hafen Nacala ja auch nur noch drei Seemeilen entfernt sei.

Es waren dann aber wohl doch noch mindestens 10 Seemeilen und eine weitere Stunde mit dem Dingi. Ohne dieses stabile NAJAD-Dingi mit Aluminium Doppelrumpf mit starken Auftriebs-Luftkammern, sowie einem starken Außenborder, wäre dies auch nicht möglich gewesen.

Geschafft - Leben gerettet, alles verloren!

Gegen drei Uhr hatte ich es dann doch geschafft, die schmale Einfahrt zum Hafen Nacala zu passieren. Mit letzten Kräften klappte ich den Außenborder hoch und genoss es, dass junge Leute mein Dingi auf die Beach zogen. Hilfsbereite Anwohner besorgten mir trockene Kleider und heißen Kaffee.

Da ich über meine Satelliten- Seenotboje einen Notruf abgesetzt hatte, telefonierte ich später mit meinen Angehörigen, um entsprechende Nachrichten an das MRCC in Bremen und Maputo weiter zu leiten.

Gegen 18:00 Uhr rief mich ein Offizier von der Maritime Administration in Nacala an und bestellte mich am nächsten Morgen um neun Uhr in sein Büro. Dort wurde ich einer drei Stunden währenden intensiven Befragung unterzogen, über alles, was ich vor, während und nach dem Feuer gemacht habe, ebenso über die Ausrüstung des Schiffes, über welche Feuerlöschsysteme, Sicherheitsausrüstung etc. das Schiff verfügt hat. Es wurde schlichtweg alles in Frage gestellt und es wurde intensiv versucht, etwas zu finden, was sich als eventuelle Lüge hätte interpretieren lassen können. Da mir die weite Strecke zum Land mit dem Dingi auch nicht abgenommen wurde, wurde eine anschließende Ortsbesichtigung angeordnet. Erst nach derselben wird mir endlich Glauben geschenkt und die offizielle Seite wurde sehr freundlich und hilfsbereit.

Zwei Tage später wurde mir die Tragweite dieser Befragung nach einem Gespräch mit einem anderen Segler, der sein Boot nach Mocambique importiert hatte, bewusst. Die Maritime Administration hatte ein Problem mit meinem nicht sinkenden Schiff, denn bei Untergang des Schiffes auf Mocambique Grund wären 95% Einfuhrsteuer plus MwSt. fällig gewesen. So aber konnten keine Forderungen gestellt werden.

Da ich weder Pass noch Visum besaß, war ich dann auch nicht unglücklich, dass mir nach Erhalten eines Übergangspasses von der Deutschen Botschaft kein Visum mehr erteilt wurde und ich Mocambique mit dem nächsten Flugzeug verlassen musste.

Nicht aus zudenken, wenn der ausgebrannte Rumpf doch noch an Land gespült worden wäre.
Nach dem Studium der Stromkarten ist davon auszugehen, dass der Rumpf die ganze Küste Afrikas nach Süden passieren und in der Antarktis seine letzte Ruhe finden wird.

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