EU-Mehrwertsteuer(2) legal vermeiden bei Schiffkauf!
Von
Kerstin Pieper und Hans Schubert, Weltumsegler
Fallbeispiel: Kauf einer Yacht für die Karibik! Heike (47) und Stefan (59) M. aus Dingolfing hatten lange auf diesen Moment gewartet – hinter
ihnen lag eine erfolgreiche berufliche Karriere als Unternehmer-Ehepaar in der Pharmaindustrie und vor Ihnen der Traum von einem Leben an Bord der eigenen Yacht.
Um möglichst viel Komfort an Bord zu genießen, entschlossen sich die beiden zum Kauf eines 44 Fuss großen Katamarans eines renommierten französischen Herstellers.
Da die Reise u.a. in die Karibik führen soll, riet Ihnen der Händler zu einer „Ausfuhrlieferung gemäß §6 (1) Umsatzsteuergesetz nach Gibraltar; damit ließe sich die EU-Umsatzsteuer in Höhe von immerhin 96.000.- Euro für das Neuschiff sparen“.
Diese Vermeidung der Umsatzsteuer erschien den beiden natürlich sehr verlockend - aber geht das denn legal, und worauf ist bei der Vermeidung der Zahlung der EU-Mehrwertsteuer zu achten?
Hier die Antworten zu diesem Themenkomplex. Siehe auch den zu dieser Thematik
passenden Artikel von den gleichen Autoren EU-Mehrwertsteuer (1) – die fiesen Tricks der Verkäufer!
Grundregel für die EU-Mehrwertsteuer
„Möchte ein deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz innerhalb der EU seine Yacht privat innerhalb der EU nutzen, ist beim innergemeinschaftlichen Erwerb die EU-Mehrwertsteuer im Bestimmungsland fällig. Dies gilt sowohl für den Neu- als auch für den Gebrauchtboot-Kauf.“
In dieser Grundregel steckt einiges an Informationen für die Vermeidung der EU-Umsatzsteuer: Der Wohnsitz definiert den Steuersitz des EU-Bürgers; private oder gewerbliche Nutzung bestimmen den Steuerstatus; darüberhinaus entscheidet die Wahl des Bestimmungslandes über die prozentuale Höhe der EU-Umsatzsteuer.
Der
Mehrwertsteuersatz ist je nach Land verschieden. Darüberhinaus ändern sie sich
von Zeit zu Zeit, sodass es empfehlenswert ist, die aktuellen Sätze zumindest
übers Internet abzufragen. Ein paar Beispiele für die derzeitigen (September
2014) Prozentsätze: Azoren
und Madeira 16%
Spanien 21%
Finnland 24%
Griechenland 23%
Italien 22%
Frankreich 20%
Schweden 25%
Ungarn 27%
Wie
man sieht, sind die Unterschiede nicht unerheblich. Wenn man fast 10% bei einem
Einklarieren auf den Azoren sparen kann, sind das bei einem neuen 40-Fuß-Schiff
dann schon an die 20 bis 30 Tausend Euro. Mehrwertsteuerregelungen
klingen kompliziert - und sind es auch. Ohne professionelle Hilfe dürfte der steuerlich unerfahrene Yachtkäufer vermutlich „auf die Nase fallen“ beim Versuch, die EU-Mehrwertsteuer legal zu vermeiden.
Möglichkeiten der Steuervermeidung
Bei der Bewertung der steuerlichen Situation sind zwei Aspekte besonders hervorzuheben: Handelt es sich bei dem zukünftigen Eigner um einen Staatsbürger mit Wohnsitz/Steuersitz innerhalb oder außerhalb der EU; und wird das Schiff innerhalb oder außerhalb der EU registriert bzw. genutzt?
Das Diagramm verdeutlicht den Sachverhalt:
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Wie man aus der Graphik erkennen kann, gibt es mehrere legale Möglichkeiten die EU-Umsatzsteuer beim Kauf einer Yacht zu vermeiden:
1. Gewerbliche Nutzung der Yacht
Wird die Yacht nicht privat sondern gewerblich genutzt, besteht die Möglichkeit des steuerfreien Erwerbs. Beispiele für eine gewerbliche Nutzung sind „Kaufcharter-Modelle“ und spezielle „Leasing-Verträge“.
Für die Dauer der gewerblichen Nutzung entfällt die EU-Mehrwertsteuer; erst beim endgültigen Verkauf der Yacht ist diese zum Zeitwert im Bestimmungsland zu versteuern.
Bei beiden Modellen muss allerdings die gewerbliche Nutzung dominieren; eine private Nutzung darf nur unerheblich sein bzw. ist in einigen EU-Ländern gänzlich ausgeschlossen.
Darüberhinaus ist in einigen EU-Ländern die Gründung einer Kapitalgesellschaft zwingend erforderlich, um eine Verrechnung eventueller „Anfangsverluste“ mit anderen Einkommensarten zu verhindern.
Entscheidet das zuständige Finanzamt nach einiger Zeit, dass eine private Nutzung („Liebhaberei“) dominiert, kommt es nachträglich zu einer Besteuerung.
In diesem Fall wird nicht nur die ursprüngliche Mehrwertsteuer fällig; hinzu kommt noch die Aberkennung der angefallenen Kosten und die volle Versteuerung der Einnahmen – eine sehr teure Angelegenheit!
2. Registrierung im EU-Ausland („Ausflaggen“)
Unter dem „Ausflaggen“ einer Yacht versteht man die Registrierung eines Bootes im Drittlandsgebiet. Hierbei wird ein Land für die Registrierung ausgewählt, welches Schiffe zu einem niedrigeren Steuersatz taxiert als innerhalb der EU bzw. als steuerfrei einstuft.
Bekannt hierfür sind Staaten wie Panama, Gibraltar und die Britischen Kanalinseln, aber auch der amerikanische Bundestaat Delaware.
Die Kosten für ein „Ausflaggen“ unterscheiden sich erheblich und reichen von jährlich ein paar Hundert Euro bis zu fünfstelligen Euro-Beträgen bei hochpreisigen Mega-Yachten inklusive der Gründung einer Kapitalgesellschaft mit Treuhänder und Jahresbilanz.
Beim „Ausflaggen“ bleibt ein gewisses Restrisiko - nämlich dass ein EU-Land bei einer Kontrolle einem EU-Staatsbürger mit Wohnsitz innerhalb der EU unterstellt, dass die „Ausflaggung“ der Yacht ausschließlich der Vermeidung der EU-Mehrwertsteuer diene und somit rechtswidrig sei. Dieser Vorwurf kann einen langen und teuren Rechtsstreit gegen den jeweiligen Staat nach sich ziehen mit ungewissem Ausgang.
3. EU-Ausländer und 18 Monate Regelung
Eine dritte Möglichkeit der Steuervermeidung innerhalb der EU besteht, wenn der Eigner steuerlich „EU-Ausländer“ ist. In diesem Fall hat der EU-Staatsbürger seinen dauerhaften Wohnsitz außerhalb der EU gewählt und seine Yacht in einem Drittland registriert.
Lebt z.B. ein deutscher Staatsbürger in den USA und hat dort seinen dauerhaften Wohn-/Steuersitz, kann er innerhalb der EU eine Yacht steuerfrei erwerben und dort benutzen. Erst bei der Einfuhr der Yacht in die USA werden Steuern zum Zeitwert fällig.
Allerdings darf sich die Yacht maximal 18 Monate ununterbrochen in EU-Gewässern aufhalten; danach gilt die Yacht als innerhalb der EU „in den Verkehr“ gebracht und muss versteuert werden. Ein kurzzeitiges Verlassen der EU genügt jedoch bisher um eine erneute
18 Monate Aufenthaltsdauer für das Schiff zu erlangen.
Zusammenfassung
Gewerbliche Nutzung, Registrierung im EU-Ausland und Wohnsitz im EU-Ausland sind legale Möglichkeiten die EU-Mehrwertsteuer zu umgehen. Bei allen drei Varianten sind die aufgezeigten „Steuerfallen“ zu beachten und man sollte sich durch versierte Spezialisten vorab beraten lassen!
Wer die gesamte steuerliche Problematik umgehen möchte, kann in den „sauren Apfel“ EU-Mehrwertsteuer beißen und die Steuer einmalig bezahlen.
Danach kann die Yacht überall unbeschwert eingesetzt werden – und beim Verkauf innerhalb der EU ist der Hinweis „EU-Mehrwertsteuer bezahlt!“ ein gewichtiges
Verkaufs-Argument.
Wie endete nun das Fallbeispiel vom Anfang dieses Artikels?
Heike und Stefan M. entschieden sich für die von ihrem Händler vorgeschlagene Ausfuhrlieferung gemäß § 6 (1) UStG nach Gibraltar. Da die britische Enklave am Fusse des berühmten Affenfelsens umsatzsteuer-rechtlich Drittlandsgebiet ist, nahmen die beiden Segler ihren neuen Katamaran dort ohne EU-Mehrwertsteuer in Empfang.
Jedoch konnten sie nicht in die EU einreisen ohne steuerpflichtig zu werden!
Deshalb segelten sie von Gibraltar über die modernen marrokanischen Marinas von Rabat und Agadir nach Las Palmas auf Gran Canaria. Die Kanaren gehören zwar territorial zu Spanien, umsatzsteuer-rechtlich sind sie jedoch ebenfalls Drittlandsgebiet.
Ende November werden Heike und Stefan mit der „Atlantic Rally for Cruisers“ (ARC) über den Atlantik in Richtung Karibik segeln; 2.780 Seemeilen trennen sie noch von ihrem Zielhafen Rodney Bay in St. Lucia.
„Fair winds and following seas!“
Hinweise zu den Autoren, die mit ihrem Katamaran „Cinderella“ 10 Jahre lang erfolgreich die Welt umsegelt
haben - siehe „Who’s who“.
Nach dem Verkauf ihres Schiffs haben Sie die Firma KPYM Yacht Management (www.kpym.de) gegründet.
Zukünftige Fahrtensegler können sich von Kerstin und Hans in allen Fragen rund um ihre Yacht kompetent und zuverlässig beraten lassen (pieperkerstin@gmx.de).
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