Das segelnde Klassenzimmer

 - die Weltumsegelung der Kiwitt (11)

Trinidad und Tobago


Wir hatten das Schiff noch nicht ganz aufgeklart, da bekamen wir schon Besuch. Reimer und Christina, zwei Deutsche, die mit ihrem Wharram Katamaran in der Bucht lagen, begrüßten uns und erklärten, wo die Behörden sind. Die Man O’War Bay war traumhaft schön. Die umliegenden Berge hatten kräftig grün bewachsene Hänge und in ihrer Mitte den kleine Ort Charlotteville, der einen einladenden Eindruck machte. An Land gingen die Formalitäten ohne Probleme über die Bühne und wir durften uns frei bewegen.

Tobago ist toll und falls ich noch einmal den Atlantik überquere, werde ich direkt dorthin fahren. Mir persönlich gefiel es viel besser als Barbados, aber das ist sicher Geschmackssache, denn viel zu kaufen oder zu erleben gab es in Charlotteville nicht. Ein paar kleine Läden in dem beschaulichen Ort, aber eben auch kaum Trubel und so gut wie keine Touristen. Mal abgesehen von den paar Seglern. Allerdings gab es in dieser Idylle auch keinen Geldautomat und so unternahmen wir bald einen Ausflug nach Scarborough, dem Hauptort. 
Den technischen Fortschritt am anderen Ende der Insel nutzten wir sofort um zu Hause anzurufen und E-Mails zu schreiben. Ein kleines Internetcafé hatte Charlotteville zwar, allerdings war die Internetverbindung dort so gemächlich wie der Rest der Stadt. Die Startseite meines E-Mail-Accounts brauchte über 5 Minuten zum Laden und wenn dann tatsächlich die neuen E-Mails angezeigt wurden, brach die Verbindung immer wieder zusammen. Wir erledigten noch ein paar Einkäufe und verließen Scarborough auf demselben Weg, den wir gekommen waren: mit dem Bus. Nur, dass das am Morgen in Charlotteville irgendwie einfacher war, denn dort gab es nur eine Verbindung. In Scarborough den richtigen zu finden, dauerte dann doch etwas länger. 

Zurück auf der Kiwitt schälte ich die Brotfrucht, die wir mittags auf dem Markt gekauft hatten. Heikes Abendessenswunsch waren nämlich Kartoffelklöße beziehungsweise in unserem Fall Brotfruchtklöße. Ich hatte keine Ahnung, ob das funktionieren würde, denn es war unsere erste Brotfrucht. Allerdings hatte ich auch noch nie Kartoffelklöße gemacht, da konnte ja eigentlich nichts schiefgehen… Wider Erwarten klappte alles wie am Schnürchen und Heike bekam ihre Kartoffelbrotfruchtklöße. Von innen waren sie ein wenig pappig, wobei ich nicht sagen kann, ob es an der Brotfrucht oder an meiner mangelnden Kloßerfahrung lag. 

Die Tage kamen und gingen. Wir schauten uns die Insel an, wanderten und genossen die Natur. Auch ein Strandtag in einer kleinen Bucht stand auf unserem Programm. Da dort aber ein enormer Schwell war, ankerten wir weit ab vom Strand und schwammen, unsere Sachen sicher in einem Fass verstaut, an Land. Für diese Mühe wurden wir mit einem einsamen, vielleicht 50 m langen weißen Sandstrand belohnt, der rechts und links von Klippen eingerahmt war. Ein kleiner Bach floss aus dem leuchtend grünen Wald und suchte sich seinen Weg zum Meer. Am Waldrand stand Bambus, der bestimmt 15 m hoch in den Himmel ragte. Wir folgten dem Wasserlauf ein Stück in den Wald hinein und bereits nach wenigen Metern standen wir mitten im Dschungel. Überall wuchsen Blumen, die man von zu Hause nur aus dem Gewächshaus kennt und das in Größen, die ich mir bis jetzt nicht vorstellen konnte. Der kleine Wasserfall bot uns eine willkommene Abwechslung zu den sonst salzhaltigen Duschen an Bord. Den größten Teil des Tages verbrachten wir mit Lesen, Baden und Faulenzen am Strand und natürlich damit, uns über unser kleines tropisches Paradies zu freuen.

Am nächsten Morgen beschloss ich, mein Glück mit der von Reimer geliehenen Harpune zu versuchen. Der Platz war gut und es gab jede Menge Fische, aber leider war ich sehr erfolglos und nach stundenlangem Probieren fuhr ich etwas deprimiert zur Kiwitt zurück. Optimistisch wie ich vorher war, hatte ich Heike Fisch versprochen.

Die Tage auf Tobago verstrichen schnell und irgendwann ging es weiter nach Trinidad. Reimer hatte uns mit einer Batterie Starthilfe gegeben und so ließen wir den Motor auf der kurzen Etappe laufen, um sicher in Chaguaramas auf Trinidad einlaufen zu können. Wie entspannt Segeln ist, merkt man immer erst dann, wenn mal eine Weile der Motor läuft. Alles ging glatt und am nächsten Morgen fiel der Anker in Chaguaramas. 

Um uns herum lagen jede Menge Yachten und an Land erstreckte sich ein Mastenwald soweit das Auge reichte. Chaguaramas ist einer der Hauptanlaufpunkte zur Bootsreparatur und Überholung für Yachten weit und breit. Hier hofften wir alle unsere Erledigungen machen zu können und unsere Liste war lang: ein Stück neuer Auspuffschlauch, ein neues Aluminiumrohr für den Spinnakerbaum, Zündkerzen für den Außenborder, ein neuer Wassertank, neue Batterien, Epoxidharz, und, und, und. Also machten wir uns auf den Weg zu den Yachtzubehörgeschäften um die Preise zu vergleichen. Der teuerste Posten auf unserer Liste waren zwei neue Batterien, eine große 120Ah zur Versorgung und eine kleinere 75Ah zum Starten des Motors. Schnell hatten wir einen guten Anbieter gefunden, mussten aber fünf Tage Geduld aufbringen. So lange wollten wir eigentlich nicht bleiben. Aber ändern konnten wir es nicht und es gab ja noch genug zu erledigen und einiges zu reparieren. Wir trafen auch Wilfried und Elke, zwei Deutsche, die wir schon seit den Kanaren immer mal wieder getroffen hatten. Sie hatten ihre Macoma an Land gestellt um das Unterwasserschiff von Grund auf zu erneuern. Wir waren also nicht die einzigen, die immer wieder was zu reparieren hatten. So ein Boot ist eben ziemlichen Belastungen ausgesetzt.

Die fünf Tage verstrichen letztlich doch schneller als gedacht. Die Reparaturliste war und blieb unheimlich lang, denn immer, wenn ich oben einen Punkt streichen konnte, fügte ich unten zwei neue hinzu. Das ist wirklich wie verhext, aber Langweile kommt so nicht auf. Irgendwann waren die Batterien da und das Leben mit der Petroleumlampe hatte endlich ein Ende. Man kann sich gar nicht vorstellen wie angenehm es ist, das Licht einschalten zu können, ohne erst ein Streichholz suchen zu müssen. Wir nutzten die Petroleumlampe zwar häufig um die Batterie zu schonen, aber im Dunkeln einfach mal eben aufs Knöpfchen drücken zu können, damit es hell wird, ist schon eine Steigerung der Lebensqualität. Mit der neuen Batterie sprang der Motor beim ersten Versuch an. Zuverlässig wie eh und je.

Auch unsere Zeit in Trinidad war damit abgelaufen und wir lichteten wieder einmal den Anker und richteten unseren Bug auf ein neues Ziel: Curaçao.