YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Seber Gülhamet
Sehr geehrter Herr Gülhamet,
Sie stellen sich das etwas zu
kompliziert vor mit dem Essen. Mal von extremen Schlägen abgesehen, dauern die
Ozean-Törns ja selten länger als 20 Tage. Man versucht natürlich, solange wie
möglich seine gewohnten Speisen auf den Tisch zu bringen. Also verproviantiert
man sich vor der Abfahrt so gut wie es eben der letzte Hafen oder Ankerplatz
zulässt. Plätze, wo man weder Obst noch Gemüse bekommt, sind heute selten
geworden. Anders sieht es mit Fleisch aus, das an vielen Orten gar nicht oder
mit erheblichen Einschränkungen zu bekommen ist. Also stellt man sich um,
notgedrungen, so gut es eben geht.
Hinzu kommt, dass es kaum noch
Yachten gibt ohne Kühlschrank, sodass man die Frischverpflegung schon auf 10
Tage oder so strecken kann. Und dann müssen die Konserven, beziehungsweise die
Spagetti ran. Nur ganz wenige Yachten ernähren sich vorzugsweise von Fisch. Das
liegt auch daran, dass man mit der Boots-Geschwindigkeit von 5 oder 6 Knoten
kein geeignetes Fischerboot ist. Hinzu kommt, dass man sich ja die Route nicht
nach den Fischschwärmen, sondern nach Wind, Wetter und direkter Kurs zum Ziel
aussucht.
So kann es dann tatsächlich
passieren, dass man wochenlang keinen Biss hat. Auf vielen Yachten ist die
Fischerei auch ein wenig Spielerei. Man schleppt halt die Angel nach und hat
einen Festbraten, wenn mal eine fette Makrele beißen sollte. Von kapitalen
Fängen, wie einem 100kg-Schwertfisch auf Yachten hab ich noch nie gehört. Aber
immerhin: Oft sind die Fische, die angebissen haben, vielfach zu groß für eine
einzige Malzeit. Weitere Verwendungsarten für die Essensreste gibt es
zahlreiche, vom Einwecken bis zum Vorkochen. Am besten ist natürlich der dran,
der - gar nicht mal so selten - eine Tiefkühlanlage an Bord hat. Da ist die
Weiterverwertung der Überbleibsel natürlich kein Problem. Aber auch derjenige
mit einem leistungsfähigen Kühlschrank, kann den Fisch sicher noch ne Woche
strecken. Nebenbei: Wussten Sie, dass der "fangfrische Rotbarsch aus dem
Nordmeer" unter Umständen schon 18 Tage auf Eis gelegen hat, also nicht
einmal tiefgekühlt wurde, bevor er überhaupt in den Fischladen gekommen ist?
Da wir, Carla und ich, keine
begeisterten Angler sind - uns stört vor allem die Abschlachterei - wird auf
der THALASSA schon lange nicht mehr gefischt. Ölsardinen aus der Dose mit
Zwiebeln und Zitronensaft drauf, schmeckt uns genauso gut wie die sagenhafte
Goldmakrele. Halt Geschmackssache...
Stichwort Alkohol: Es ist schon
richtig, dass man manchmal auf Segler trifft, denen man die Trinkerei
nicht nur an der roten Nase ansieht, sondern wo auch der Zustand des Schiffes
verrät, dass der Mann am Ende ist. Ja und? Ein kurzer Spaziergang über den
Hauptbahnhof in München offenbart mir
Dutzende gestrandete Typen mit der Jägermeisterflasche in der Hand. Die
Sauferei hat mit dem Segeln nichts, aber auch gar nichts zu tun. Und wenn ich
mal wetten sollte, würde ich viel setzen,
dass in der Segelszene nicht mehr Alkohol fließt, als bei anderen
Gelegenheiten, wo Menschen gesellig zusammen sind und sich am Leben freuen. Gar
noch, wenn sie im Urlaub sind und die Sorgen zu Hause gelassen haben. Wie
verschrieen sind doch die berüchtigten "Herrentörns"! Aber geht es
abends in der Skihütte nicht häufig auch so "lustig" zu? Hat also
mit dem Segeln wenig zu tun.
Und der Sundowner? Ach gönnen Sie
uns doch den! Meist - jedenfalls ist das bei uns so und auch auf vielen anderen
Yachten - dient er ja dazu, den Tag zu beschließen. Unterwegs, um
zurückzuschauen auf die Tagesleistung, sich Gedanken über die Wacheinteilung
in der Nacht zu machen, sich in Ruhe zu überlegen, ob man noch die Segelfläche
für die Nacht verkleinern soll, ob man noch versuchen soll, einen neueren
Wetterbericht über Pactor zu holen und so fort.
Allerdings, wenn Sie mich so
direkt fragen, räum ich ein, dass bei schlechtem Wetter, gar bei Sturm, der
Sundowner schon etwas konzentrierter ausfällt als sonst. Anschließend aber
gehts ab in die Koje, beziehungsweise ins finstere Cockpit hinaus zum
Wachegehen.
Mast- und Schotbruch!
Bobby Schenk
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