YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von Sebastian Aisch
Sehr geehrter Herr Aisch,
danke für Ihren netten Brief.
Doch befürchte ich, dass Sie meine Antwort für nicht sehr befriedigend halten.
In einem täuschen Sie sich: Die Frage nach dem Geld ist das am häufigsten
erörterte Problem.
Manchmal frage ich mich, ob es
seglertypisch ist, dass häufig Fragen gestellt werden, deren Beantwortung nur
dann hoch eingeschätzt wird, wenn sie die persönlichen Erwartungen des
Fragestellers decken. Nehmen Sie als Beispiel die immer wieder, auch von Ihnen
gestellte Frage nach den Kosten einer Weltreise unter Segel: Wenn mich einer
danach fragt und gleichzeitig mich wissen lässt, dass er sich 1000 Euro im
Monat leisten könne, dann würde er gerne hören, dass man mit 995 Euro im
Monat gut auskommt.
Ich hab es auf verschiedene Weise
schon probiert: Einmal hab ich auf Wolfgang Hausner verwiesen, der damals von
einem Dollar am Tag gesprochen hat, ich hab auf das junge Ehepaar Schenk
verwiesen, das auf seiner Weltumsegelung vielleicht 500 Mark im Monat ausgegeben
hat und ich hab erwähnt, dass manche mit 2000 Euro im Monat nicht auskommen. Um
all den Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, hab ich mich in letzter Zeit auf
die Formel beschränkt, dass man ungefähr soviel braucht, wie zu Hause
auch.
Kritik hab ich immer bezogen. In
einem Buch hab ich sinngemäß gelesen, dass man mit viel weniger auskommen
kann, in einem anderen musste ich mir anhören, dass es verantwortungslos sei
(einige Briefeschreiber und Autoren lieben solche vorwurfsvollen
Formulierungen!), die Ausgaben so zu verharmlosen.
Dabei liegt es doch auf der Hand:
Eine allgemein gültige Antwort kann ich, kann niemand für alle geben! Stellen
Sie sich vor, ich würde Ihnen die Frage stellen: "Wieviel Geld brauch ich
(der Schenk) zum Leben?" Was würden Sie antworten? "Das müssen Sie
selber wissen!" Richtig!
Es liegt an jedem einzelnen, sich
selbst einzugestehen, mit wieviel Geld er auf einer Weltumsegelung auskommen
will. Ich mein, am aufschlussreichsten sind da meine Seiten
Who-Is-Who-im-Weltumsegeln - hier
klicken - , wo zwei Dutzend erfolgreiche Weltumsegler ehrlich nach(!)
einer Weltumsegelung Auskunft geben, was die Weltumsegelung sie gekostet hat,
mit wieviel Geld sie ausgekommen sind. Sven und Annett haben da in neuerer Zeit
sicher den Rekord mit 300 Euro pro Monat aufgestellt und dabei eine prima
Weltumsegelung hingelegt. Wenn Sie glauben, die nachahmen zu können, dann mache
ich Ihnen ein Kompliment und prophezeie, dass Ihre Weltumsegelung knappe 4000
Euro pro Jahr kosten wird.
Andererseits liegt die obere
Grenze so bei 2000 Euro pro Monat (und auch darüber), wobei ich die
Betreffenden so einschätze, dass dies auch ihr Lebenszuschnitt zu Hause ist.
Selbstverständlich gibt es Gegenden, in denen man was auf die Seite legen kann
und andere Gebiete, wo trotz aller Einschränkungen erheblich höhere Ausgaben
anstehen als erwartet. Wenn Sie mich zum Beispiel nach den Liegeplatzkosten
fragen, dann kann ich Ihnen hierzu auch detaillierte Angaben machen - die Ihnen
aber nichts helfen würden. Für mein Schiff hab ich in einer türkischen Marina
100 Euro bezahlt, während in einer malaysischen Luxus-Marina gerade mal 5 Euro
pro Tag fällig wurden - Strom, Internet und Wasser eingeschlossen. Aber Sie
stellen diese Frage nicht zu unrecht. Denn während man früher praktisch
ausschließlich kostenlos auf Ankerplätzen sich rumtreiben konnte, wird man
heute an zahlreichen Plätzen der Welt förmlich in die Marinas hineingezwungen.
Wer dort sich verweigert, dem kann es passieren, dass er sich zwar kostenlos auf
einem Ankerplatz wiederfindet, der aber mehr das Ambiente eines Elendsviertels
hat als ein Yacht-Liegeplatz.
Nun könnte man sagen, dass man ja
selbst in weiten Grenzen am Unterhalt einsparen kann, indem man vorzugsweise die
billigen Plätze aufsucht und die teuren meidet. So einfach ist dies heute nicht
mehr. An vielen preiswerten Orten wird schon über das Visum oder sonstige
Gebühren abkassiert, sodass am Ende die Bordkasse genauso in die Knie geht wie
an einem teuren Platz. Außerdem sind da geographische Gründe davor. Zum
Beispiel ist eine Weltumsegelung kaum möglich, ohne Französisch Polynesien
anzulaufen (das hat immerhin die Fläche von Europa), was als einer der
teuersten Plätze (auch als einer der schönsten) auf der Welt gilt. Wenn Sie
mal auf die Karte schauen, dann sehen Sie sofort, dass es an diesem Paradies
keinen Weg vorbei gibt.
Bei unserer Weltumsegelung vor
über 30 Jahren sind wir selbstverständlich mit viel weniger Geld ausgekommen
als jetzt. Das lag aber nicht an den geänderten Verhältnissen (früher war
nicht alles besser!), sondern schlicht und einfach an uns selbst. Ich kann mich
zum Beispiel an kaum einen Restaurant-Besuch erinnern, die waren bei einem
Budget von ein paar hundert Mark pro Monat nicht drin. Oder gar ein Heimflug
zwischendurch - gar nicht dran zu denken. So werden wohl die Kosten einer
Weltumsegelung auch durch die Sportlichkeit und - leider - auch vom Alter
bestimmt.
Zweiter Teil Ihrer Frage: Wie kann
man eine Weltumsegelung finanzieren? Kurze Antwort: Durch Arbeiten!
Vom Segelpoeten und Weltumsegler
Bernhard Moitessier stammt eine angeblich chinesische Weisheit, wie man reich
wird (oder wie man eine Weltumsegelung finanziert): Das geschieht in zwei
Schritten. Erster Schritt: Möglichst viel einnehmen - Zweiter Schritt: Nichts
mehr hinauslassen.
Einfach, gell? Nun sagen Sie (aus
Ihrer Sicht zu recht): Wie soll ich zu soviel Geld kommen durch Arbeit, das haut
nicht hin. Ich will nicht altklug sein, aber das haben sich die meisten Segler,
die später mit kleinem Budget um die Welt gesegelt sind, eben nicht lange
gefragt. Denken Sie an die erwähnten Sven und Annett. Die hätten auch sagen
können: "Jetzt sind wir gerade aus der DDR gekommen, haben kaum Geld und
sind auch noch zu jung, wie sollten wir jemals um die Welt segeln können?"
 Nein, sie haben eben nicht lange
gezögert und gefragt, sondern sie haben sich für 6000 Mark(!) ein altes
DDR-Stahlschiff gekauft, und sind losgefahren. Und sind um die Welt gesegelt.
Wie viele Bürger würden wohl hierzu sagen. "Aber das geht doch gar
nicht!" Womit sie recht haben, sie können das eben nicht.
Jetzt ist dieses sympathische Paar
wieder zu Hause, zurück in ihren erlernten Berufen als Elektroniker, haben
zweifachen Nachwuchs bekommen und können ihren Kindern einmal viel erzählen
und sicher viele selbst erlebte Lebensweisheiten mitgeben.
Ich hab das Beispiel von den
beiden gebracht, um zu zeigen, dass dies auch heute noch möglich ist. Zu oft
hab ich den alberen Spruch gehört, von den früher so guten Zeiten. Als Carla
und ich auf die Idee gekommen sind, um die Welt zu segeln, da hatten wir
lediglich ein paar Tausend Mark Ersparnisse, genau waren es 56000.-). Jahrelang
haben wir Mark auf Mark gelegt (Schritt eins der chinesischen Weisheit) und uns
eben den Farbfernseher oder gar das Auto nicht gekauft (Schritt zwei der
chinesischen Weisheit). Als es dann zum Absegeln war, haben wir beide unsere
Berufe gekündigt, aufgegeben. Wenn immer wieder behauptet wird, der Schenk
täte sich leicht, der sei als Beamter eben beurlaubt worden, so ist dies
einfach falsch. Was richtig ist, ich habe ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit
durch Kündigung ohne irgendwelche Rückversicherung aufgegeben, weggeworfen. Um
loszufahren, immer nach Westen.
Klar, ist es besser, eine reiche
Erbschaft zu erwarten, als sich für so ein Ziel abzurackern. Aber einen Trick,
wie man eine Weltumsegelung finanziert, kenne ich auch nicht. Doch einer fällt
mir ein: In Frankreich werden augenscheinlich großzügige Kindergelder bezahlt.
Und so trifft man häufiger auf Französische Familien mit vier oder fünf
Kinder an Bord, die gar kein Hehl daraus machen, dass sie ihre Reise aus den
Kindergeldern finanzieren. Aber für Sie kommt dieser Trick ja eher wohl nicht
in Betracht, denn dann müssten sie erstens Franzose werden und zweitens schon
jahrelang ein paar Vor-"Leistungen" erbringen.
Mit freundlichen Grüßen und viel
Erfolg für die Zukunft!
Bobby Schenk
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