YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Lieber Joachim A. Voltz,
die Frage ist berechtigt, sollte
sich aber in der Praxis kaum stellen, weil die Antwort auf der Hand liegt.
Schließlich haben Sie Ihr Radar nicht 24 Stunden am Tag - wie die Biggies -
laufen. Schon aus diesem Grund wird man sich in der Regel einen
Radarreflektor leisten. "Leisten" ist wohl zuviel gesagt, denn im
Vergleich zum Gesamtwert Ihres schönen Schiffes fällt seine Anschaffung nicht
ins Gewicht.
Darüberhinaus
gibt es Radarreflektoren, die sich sehr schön ins Rigg integrieren lassen.
Und deren Wirksamkeit?
Das ist eine gute Frage, weil Radarreflektoren in
ihrer Effektivität meist weit überschätzt werden. Eine deutsche
Segelzeitschrift hat mal Radarreflektoren auf der Ostsee getestet und dabei
festgestellt, dass ein hochgehaltener Kochtopfdeckel ebenso wirksam war, wie
einer der teureren Reflektoren. Was - nebenbei bemerkt - der Zeitschrift auch
einen dicken Gerichtsprozess eingebracht hat.
 Genaugenommen
lassen sich nämlich Radarreflektoren nur sehr schlecht für den Ernstfall
testen. Denn deren Wirksamkeit hängt in erster Linie von den Einfallswinkeln
der Radarstrahlen auf den Reflektor ab. Deshalb sind fast alle Reflektoren mit
möglichst vielen Ecken und Kanten ausgerüstet, um in jedem Fall ein gutes
Gesamtecho zu geben. Logisch bei Segelschiffen: Die Einfallswinkel hängen auch
von der Lage der Yacht ab, und von deren jeweiligen Bewegungen. So kann es
passieren, dass unter scheinbar gleichen Seegangsbedingungen der ganz billige
Reflektor ein gutes Echo abgibt und der teure momentan gar keines - oder eben
nur bei jedem zehnten Antennenumlauf des Radars, also dann, wenn der Wachhabende
gerade nicht auf den Schirm blickt. Auf der Yacht SOUTHERN SUMMIT wurden deshalb
zur Chancenverdoppelung gleich zwei Radarreflektoren ins Rigg eingebaut -
zusätzlich zum Radar der Stahlyacht(!).
So
ist es in jedem Fall dringend empfehlenswert - schließlich werden Ihre Chancen,
gesehen zu werden, mit einem Radarreflektor deutlich erhöht - zusätzlich
zum Radargerät, einen Reflektor zu fahren. Und so sieht man auf den Yachten der
erfahrenen Langfahrtsegler fast immer neben dem Radar auch einen Reflektor.
Viele Charterfirmen ersparen sich das allerdings, aus ihrer Sicht mit guten
Gründen: Der Radarreflektor trägt nicht unbedingt zur zur Eleganz der
Yachtsilhouette bei und im Charterbetrieb sind Yachten - seien wir mal ehrlich -
vor allem am Tage unterwegs.
Also zusammenfassend: Allzuviel Vertrauen in den
Radarreflektor ist nicht angebracht, doch lässt sich in Anbetracht des geringen
Kaufpreises auf Bayerisch sagen: "Nutzts nix, dann schadts nix!"
Übrigens: Wenn Sie Ihr Radar laufen haben, dann
werden Sie dadurch auf dem Bildschirm eines eventuellen Kollisionsgegners
keineswegs sichtbarer.
Noch
ein Tipp zum Schluss: Ich empfehle Ihnen als Kollisionsschutz eine weitere
zusätzliche Mimik, nämlich ein AIS-Gerät (Class-B-Empfänger). Da können Sie
auf dem Bildschirm (des Gerätes oder eines Computers) alle(!) Berufsschiffe (ab
300 BRZ) in ihrer Umgebung "sehen" und auch sofort feststellen, wem
Sie im Wege sind. Sie können sich dann sogar automatisch alarmieren lassen. Die
Berufsschiffahrt ist nämlich ab 300 BRZ ausrüstungspflichtig - weltweit. Die
Empfänger gibt es schon für ein paar hundert Euro und sind wohl der beste
Schutz vorm Überfahren werden - wenn man nicht schläft.
Fair Winds!
Bobby Schenk
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