YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Sehr geehrter Herr Guenter Ulrich ,
wenn Sie Ende Mai/Anfang Juni segeln, dann sind
sie zu einer günstigen Zeit unterwegs. Statistisch gesehen. Und es könnte
sein, dass Sie mit Ihrer Crew ankommen, bunkern und lossegeln. Und dass Sie
einen Traum-Atlantiktörn haben werden.
Könnte sein. Es ist aber auch nicht
unwahrscheinlich, dass Sie bei einer Schlechtwetterlage lossegeln und eins auf
die Mütze bekommen. Ihre Mitsegler werden sich bedanken...
Ich wollte einmal von Horta nach Gibraltar
segeln. Aber das Wetter war so widerwärtig (Sturm und Regen), dass ich es
vorgezogen habe, so eine Woche im Hafen zu bleiben. Sehr zum Unmut meiner Crew,
die ja nur beschränkten Urlaub hatte. Als es dann doch der Wind ein wenig
nachgelassen hatte - nicht viel, aber spürbar - hab ich mich von meinen
Mitseglern überreden lassen, doch auszulaufen. Es folgten 10 stürmische Tage
auf See, die meine Mitsegler nicht vergessen werden. Die Seekrankheit war
überall zu riechen und zu hören, das WC war kaputt, und die (gemischte) Crew benutzte abwechselnd die Pütz im Cockpit.
Es wurde ein einmaliges Erlebnis und die zu
Hause gebliebene Frau eines Mitseglers meint auch noch heute, ein
Vierteljahrhundert später, ihr Mann sei als veränderter Mensch
zurückgekommen. Wann immer wir uns treffen, schwelgen wir heute(!) in
Erinnerungen an diesen unvergesslichen Törn!
Aber mal aus seemännischer Sicht betrachtet: Es
war ein Fehler, unter diesen Umständen auszulaufen. Hätte ich noch eine Woche
gewartet, dann hätten wir ein friedliche Überfahrt mit günstigen Winden
gehabt. Auch dann würden wir uns heut gerne daran zurückerinnern, auch wenn
wir nicht so viele Stories zu erzählen hätten. Und genau das ist der Punkt, wo
meine Bedenken gegen Ihr Vorhaben einsetzen. Und wo ich Ihnen doch einen Tipp
geben dürfte:
Sie sollten mit der Möglichkeit rechnen,
entweder vor dem Auslaufen oder eventuell in Madeira tagelang im Hafen zu
bleiben, um auf gutes Wetter zu warten. Wenn Sie das wollen und sich das leisten
(zusätzliche Charterwoche!) können - o.k.! Wenn nicht, würde ich so einen
Törn nicht gerade mit Begeisterung, sondern mit einem flauen Gefühl im Magen
angehen.
Ich weiß, heute ist es üblich, mit einem
Segelschiff nach Fahrplan zu fahren. Schließlich hat man die Yacht für teures
Geld ab dem x.Mai 0 Uhr bis zum y.Mai 24 Uhr gechartert. Aber seemännisch ist
das gerade nicht. Ich bin in meinem Seglerleben nicht sehr häufig in schlechtes
Wetter geraten, obwohl ich mich auch in stürmischen Gegenden herumgetrieben
habe (Kaps der guten Hoffnung und Hoorn, Nordsee, Staten-Insel u.s.f.) geraten,
hab deshalb auch nie größere Schäden an meiner Yacht erlebt. Das ist sicher
keine Frage des Glücks, das würde nicht vier Jahrzehnte vorhalten. Ich führe
das in erster Linie darauf zurück, dass ich mich nie in einen strengen Zeitplan
pressen lassen hab. Genau das kann ich auch Ihnen raten.
Aber wie gesagt, Sie können, so der Wettergott
will, den Törn auch fahrplanmäßig bei günstigen Winden runtersegeln. Dann
werden Sie wohl sagen, der Schenk sei doch ziemlich ängstlich. Damit aber kann
ich ganz gut leben.
So oder so - Mast- und Schotbruch!
Bobby Schenk
zur
Home-Page
Page by Bobby Schenk
E-Mail: mail@bobbyschenk.de
URL of this Page is: https://www.bobbyschenk.de/quest/f179.html
Impressum und Datenschutzerklärung
|