YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Sehr geehrter Herr Ulbrich,
das ist eine sehr berechtigte Frage!
Als vor dreißig Jahren der Amateurfunk Einzug
auf den Langfahrtyachten hielt, waren seine Vorteile unübersehbar. Endlich
hatte der Yachtsegler einen Sender zur Hand, mit dem er auch tausende von Meilen
überbrücken konnte, ohne dass dessen Anschaffung den Skipper ruinierte und es
auch kleineren Yachten möglich war, den notwendigen Strom zum Senden mit
Bordmitteln zu erzeugen. Der Wermutstropfen damals war die Eintrittskarte in die
Welt der Radioamateure in Form einer recht schwierigen Prüfung, wobei die
meisten im Fach "Morsen" scheiterten.
Jedoch, die Zeiten haben sich geändert.
Einerseits ist das Morsen als Prüfungsfach gestrichen worden, andererseits gibt
es, soweit es die Kommunikation von der Yacht auf hoher See aus anbetrifft,
Ausweichmöglichkeiten, zu denen keine Amateurfunklizenz mehr nötig ist.
Betrachten
wir die Sache zunächst mal unter dem gesetzlichen Gesichtspunkt: Wenn sich
Yachtsleute auf bestimmten Amateur-Frequenzen regelmäßig zu einer Funkrunde
treffen, dann kann der Langfahrtsegler ohne Amateurlizenz daran nicht
teilnehmen. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn sich auf seinem
Transceiver (Kurzwellen-Sender/Empfänger) die betreffende Frequenz sendemäßig
"offen" befindet (was heute mit den meisten in der Praxis benutzten
Transceiver ohne weiteres technisch machbar ist).
Tatsache aber ist, dass sich heute die meisten
Funkrunden auf Nicht-Amateurfrequenzen abspielen, sodass zu deren Benutzung also
auch keine Amateur-Lizenz notwendig ist.
Auch
die Funk-Kommunikation mit der Heimat erfordert nicht unbedingt die Abwicklung
eines Funkgesprächs auf einer Amateurfunkfrequenz. Ein einfacher, freilich
nicht ganz kostengünstiger Ausweg, ist ein Satellitenhandy (Iridium), mit dem
sich von jedem Punkt der Erde ohne weitere Genehmigungen Telefon-Gespräche
abwickeln lassen, wobei die Minute rund einen Euro kostet. Der Vorteil
gegenüber dem Amateurfunk liegt auf der Hand. Außer der Anschaffung eines
Handys (runde 1000 Euro) bedarf es keiner weiteren Investition, zudem sind
derartige Gespräche hundertprozentig gesetzeskonform, was man von
Funkgesprächen eines Funkamateurs auf einer Yacht mit der Heimat häufig nicht
sagen kann. Denn "Nachrichten an Dritte", also zum Beispiel
Ersatzteilbestellungen sind nicht erlaubt, die Einspeisung des Funkgesprächs
ins Telefonnetz - jedenfalls nach deutscher Gesetzeslage - erst recht nicht.
Eine immer größere praktische Bedeutung gewinnt
der Email-Verkehr von Bord aus. Selbstverständlich steht uns noch kein
vernünftiger Internet-Zugang auf hoher See zur Verfügung. Daran wird sich auch
in den nächsten fünf bis 10 Jahren nichts ändern. Aber es ist heute ohne
weiteres möglich, unterwegs Emails zu senden und zu empfangen. Das Ganze wird
durch einen Trick ermöglicht. Der Text des Mails wird als Datenpaket per
Kurzwelle an eine Landstation mit Internetanschluss gesendet, die dann das Mail
automatisch ins Internet einspeist, beziehungsweise aus dem Internet runterlädt,
um uns die Daten auf die hohe See zu senden. AIRMAIL/WINLINK nennt sich das
ganze und es spielt sich auf den Amateurfunkfrequenzen ab. Und weil der
Amateurfunk keine Gebühren für die Nutzung seiner Frequenzen kennt, kostet der
Spaß auch nichts. Eine tolle Sache.
Aber die allein rechtfertigt es sicher nicht,
sich einer schwierigen Prüfung zu unterziehen. Denn auch Nichtamateure haben
die Möglichkeit, technisch auf ähnlichem Wege Emails zu empfangen und zu
senden. Nämlich mit SAILMAIL. Freilich nicht gebührenfrei, doch haben mir
bisher alle Segler gesagt, die Sache wäre ihnen die paar hundert Euro/Jahr
wert. Das ganze funktioniert technisch ähnlich wie WINLINK/AIRMAIL - mit dem
Unterschied, dass keine Amateurfunkfrequenzen, sondern andere
Kurzwellenfrequenzen benutzt werden. Die sich auf jedem modernen Transceiver
(Bild) befinden.
Also, Herr Ulbrich, für was brauch ich dann noch
eine Amateurfunkfrequenz, wenn ich auf Langfahrt bin? Wenn jemand mit der
Elektrotechnik nichts am Hut hat, und der recht anspruchsvollen Prüfung aus dem
Weg gehen möchte, dann kann ich ihm heute(!) nicht raten, Funkamateur zu
werden. Allerdings werden ihm ein paar wichtige Dinge entgehen, vor allem die
weltweite Gemeinschaft der Funkamateure und damit auch viele Freundschaften in
aller Welt.
Aber auf einen wichtigen Gesichtspunkt darüber
hinaus möchte ich doch noch hinweisen: Wenn sich jemand den Prüfungsmühen und
der notwendigen Vorbereitung auf die Amateurfunkprüfung unterzieht, dann
bekommt er so nebenbei eine recht gründliche Unterrichtung im Fach Elektronik
und Elektrik. Und das kann ja bei unseren heutigen, technisch hochgerüsteten
Blauwasseryachten nur von größtem Vorteil sein. Etwas, was man garantiert auf
Langfahrt dringend benötigt!
Mast- und Schotbruch!
Bobby Schenk, DK8CL
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