YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Lieber Herr Schlechtinger-Hoffmann,
ja, theoretisch sind Ihre
Überlegungen durchaus nachvollziehbar. Aber, wie es so oft im Leben ist, die
Praxis würde ganz schnell Ihre Überlegungen in das Reich der Träume
verweisen.
Eine kleine Einmaleins-Rechnung
zeigt dies schon auf: In den Tropen sollte man ca drei Liter Flüssigkeit pro
Tag aufnehmen. So wie sie mir schreiben, gehe ich mal davon aus, dass Sie ihren
Flüssigkeitshaushalt im wesentlichen mit Trinkwasser abdecken wollen.
Wir haben, wie schon öfters
darauf hingewiesen, so einen Hand-Watermaler in der Praxis, also in einer
Rettungsinsel, unter guten Wetterbedingungen einmal ausprobiert und dabei
festgestellt, dass man ca 10 bis 15 Minuten pumpen muss, um einen Trinkbecher
mit Wasser voll zu kriegen. Nebenbei: Es war körperlich nicht sehr anstrengend.
Wenn wir diesen praktischen Wert
zu Grunde legen, dann ergibt die Rechnung, dass Sie für einen Liter Wasser rund
eine Stunde pumpen müssen. Macht zusammen also drei Stunden Arbeit, um ihren
Flüssigkeitshaushalt abzudecken. Das gleiche könnten Sie auf einer
Atlantiküberquerung aber auch mittels zweier 30-Liter-Kanister voller
Süßwasser von den Kanaren erreichen. Stauraum? Geht kaum verloren, denn die
können Sie ja irgendwie auf dem Kajütdach befestigen, wie es übrigens die
meisten amerikanischen Langfahrtsegler mit ihren (zahlreichen) Trinkwasser - und
Dieselkanistern handhaben!
Gut, da hab ich den Gesichtspunkt
der Körperertüchtigung noch nicht berücksichtigt. Aber, bedenken Sie, dass
die Produktion von Süßwasser mittels eines Handwatermakers allenfalls ihre
Handmuskulatur beansprucht und auch das in sehr einseitiger Weise, was letztlich
doch nichts für ihr körperliches Wohlergehen bringt. Im übrigen brauchen Sie
sich auf Langfahrt da keine Sorgen machen, dass Ihr Körper versauert, denn als
Einhandsegler, das verspreche ich Ihnen, sind sie körperlich auf hoher See ganz
gut ausgelastet. Und wenn Sie sich sorgen, dass Ihr Körper zu wenig beansprucht
ist, dann kümmern Sie sich doch penibel um Ihren Segeltrimm mit den nötigen
Segelmanövern. Das ist ein erheblich besseres Training als den Watermaker zu
bedienen.
Die Marke dieses von uns benutzten Gerätes
war übrigens PUR und ich
wäre froh, wenn ich so ein Ding im Notfall in der Rettungsinsel finden würde.
Denn es würde mich vor dem Verdursten leicht bewahren, wie wir festgestellt
haben.
Allergrößte Zweifel habe ich
allerdings, ob ich dieses Ziel mit dem von Ihnen erwähnten "Kondensierunggerät"
erreichen könnte. Sie haben den Namen des Gerätes nicht erwähnt, doch nehme
ich an, dass es sich um so "Plastiktüten" handelt, die man um die
Rettungsinsel schwimmen lassen kann, und die mit Hilfe der Sonnenstrahlen
Kondenswasser an der Unterseite der Plastikfolie produzieren. Früher, als es
noch keine kleinen Watermaker mit Osmose-Technik gegeben hatte, waren solche
Geräte im Handel, ich habe sie allerdings schon lange nicht mehr gesehen.
Das Prinzip können Sie aber zum Beispiel in heißen Gegenden in Nordafrika
erleben, wo Äcker weiträumig mit Plastiktüten bedeckt werden. An der
Unterseite der Plastikfolien kondensiert Luftfeuchtigkeit unter der
Sonnenstrahlung und tropft dann ab in den Boden. Die Ausbeute an Wasser ist bei
diesen preiswerten "Kondensierungsgeräten" nur deshalb nennenswert,
weil hier die praktisch immer scheinende Sonne den ganzen Tag über auf das
Plastik brennen kann.
Im Klartext: "Geräte"
dieser Art wären für Ihre Zwecke ganz und gar ungeeignet.
Erstens ist deren Produktion auch unter günstigsten Bedingungen im Vergleich
mit der Ausbeute eines Hand-Watermakers geradezu lächerlich und zweitens
können sie an Bord eines Segelschiffes, das sich ja auf Lang- Fahrt(!), kaum eingesetzt
werden. Wollen Sie in der Flaute beidrehen und diese Tüten um ihr Schiff herum
schwimmen lassen, um die Fahrt am Abend, wenn die Sonne keine Kraft mehr hat,
fortzusetzen?
Meine Meinung über die
Sachkenntnis des von Ihnen genannten Verkäufers verrate ich Ihnen nicht, aber
Sie können sich diese ja denken.
Mast- und Schotbruch!
Bobby Schenk
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