YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Hallo Herr Malz,
nur
zu! Damit aber kein Irrtum entsteht, ich spreche hier nicht vom Regattasegeln,
sondern vom Fahrtensegeln. Ich hab ja ebenfalls den Umstieg vom Mono auf den Kat
ohne größere Anleitungen überstanden, recht gut sogar. Die wesentlichen
Unterschiede im Handling finden sich bei Hafenmanövern.
Einerseits ist ein Katamaran im
Hafen wesentlich flexibler und leichter zu manövrieren, andererseits kann man
da schon Überraschungen erleben, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Die
erheblich bessere Manövrierfähigkeit gegenüber einem Mono ergibt sich aus der
Tatsache, dass die Katamarane, die für Sie als Charterskipper in Frage kommen,
ja praktisch immer mit zwei voneinander unabhängigen Maschinen ausgerüstet
sind, sodass sie, etwas flapsig ausgedrückt, auf einem Fleck drehen können -
ähnlich einem Motorboot mit zwei Schrauben. Im Hafen werden Sie also das Ruder
Ruder sein lassen, und das Schiff nur mit Hilfe der beiden Ganghebeln
kontrollieren. Damit sind Sie selbst
einer Einrumpfyacht dann überlegen, wenn diese über ein Bugstrahlruder
verfügt. Andererseits sind Katamarane um 50 bis 70 Prozent breiter als
vergleichbare Einrumpfschiffe, was nicht nur einen erheblich breiteren Platz am
Steg erfordert (wenn Sie "römisch-katholisch" anlegen), sondern die
Sichtverhältnisse sind erheblich gegenüber einem Mono eingeschränkt, weil
Sie, der Mann am Ruder, ja viel weiter vom Ort des Geschehens entfernt sind. Zu
Beginn werden Sie also beim Anlegen auf die Mithilfe Ihrer Crew angewiesen sein. Das
bisher Gesagte gilt immer dann, wenn Sie bei ihren Hafenmanövern keinen Wind
haben. Bläst auch nur ein laues Lüftchen, dann sieht die Sache schon ganz
anders aus. Immer noch können Sie mit ihren beiden Maschinen auf dem Fleck
drehen. Aber der Fleck bewegt sich. Das rührt vom Windfang der naturgemäß
weit übers Wasser ragenden Aufbauten eines Katamarans, andererseits von dem
normalerweise geringen Tiefgang. Es ist ohne weiteres einzusehen, dass ein 14
Meter langer Katamaran mit 80 Zentimeter Tiefgang und 3 Meter hohen Aufbauten
viel windempfindlicher ist als ein Mono mit 2 Meter hohen Aufbauten und einem
Kiel, der fast 2 Meter ins Wasser ragt.
Deshalb
gibt es auch fast keinen Charterkatamaran, dessen Rümpfe nicht schon mal
unliebsame Bekanntschaft mit einer Kaimauer gemacht haben. Wegen
des erhöhten Windfanges sollte man sich für die Hafenmanöver rechtzeitig
Gedanken über geeignete Eindampfen-in-die Spring-Manöver machen, denn nur mit
deren Hilfe wird man bei auflandigem Wind aus einer Lücke am Steg ablegen
können. Bei den genannten
Besonderheiten sehe ich beim Umstieg auf einen Katamaran die - beherrschbaren -
Schwierigkeiten. Lässt es sich zeitlich einrichten, empfiehlt es sich, ein
Skippertraining auf Katamaranen mitzumachen, wie es von einigen Firmen
angeboten, zum Beispiel hier: Ecker-Yachting. Sie würden einem
Urlaub auf einem Charter-Katamaran viel gelassener entgegensehen. Haben
Sie mal den Hafen hinter sich gelassen, dann können Sie sich mit dem Schiff
spielen, dann können Sie selbst herausfinden, wie Sie "Ihren"
Katamaran am besten segeln. Ein bisschen Ängstlichkeit dabei schadet nicht, ist
aber nicht begründet. Charter-Katamarane über 40 Fuß sind unter
"normalen" Segelbedingungen (bis 25 Knoten) kaum umzuschmeissen. Im
übrigen finden sie auf jedem guten Charterkat sicher eine Liste mit der zum
Wind passenden Besegelung vor. An
eines sollte man vielleicht denken. Während bei einem Einrumpfschiff das
Vorsegel, also die Genua das Hauptsegel ist, gebührt diese Rolle auf einem
Katamaran dem oft durchgelattetem (und damit ziemlich unhandlichen) Großsegel.
Ein Tipp: Wenn Sie einen Katamaran übernehmen und noch am Steg die
Reffmöglichkeiten durchprobieren, dann lassen Sie vor der Ausfahrt gleich ein
oder zwei Reffs im Großsegel. Ausreffen können Sie immer noch, wenn es Ihnen
zu langsam geht.
Seien
Sie zu Anfang nicht überrascht, dass der Katamaran nicht die sagenhaften
Geschwindigkeiten am Speedo zeigt, von denen Sie am Stammtisch gehört haben.
Die gehören nämlich auf einem Fahrtenkatamaran meist ins Reich der Fabel. Sein
Vorteil ist das unschlagbare Platzangebot zum Leben und Urlauben. Noch
ein Vorurteil werden Sie gehört haben: "Katamarane" gehen schwer
durch den Wind!" Machen Sie sich erst gar nicht die Mühe, das zu
bestätigen oder zu widerlegen. Halsen Sie ganz einfach! Das geht immer und ist
speziell auf dem breiten Katamaran ohne große Lage ein recht gemütliches
Manöver !
Mit freundlichen Seglergrüssen!
Bobby Schenk
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