YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Sehr geehrte Tanja,
Sie haben recht, so eine Chance
bekommen Sie nie mehr wieder! Und es gibt viele Tausende, die Sie um diese
einmalige Gelegenheit beneiden. Und die Sie auslachen würden, wenn Sie nicht
mit beiden Händen danach greifen. Aber dazu wird es gar nicht kommen, denn:
Der Reihe nach! Ihre Angst kann
ich sehr gut nachvollziehen. Das Element "Wasser" ist nun mal für
alle geschaffen, die durch die Kiemen atmen und nicht für uns Primitivlinge,
die nicht mal in der Lage sind, aus dem H2O das bisschen (vorhandenen)
Sauerstoff zu saugen, den unsere Organe zum Überleben brauchen. Und untergehen
würden wir alle, wenn wir uns an nichts mehr einhalten können, wenn zum
Beispiel die Schiffsplanken unter uns wegsaufen würden. Kurzum, beim Segeln
bewegen wir uns in einem menschenfeindlichen Element.
Aber: Ich will hier gar nicht mit
dem berühmten Ziegelstein kommen, der dem Fußgänger jederzeit auf den Kopf
fallen kann. Wirklichkeitsnäher ist jedoch unser Risiko als Verkehrsteilnehmer,
wobei ich davon ausgehe, dass Sie sich selbstverständlich zu Ihrem Freund ins
Auto setzen. Natürlich wünsche ich Ihnen nicht, dass Sie zu den annähernd
10000 Verkehrstoten gehören, die jährlich unser Tribut an die
Auto-Gesellschaft ist. Eines macht mich nämlich in diesem Zusammenhang
nachdenklich: Eine Reihe von Bekannten hab ich im Straßenverkehr verloren. In
der Fliegerei musste ich in drei Jahren fünf Bekannte betrauern. Beim Segeln -
Gott sei Dank - noch niemand.
Dann mache ich Ihnen noch ein
Geständnis: Viele Jahre habe ich kein Auto besessen (hab die S-Bahn bevorzugt),
aus Angst vor dem Straßenverkehr. Während ich mich auf meinem Schiff immer
sicher gefühlt habe.
Vor allem, wenn ich an mein
Stahlschiff denke. Was kann mir da schon passieren, wenn ich nicht gerade
über Bord gehe? Klar, das ist ein nennenswertes Risiko. Aber dagegen kann man,
können Sie, durchaus was tun. Indem Sie nämlich Ihrem Freund Ihre Angst
eingestehen und ihn bitten, von Ihnen nie zu verlangen, dass Sie das Cockpit
verlassen müssen. Ich hab mal einen Mitsegler gehabt, so einen mit allen
Scheinen und weiterem Drum und Dran. Der hat mir vor dem Törnantritt gestanden,
dass er um alles in der Welt auf keinen Fall aufs Vorschiff gehen mag. Er habe
Angst, gestand er. Kein Problem, hab ihn halt nicht aufs Vorschiff geschickt und
es wurde für uns beide ein wunderbarer Törn. Und wenn Sie dann im Vorschiff
sitzen und - keine Angst, Sie machen sich nicht lächerlich (alle Autofahrer
sind doch wegen der Gefährlichkeit des Straßenverkehrs selbst an der Ampel
angeschnallt) - sich dann noch anleinen, dann kann ich mir beim besten Willen
nicht vorstellen, was Ihnen passieren sollte. Ja, Sie leben dann sogar um
einiges gesünder als Landratten. Haben Sie sich eigentlich schon überlegt,
dass letztere bedauerliche Spezies von Menschen pausenlos von Viren und
Bakterien verfolgt und beschossen wird? Während Sie auf hoher See eine ungleich
bessere Luft - frei von kleinen menschenfeindlichen Keimen - genießen
dürfen?
Vor allem aber: Sie sind bestens
bei Ihrem Skipper aufgehoben. Denn, wer es fertig bringt, eine seegehende Yacht
selbst zu bauen, noch dazu in Alu, der hat seine Fähigkeiten - alle Hochachtung
- als Seemann längst bewiesen. Für den ist es ein Klacks, Sie sicher über
alle Ozeane zu segeln.
Und die von Ihnen erwähnten
Gefahren: Sturm, Krankheit, Verletzung, Unfälle - Piraten und Überfälle haben
Sie ja ausgelassen? Das sind gute Elemente für ein Segelbuch, denn wenn da nur
geschildert würde, wie ungefährlich Segeln ist, würd doch kein Mensch das
Buch kaufen (da weiß ich als Autor Bescheid). Aber ich will die von Ihnen
genannten Gefahren nicht verniedlichen. Nur, die gibt es überall! In München,
in Hamburg ebenso wie in Tahiti. Halt, Piraten und andere Verbrecher gibt es
dort viel weniger als in Deutschland - statistisch gesehen. Und, dass Sie auf
See gesünder leben als in der verpesteten Großstadtluft, hab ich Ihnen ja
schon erklärt.
Jetzt aber noch ein praktischer
Rat: Wenn Sie das nächste Mal an Bord gehen, und immer noch glauben, Angst
haben zu müssen, dann nehmen Sie halt um Gottes willen ein leichtes
Beruhigungsmittel, fragen Sie Ihren Arzt! Und Ihrem Skipper geb ich den dringenden Rat, schlechtem
Wetter aus dem Weg zu gehen. Denn das ist in meinen Augen höchste
Seemannschaft.
Zum Schluss drohe ich Ihnen gar: Sie würden es
bitter bereuen, wenn sie auf all die unvergleichlichen, atemberaubend schönen Momente
verzichten, die einem halt mal nur an Bord einer Segelyacht geboten werden
können. Nehmen Sie Ihr Herz in die Hand, sagen Sie "ja" zu dem Unternehmen. Ohne wenn und aber..
Mast- und Schotbruch!
- halt nein - ich wünsch Ihnen Fair Winds and Smooth Sailing
Bobby Schenk
zur
Home-Page
Page by Bobby Schenk
E-Mail: mail@bobbyschenk.de
URL of this Page is: https://www.bobbyschenk.de/quest/f190.html
Impressum und Datenschutzerklärung
|