YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Sehr geehrter Herr Kanter,
das freut mich, wenn Sie sich mit
der astronomischen Navigation beschäftigen wollen. Warum? Weil das eben zum
Segeln, einer recht unmodernen, dafür aber sehr romantischen Fortbewegung, viel
besser passt als Instrumente ablesen - wie es die Autofahrer mit ihren
Navigationssystemen tun.
An und für sich gibt es keinen
Grund, warum Sie in der Ostsee nicht astronomisch navigieren sollen.
Insbesondere spielt es bei den
Nautischen Unterlagen keine Rolle, ob Sie sich auf der Ostsee oder meinetwegen
im Indischen Ozean befinden, denn das Nautische Jahrbuch beschreibt ja die
Position der Gestirne, gilt also "weltweit".
Jedoch
sollten Sie bedenken: In der Astronavigation werden Standlinien aus
Winkelmessungen gewonnen. Dementsprechend ist das Instrument hierfür ein
Sextant - nichts anderes als ein präzises Winkelmessinstrument.
Das Problem bei der astronomischen
Navigation in der Ostsee liegt aber beim Winkel. Es wird nämlich der Winkel
gesucht zwischen einem Gestirn (in 99 Prozent aller Fälle ist dies die Sonne -
präzise gesagt: der Sonnenunterrand) und dem sichtbaren Horizont, der
sogenannten Kimm. Die Entfernung vom Ihrem Standort zur Kimm hängt allein von
der Augeshöhe des Navigators ab. Sie lässt sich leicht berechnen, im Falle
einer yachtüblichen Augshöhe liegt sie zwischen zwei und drei Seemeilen. Wenn
Sie sich also in Sonnenrichtung näher als drei Seemeilen an der Küste
befinden, was ja in der "kleinen" Ostsee häufig vorkommt, dann
können Sie schon deshalb nicht astronomisch navigieren, weil sie den Winkel
Sonne-Kimm gar nicht messen können - mangels Sichtbarkeit der Kimm.
Ein
zweites Argument spricht gegen die Nutzung der astronomischen Navigation in der
Ostsee: Es ist die fehlende Genauigkeit in Landnähe. Selbst, wenn wir mal das
GPS außer Acht lassen, dann werden Sie mittels terrestrischer Navigation (also
in Landnähe) immer noch genauer sein als mit Hilfe der Sonne. Damit Sie sich
einen Begriff von der Präzision der Astronavigation machen können, hier ein
paar Erfahrungswerte: Der Könner, also zum Beispiel der Weltumsegler, der jeden
Tag mit dem Sextanten hantiert, erreicht an guten Tagen (wenig Seegang, beste
Sicht) eine Genauigkeit von ein bis zwei Seemeilen (was ja für die Weite eines
Ozeans ein guter Wert ist), während der Anfänger oder auch der wenig Geübte
sich mit einer Ungenauigkeit von vielleicht fünf Seemeilen abzufinden hat. Das
ist aber in einem so begrenzten Revier, wie es die Ostsee ist, ganz schön viel.
Was
Sie aber nicht abhalten sollte, sich aus Liebhaberei, oder auch zur Übung, mit
der romantischen Kunst der Astronavigation zu befassen. Hierzu benötigen Sie
auf jeden Fall einen Sextanten. Welcher? Das ist Ihre Entscheidung. Ein
preiswerter Plastiksextant bringt nicht ganz so genaue Ergebnisse. Was aber in
Ihrem Fall zweitrangig sein sollte, denn der bauartbedingte Unterschied dürfte
bei einer halben bis ganzen Meile liegen. Wichtiger ist vielleicht, dass
gegenüber einem teuren Metallsextanten mit Vollsichtspiegel (Bilder oben) das
Messen - und Auffinden des Gestirns - mit der Plaste (links) erheblich
schwieriger ist.
In jedem Fall wünsche ich Ihnen
immer ein genaues Fix!
Bobby Schenk
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