YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Sehr geehrter Herr Schuster,
aber selbstverständlich ist so
eine Weltumsegelung mit Unterbrechungen durchaus möglich. Eine ganz andere
Frage ist es allerdings, ob der Reiz einer Weltumsegelung dadurch nicht etwas
getrübt wird.
Die ursprüngliche Idee einer
Weltumsegelung - jedenfalls galt dies bis Ende der siebziger Jahre oder so - war
es ja, Mit einem Segelschiff solange in eine Richtung, meist nach Westen, zu
segeln, bis man seinen Kurs wieder kreuzt. Als die Kochs, die Kammlers, auch
wir, Ende der sechziger Jahre um die Welt gesegelt waren, da war Teil der
umfangreichen Vorbereitung die Planung, wie das Zuhause, das Geschäft oder die
Familie für mehrere Jahre zurückgelassen werden konnte, ohne dass es zu einer
Katastrophe wegen Abwesenheit des Chefs oder des Familienvaters kommen konnte.
In unserem Fall war es vor allem ein Abschied von den Eltern, bei dem man sich
nicht sicher sein konnte, ob es denn nicht ein Abschied für immer sein würde.
Ein eigenartiges Gefühl beschlich einen dabei immer. War es nicht
verantwortungslos, seine 75-jährige Mutter so einfach zurückzulassen, oder
seinem Geschäft, für das man sein Leben lang gearbeitet hatte, einen fremden
Chef vorzusetzen?
Hinzu kam, dass damals die
Postverbindungen - im Vergleich zu heute mit unserer Computerpost -
ausgesprochen langsam oder gar höchst unzuverlässig waren. Und Besuche von zu
Hause aufs Schiff - heute schon fast die Regel - verbaten sich damals allein
schon aus Kostengründen.
Derartige jahrelange
Weltumsegelungen ohne jede Unterbrechung durch Aufenthalte zu Hause sind heute
die große Ausnahme. Aber, wenn jemand meint, ohne einen gelegentlichen
Heimflug, wäre eine Weltumsegelung gar nicht möglich, dann wird man ihm wohl
zustimmen: "Besser als gar nicht!"
Trotzdem find ich es schade. Denn
die Kunst im Organisieren einer Weltumrundung unter Segeln beteht ja auch in der
Organisation einer jahrelangen ununterbrochenen Abwesenheit von zu Hause.
Persönlich empfinde ich das so, als ob ein Bersteiger den Gipfelsturm immer
wieder durch Hubschrauberrückflüge unterbricht, um sich dann einige Zeit
später auf die zuletzt erreichte Höhe absetzen lassen, um seinen Weg zum
Gipfel fortzusetzen.
Seis
drum: Heute sind zahlreiche Flüge in die Heimat während einer Weltumsegelung
die Regel. Damit kann man im Geschäft nach dem Rechten sehen (was meistens
dringend notwendig ist), die notwendigen Voruntersuchungen durchführen lassen,
und natürlich seine Enkel kennenlernen und so fort. Was häufig wenig bedacht
wird bei einer etappenweisen Weltumsegelung, ist, dass es wegen des Schiffes zu
einer Reihe von Problemen führen kann, mit denen man eigentlich nicht gerechnet
hat.
Plätze, wo man sein Schiff
problemlos für mehrere Monate problemlos zurücklassen kann, sind weltweit
nicht sehr häufig anzutreffen. Es können Visumsregelungen einem längeren
Aufenthalt im Wege stehen, oder Zollvorschriften verhindern, dass man sein
Schiff mehrere Monate oder gar Jahre an Land sicher abstellen kann. Das
Hauptproblem allerdings sind in den meisten Fällen das Wetter und das Klima.
Meistens wird man sich für einen
längeren Zwischenstopp einen Platz suchen, wo man seine Yacht an Land abstellen
kann. Was einen entsprechend großen Slip oder Travelift bedingt. Zwar werden
weltweit immer mehr Marinas im großen Stil gebaut, trotzdem findet man nicht an
jedem schönen Platz diese Möglichkeiten vor. Und ein Wasserliegeplatz kommt
nur dann in Frage, wenn geeignetes Personal, also zuverlässige Helfer vor Ort
zu finden sind. Europäische Maßstäbe kann man dabei aber nicht immer anlegen.
Hurricanes spielen bei der Planung
des richtigen Zwischenstopps eine große Rolle. Denn man wird ja in den Tropen
sein Schiff nicht gerade zu den besten Jahreszeiten alleine zurücklassen. Die
Regenzeit ist aber meistens auch die Hurricane-Zeit, was bedeutet, dass man
einen orkansicheren Hafen benötigt, Und die sind, wie die zahlreichen
Hurricanes der letzten Jahre bewiesen haben, selten. In Fiji wurden
beispielsweise Yachten bis zur Wasserlinie in Erdlöcher gestellt, um sie vor
Orkanen zu schützen. Hat auch geklappt, doch hat man sich damit eine andere
Seuche eingehandelt: Ratten.
Wer
immer noch glaubt, dass man diesem Problem ein paar Rattenfallen beikommen kann,
dem sei berichtet, dass über eine an Land abgestellte Weltumsegelung-Yacht eine
Palme ihre Zweige ausbreitete. Und von einem dieser Palmewedeln hatte sich
eine(!) Ratte in die Yacht abgelassen. Ungestört von den Schiffseignern, die
sich gerade in den USA aufhielten, hatte das Tier genügend Monate Zeit, sich
unbeaufsichtigt über die schmucke Yacht herzumachen. Die zurückgekehrten
Eigner fanden ihre Yacht als Totalschaden vor.
Ein ebenso arger Feind für die
Yacht ist die Feuchtigkeit in den Tropen während der Regenzeit. Wer einmal
erlebt hat, wie Pilz (Fungus, Schimmel) eine Yacht zwar nicht in ihrer Substanz,
aber in ihrem Aussehen und Bewohnbarkeit beeinträchtigen kann, wird diese
Gefahr nicht mehr auf die leichte Schulter nehmen. Als eine Gruppe deutscher
Segler zu ihren Yachten auf Raiatea (Französisch Polynesien) zurückgekehrt
war, da schrieb uns eine Skipperin wortwörtlich: "Wir Frauen haben hier
alle Tränen in den Augen?"
Wie kann man einem solchen
Desaster vorbeugen? Das einzig verlässliche Rezept: Wenn noch nicht vorhanden,
sollte eine Klimaanlage ins Schiff gebaut werden, die dann mindestens die
Hälfte der Zeit auch läuft. Was wiederum eine zuverlässige Aufsicht erfordert
und die Liegeplatzkosten verdoppelt.
Man sieht schon, Probleme über
Probleme. Sodass es schon besser wäre, eine Weltumsegelung in einem Rutsch
durchzuführen. Aber, wem das nicht möglich ist, der sollte in Etappen um die
Welt segeln. Das ist noch viel besser als gar nicht.
Dazu wünsch ich Ihnen
Mast- und Schotbruch
Bobby Schenk
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