YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Hallo Herr Dunziger,
das ist ein ganz wichtiges Thema,
das man leider meist erst dann ernst nimmt, wenn es einen
"erwischt" hat.
"Eigentlich" lebt man
auf einem Schiff extrem gesund, denn an Viren und Bakterien hat man auf offener
See nur die an Bord, die man selbst dorthin geschleppt hat. So wird man
unterwegs sich kaum eine Grippe einfangen können. Von wem denn? Es gibt keine
Nachbarn in der S-Bahn, die einen anschniefen.
Ganz anders sieht es allerdings
aus, wenn man an Land kommt und sich dort, was die Regel ist, viel länger
aufhält als auf See. Dann lauern unsichtbare Gefahren, eben die genannten
Lebewesen auf den nicht besonders immunsystemgestärkten
Zivilisationsgeschädigten in Hülle und Fülle. Zumal in den von uns besuchten
"Traumgegenden" der hygienische Standard mit dem in Mitteleuropa
gewohnten kaum etwas gemein hat (siehe unterstes Bild). Ist eine Grippe, die man
sich in Polynesien allein schon durch die Küsserei auf die Wangen bei der
freundschaftlichen Begrüßung einfängt, noch relativ harmlos, mehr lästig zu
ertragen, sieht es bei anderen Infektionen, sei es durch Bakterien, Viren oder
auch durch andere Parasiten, die sich den Blauwassersegler als Wirt ausgesucht
haben, schon anders, sehr viel bedrohlicher aus.

Das Problem hierbei: Man ist
geneigt, die Gefahren weit zu unterschätzen, wenn man irgendein abgelegenes
Dorf mit allen Zeichen von ungekannter Gastfreundschaft entdeckt
hat. Und doch
können dort tödliche Gefahren für den anfälligen Europäer lauern. Als wir
beispielsweise eine der vielen Küsten Indonesiens abgesegelt sind, haben wir
uns selbstverständlich bei den überaus freundlichen Dorfbewohnern erkundigt,
ob es hier Malaria gäbe. Die vielfache Antwort war immer die gleiche:
"Malaria? No!"
Unsere
Überraschung war aber dann doch sehr groß, als wir - misstrauisch wie der
Tourist nun mal ist - in dem kleinen barackenähnlichen örtlichen Krankenhaus
den dortigen Arzt befragten. Der lachte nur: "Die Dorfbewohner meinen, sie
seien immun gegen Malaria. Tatsächlich ist dies hier sozusagen das Zentrum für
Malaria!"
Wenn ich hier von Malaria als
Beispiel für zahlreiche Gefahren in den tropischen Gebieten spreche, dann nur
deshalb, weil es sich hier um eines der gewichtigsten Gesundheitsproblemen
handelt. Nur soviel hierzu: Es gibt zahlreiche Malaria-Arten, viele sind - auf
Dauer gesehen - unheilbar, einige wie die Malaria Tropicana tödlich, wenn sie
nicht innerhalb weniger Tage mit dem richtigen Medikament behandelt wird. Kaum
weniger problematisch (wenn auch nicht tödlich) ist das gefürchtete
Dengue-Fieber, gegen das es kein Mittel gibt, höchstens sich nicht anzustecken.
Zurück zur Malaria: Sie wird
bekannterweise durch den Mückenstich auf den Menschen übertragen. Man könnte
nun auf die Idee kommen, eine medikamentöse Prophylaxe sei entbehrlich, wenn
man sich nur gegen die Mückenstiche schützt, wie zum Beispiel durch Verwendung
von Moskitonetzen zur Nachtzeit. Das stimmt in der Theorie, in der Praxis - das
dürfte jeder einsehen - ist dies kein hundertprozentiger Schutz.
Die Malaria, als Beispiel
gewählt, zeigt noch ein Problem auf bei der "richtigen" Prophylaxe
gegen Tropenkrankheiten. Es gibt nicht "die" richtige medikamentöse
Vorsorge. Zum Beispiel hat das berüchtigte, weil schwer verträgliche, Resorcin,
als Malaria-Prophylaxe ausgespielt, weil die meisten Malaria-Erreger dagegen
resistent geworden sind. So kann nur von Fall zu Fall, auch je nach Gegend, ein
tropenkundiger(!) Arzt hier beraten. Es wäre also, bei aller Hochachtung für
diesen Berufsstand, verfehlt, sich hier vom Hausarzt über die richtige Prophylaxe
aufklären zu lassen. Die Tropeninstitute, noch besser die Krankenhäuser vor
Ort sind die richtige Anlaufstelle.
Dass der Weltumsegler in spe sich
den "richtigen" Impfungen rechtzeitig unterziehen muss, ist eigentlich
selbstverständlich. Tetanus, Gelbfieber, Hepatitis A und Hepatitis B, um nur
einige und keinesfalls abschließend zu nennen, sind unverzichtbar. Auch
hier ist die Beratung durch einen Arzt, der mit der besonderen Problematik
vertraut sein muss, unverzichtbar.
Dieses Thema ist viel zu komplex,
um es hier vollständig abhandeln zu können. Wer mehr darüber wissen will, der
sollte sich eingehend(!) beraten lassen. In diesem Zusammenhang wäre auch eine Teilnahme am Seminar der Weltumseglerin und Ärztin Dr.Kerstin Heller über Outdoor-Medizin empfehlenswert
- hier klicken!

Ein paar Telefonnummern, die vielleicht
weiterhelfen: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg, Telefon 040
319207
Institut für Tropenmedizin, Berlin, Telefon
030 301166
Tropeninstitut, München, Telefon
089 336755
Dass die üblichen Hygiene-Vorsorgemaßnahmen
der beste Schutz vor unliebsamen gesundheitlichen Überraschungen ist, versteht
sich von selbst. Dass aber an Bord nicht die gleichen Maßstäbe herrschen
können wie in einem guten 5-Sterne-Hotel am Urlaubsort leuchtet wohl auch ein.
Stichwort: Trinkwasser! Es ist leicht dahingesagt, nur Wasser aus einwandfreien
Quellen zu benutzen und Gemüse, Salate, Obst und andere Lebensmittel damit vor
dem Genuss zu waschen. Wie das allerdings in der Bordpraxis lückenlos
durchzuführen ist, ist eine andere Frage. Hier gibt es einen dicken Pluspunkt
für einen Wassermacher (Entsalzungsanlage), der uns ständig sauberes Wasser in
Trinkwasserqualität garantiert.
Aus diesen Ausführungen folgt deutlich, dass
es die hundertprozentige Sicherheit in Bezug auf Infekte oder Ansteckung mit
Krankheitskeimen nicht gibt. Wir können höchstens versuchen, das Risiko gering
zu halten. Oder gar nicht erst losfahren. Zumindest aber, die Gebiete, wo
besonders bösartige Krankheiten lauer, meiden, selbst wenn die sonstigen
Attraktionen dieser Gegenden (Beispiel: Orang-Utans in Borneo) noch so
verführerisch wären. Weltumsegelung ohne jedes Risiko gibt es halt nicht. Wär
auch ziemlich langweilig.
Mit freundlichen Grüßen
Bobby Schenk
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