YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Sehr geehrter Herr Kern,
ja,
Sie haben recht! Es wäre naheliegend, alle Gegenstände außerhalb des täglichen
Gebrauchs möglichst luftdicht zu verpacken und ein feuchtigkeitsbindendes
Material mit in das Gefäß zu legen. Das lässt sich allerdings nur in
beschränktem Umfang durchführen, zum Beispiel beim Fotoapparat, den ich in
Tupperware aufbewahre mit einem beigelegten Päckchen, gefüllt mit Silicagel,
also einer feuchtigkeitsbindenden Chemikalie, die Sie auch heute noch vorfinden,
wenn Sie sich irgendeinen Elektronikartikel kaufen. Wie man Silicagel, das man
auch in größeren Mengen in der Drogerie/Apotheke kaufen kann, mit einfachen
Bordmitteln regenerieren können, ist vielfach an anderer Stelle beschrieben.
Auch wurde vor der möglichen Krebsgefahr, das von diesem Mittel ausgehen
könnte, gewarnt.
Jedoch, diese Methode hat in der Praxis
erhebliche Nachteile und lässt sich auch nur bei kleineren Gegenständen
durchführen. Erstens ist es gar nicht so leicht, Behälter zu finden, die
luftdicht abschließen und zweitens bedarf es in der Praxis auch einer
regelmäßigen Kontrolle, ob das Silicagel noch wirkt oder schon gesättigt ist
- was man an einer rosa Verfärbung leicht feststellen kann.
Schimmel - bleiben wir mal bei dieser Bezeichnung
-
ist eine ernste Sache und Schäden durch Schimmelbefall können teuer werden. So
können zum Beispiel Fotoobjektive unreparierbar zerstört werden. Eine
ziemliche Garantie für Schimmel hat man, wenn man eine Yacht in den Tropen bei
mehrmonatiger Abwesenheit "luftdicht" abschließt.
Schimmel blüht und gedeiht mit steigender Temperatur, Feuchtigkeit und
fehlendem UV-Licht. Da hab ich schon einige Katastrophen miterleben dürfen,
wenn die Besatzung urlaubsreif auf ihr Schiff zurückgekehrt ist. Auszug aus
einem Mail: "Wir haben alle Tränen in den Augen!"
Auch auf der THALASSA wurde der Schimmel einmal
heimisch - bei durchgehend 90 Prozent Luftfeuchtigkeit (rückblickend)
erwartungsgemäß. Es hat einer Arbeitskraft für fünf Tage bedurft, um den
Schimmel von den Wänden abzuputzen und nur der Tatsache, dass es sich nicht in
den Kunststoff einfressen konnte, war zu verdanken, dass er spurlos beseitigt
werden konnte.
Seit
dieser Zeit lach ich nicht mehr über amerikanische Yachtsleute, die sehr
schnell zur energieintensiven Air Condition greifen und sie auch monatelang
während ihrer Abwesenheit laufen lassen. Hier in Südostasien ist dies eine
hervorragende Methode, Schimmelbefall im Schiff zu vermeiden, denn so eine
Haushalts-Aircon kostet gerade mal 180 Euro. Aufs Deck gestellt und eine
provisorische Luftzufuhr geschaffen ist sie fast eine Garantie gegen Schäden
durch Schimmel. Der Effekt einer Klimaanlage äußert sich nämlich nicht allein
in der Reduzierung der Temperatur, sondern vor allem, was bei dieser Problematik
viel wichtiger ist, in der fast minutenschnellen Absenkung der Luftfeuchtigkeit.
So herrschen in den tropischen Regenzeiten regelmäßig 80 bis 90 Prozent
Luftfeuchtigkeit, die innerhalb kurzer Zeit von der Aircon auf 40 bis 50 Prozent
abgesenkt werden. Damit ist die Schimmelgefahr weitgehend gebannt, jedenfalls
haben wir nie mehr nach längerer Abwesenheit Schimmelspuren vorgefunden. Dabei
haben wir mittels Schaltuhr die Klimaanlage insgesamt rund 10 Stunden am Tag
laufen lassen.
Benutzt man diese Methode, so braucht man sich
auch um Kleingeräte keine großen Sorgen machen, von der Diebstahlsgefahr mal
abgesehen.
Hat man keine Klimaanlage, oder möchte man sich
die erheblichen Energiekosten sparen, dann gilt es mit anderen Mitteln, für den
Schimmel ein feindliches Umfeld zu schaffen. Also gute Belüftung, Helligkeit,
niedrige Luftfeuchtigkeit und Absenkung der Umgebungstemperatur. All dies ist
ohne technische Hilfsmittel nur unvollkommen möglich. Einerseits soll ja die
Yacht in der Abwesenheit diebstahlssicher abgeschlossen sein, andererseits muss
Frischluft, aber weder Regen noch Diebe, Zutritt haben. In den Tropen ist auf
keinen Fall ausreichend der Lufteintritt, den der Konstrukteur zum Beispiel
durch Schlitze in den Luken oder gar durch Lüfter an Deck vorgesehen hat.
Interessanterweise sind bei modernen Konstruktionen die früher üblichen und so
schiffig wirkenden Dorade-Lüfter verschwunden. In der Regel ließen die
nämlich kaum Frischluft, wohl aber gelegentlich überkommendes Wasser ins
Schiff. Die Konsequenz aus der Notwendigkeit zur Durchlüftung wird dann wohl sein, dass während der Abwesenheit der
Crew das Schiff von einem Helfer regelmäßig - in kurzen Zeitabständen -
durchlüftet werden muss.
Bei weitem nicht so energieaufwendig, aber auch
längst nicht so wirkungsvoll im Kampf gegen Schimmel wie die Klimaanlage, ist
der Dauerbetrieb von einem oder mehreren Ventilatoren, wie man sie im Baumarkt
für 20 Euro kaufen kann. Aber man lasse sich nicht täuschen: Ein Ventilator
kann nur die - feuchte - Luft umwälzen, die Feuchtigkeit reduziert er nicht.
Weitere "Geheimtricks" mit nicht
bewiesener Wirksamkeit ist das Aufstellen von Schälchen mit Bleach oder
Chlorbleiche, im Schiff verteilt.
Eine andere Maßnahme, die Entstehung von Schimmel zu bekämpfen ist die Absenkung
der Temperatur im Schiff. Das kann, ebenfalls nur in sehr beschränktem Maße,
durch Sonnenschutz geschehen, wie es manche Kunststoff-Textilien (Netze) bieten
sollen. Obwohl sich diese Methode steigernder Beliebtheit erfreut, habe ich
meine Zweifel, ob diese Maßnahme recht viel bringt. Bei Lufttemperaturen um die
35 Grad, wie sie in den Tropen normal sind, wird auch das Schiffsinnere mit der
Zeit ähnliche Temperaturen erreichen.
In jedem Fall ist eine sinnvolle Maßnahme, sein
"Winterlager" nicht in Gegenden zu verlegen, die eine ausgeprägte
Regenzeit mit hohen Niederschlagsraten hat. Besonders verrufen sind in dieser
Hinsicht die Regionen um Panama und Costarica.

Mit freundlichen Grüßen
Bobby Schenk
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