YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Lieber Gunther,

Ihre Frage haben sich sicher schon fast alle Yachtbesitzer gestellt, die sich einmal darüber klar geworden sind, was ihr Einbaudiesel eigentlich kostet - und, auch da gibt es genügend Anlässe, sich zu fragen, was er eigentlich wert ist.

Noch eines vorweg: Sie sprechen von "Marine-Diesel" und erliegen damit den Einflüsterungen der entsprechenden Werbebranche. Dieser Ausdruck soll nämlich suggerieren, dass Motoren exakt für den rauen Einsatz unter Marinebedingungen konstruiert sind. Was fast immer falsch ist. Denn die gleichen Motoren finden sich in Wasserpumpen, Stromaggregaten und Werkzeugmaschinen, sind eben von vorneherein nicht für den Einsatz in Salzwasserumgebung und kleinen Räumen, wie es unsere Motorenverschläge sind, gebaut worden.

Bei den meisten Motoren, die wir auf Segelyachten als Antrieb finden, handelt es sich um ganz normale Dieselmotoren zwischen 10 und 100 PS, die mehr oder weniger gut für den speziellen Bootsbetrieb "marinisiert" wurden. 

Und darin liegt das Problem. Genau gesagt die(!) Probleme: Auf einer Yacht haben wir es, soweit es den Antrieb angeht, mit folgenden Schwierigkeiten zu tun:

  • Der Motor muss gekühlt werden,

  • Die Auspuffgase müssen ins Freie abgeleitet werden,

  • Der Auspuff muss gekühlt werden,

  • Die Kraft des Motors muss auf die Schiffsschraube im Salzwasser übertragen werden.

Beim Auto ist dies alles kein Problem. Alle PKWs nutzen ungefähr die gleichen, seit 50 Jahren ausgeklügelten Systeme. Die Kühlung übernimmt auf der Straße ein - wenig aggressiver - Süßwasserkreislauf, bei dem das Wasser via Kühler mit Hilfe des Fahrtwindes oder eines Ventilators wiederum abgekühlt wird. Der Auspuff bedarf keiner eigenen Kühlung, weil er ohnehin auf kürzestem Weg ins Freie führt. Und die Kraftübertragung auf die Räder erfolgt furch ein angeflanschtes (Schalt-)Getriebe.

Bei unserer Yacht haben wir da ganz andere Bedingungen. Der Fahrtwind und ein unbeschränkter Luftvorrat fehlt im Motorenraum, jedenfalls in der gewünschten Größenordnung. Für die Kühlung des Süßwasser-Kühlkreislaufes (jedenfalls bei der heute üblichen Zweikreiskühlung) muss ein Salzwasserdurchlauf - kein Kreislauf! - via Wärmetauscher sorgen, der dann gleich auch den Auspuff mitkühlt. Und damit haben wir schon das Hauptproblem: Bei den hohen Temperaturen der Abgase kann nicht ab Motor mit Gummischläuchen gearbeitet werden, sondern mit Metall. Und Metall ist ein ideales Opfer für das eingespritzte aggressive Salzwasser. Was übrigens auch für sogenanntes "Nirosta" gilt. Wer es nicht glaubt, hat noch nie einen Wärmetauscher aus Edelstahl mit zahlreichen Löchern (Lochfraß) gesehen.

Ich hab übrigens einmal eine kleine Segelyacht erlebt, bei der ein luftgekühlter Dieselmotor eingebaut war, womit diese Problematik wirksam umgangen wurde. Die Folge war eine Kajüte, deren Innentemperatur immer über 40 Grad lag, wenn der Motor in Gebrauch war. Selbst, wenn man den infernalischen Lärm ertragen hätte, war das Schiffsinnere dann praktisch unbewohnbar.

Ein weiteres Problem ist die Kraftübertragung ins Wasser, ins Salzwasser! Mittels Getriebe und Propellerwelle. Wobei hier wiederum das Urproblem in der modernen Seefahrt zu bewältigen ist: Verschiedene Metalle im Salzwasser (Elektrolyt!).

Also, bei der Marinisierung kommen ein Menge Probleme auf einen zu. Für die es keine 100%ige Patentlösung gibt. Vor allem die Auspuffkühlung ist ein existenzielles Problem für die Maschine, weil Kühlwasser in den Auspuff einspritzen, bedeutet gleichzeitig die Gefahr, dass unter ungünstigen Bedingungen das Wasser so hochsteigt, dass es in die Maschine gelangt, was häufig zum Totalschaden führt. Bei der Kühlung gibt es die Möglichkeit, eine Kielkühlung zu verwenden, bei der das Süßwasser in einem Rohr längseits am Kiel entlang geführt und durch das umgebende Meerwasser abgekühlt wird. Abgesehen davon, dass dies nur bei Metallschiffen praktiziert wird, ist damit das Auspuffproblem nicht gelöst. es sei denn, man verwendet einen "trockenen" Auspuff mit neuen Problemen. Und so weiter.

Kurzum, "Marinisierung" ist letztlich eine hochkomplizierte und damit teure Sache. Ich hab mal direkt von einem LKW-Hersteller eine LKW-Maschine marinisieren lassen. Das ganze kam erheblich teurer als die Maschine selbst. Hinzu kommt, dass die Stückzahlen bei den sogenannten Marine-Motoren im Vergleich zu PKW-Motoren so gering sind, dass damit entsprechend die Preise in die Höhe schnellen.

Ich hab eine Menge Eigen-Einbauten erlebt, wo die Selbstbauer und Bastler - häufig aus Sparsamkeitsgründen - alte ausgediente PKW-Motoren, meist Mercedes, selbst marinisiert haben. Und das Ganze hat dann auch wunderbar funktioniert. Aber die Arbeitszeit - und die Materialkosten sind halt hierbei nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten berechnet, sondern in der Spalte "Hobby" abgebucht worden.

Und noch ein Punkt, der zu denken geben sollte. Hier in einer Marina mit ausschließlich Blauwasseryachten (auf denen die Maschinenanlagen entsprechend hohe Laufleistungen haben), befindet sich eine große Anzahl von Seglern, deren Maschinen (von den verschiedensten Herstellern) reparaturbedürftig und nicht einsetzbar sind. Händeringend laufen die leidgeprüften Yachties hinter den wenigen Mechanikern her.  Das sollte zu denken geben, denn ich kann mich nicht erinnern, dass mir je ein Bekannter erzählt hat, sein Auto ginge nicht, weil die Maschine kaputt sei. Und solange das so ist, wir auf unseren so sehr "modernen" Yachten im Motorenraum bezüglich der Zuverlässigkeit auf einem Stand wie 1930 beim Auto sind, will ich auch von neueren Techniken wie Turbolader (ich segle weder in 10000 Fuß Höhe, noch ist mein Boot besonders gewichtsempfindlich) oder "Hybridantrieb" etc nichts wissen. 

Übrigens: Kennen Sie einen PKW, bei dem in so kurzen Abständen ein Ölwechsel gemacht werden muss? Bei modernen Autos spricht man von Ölwechsel-Intervallen von 30tausend oder gar 50tausend Kilometern!

Bei meinem Bootsmotor, der kaum jemals Staub schlucken muss, ist das Wechseln des teuren und umweltbelastenden Öls alle 200 Stunden (das entspricht lächerlichen 12000 Kilometern bei realistischen 60 Km/h Auto-Durchschnittgeschwindigkeit!) vorgeschrieben. Und das 100 Jahre nach Erfindung des Autos!

Mit freundlichen Grüßen

Bobby Schenk

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