YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Sehr geehrter Herr Sackermann,
Da
schneiden Sie ein gutes Thema an. Und wie so oft beim Fahrtensegeln, gibt es
darauf mehrere Antworten. Dass alle Instrumente, die mit dem Segeln direkt zu
tun haben, ins Cockpit gehören, das ist ja wohl klar. Einen vernünftigen Kurs
hoch am Wind zu steuern, bedarf halt nun mal einer Windlupe, die der
Rudergänger (neben dem Achterlik oder den Fäden der Genua) fortlaufend
beobachten kann. Auch bei einem reinen Vorwindkurs hilft ein
Windrichtungsanzeiger, um eine Halse zu vermeiden. Und dass ein
Wind-Geschwindigkeits-Messer hilfreich ist bei der Entscheidung, wann die
Segelfläche zu verkleinern ist, wird wohl niemand bestreiten. Zumal es hierbei
nicht auf ein gelegentliches Ablesen des Instruments ankommt, sondern auf die
fortlaufende Beobachtung der Böentätigkeit ankommt. Diesen
Cockpit-Instrumenten zur Seite steht noch der Geschwindigkeitsmesser der Yacht,
das Speedometer, das auf "Geschwindigkeit durchs Wasser" eingestellt
sein sollte.
Das wichtigste Instrument für den
Rudergänger ist - immer noch, trotz der schönen Kompassrose auf dem
GPS-Display - der Haupt-(Magnet-)Kompass, der deshalb in Blickrichtung des
Rudergängers hinter dem Rad angebracht werden muss. Zusätzlich wünschte ich
mir, ebenfalls im Blickfeld des Steuermanns, ein Echolot mit einer großen, auch
im gleißenden Sonnenlicht gut ablesbahren Ziffernanzeige. Und dass der
Rudergänger auch freien Blick auf die Maschineninstrumente (Drehzahl,
Temperaturen etc) hat, versteht sich ja von selbst.
Das wars dann aber auch schon.
Und
die Navigationsinstrumente? Das hängt ganz vom jeweiligen Skipper ab. Wie das?
Wenn der Skipper die Navigation
als Selbstzweck ansieht und die Segelei dazu benutzt, um sich mit der Navigation
spielen zu können, dann soll er meinetwegen Radar, GPS, Kartenplotter, Notebook
etc im Cockpit platzieren und sich mit der Knöpfchendrückerei vergnügen. Wie
er seine Instrumente aber 100%ig schützt, wenn es wirklich ums Segeln geht,
wenn also Seen einsteigen, die trotz Klappverdeck ihren Weg ins Cockpit finden,
ist mir nicht klar. Ich hab mehr als einmal Situationen erlebt, wo das Cockpit
mit Wasser gefüllt war oder der Rudergänger mindestens bis zur Hüfte im
Nassen gestanden hat.
Schon aus diesem Grund haben
meiner Meinung nach reine Navigationsinstrumente nur im Innern des Schiffes was
zu suchen. Wobei ich selbstverständlich nichts gegen ein Hand-GPS habe, das
sich der Rudergänger um den Hals gehängt hat, und auf dem er fortlaufend
Entfernung und Kurs zum nächsten Wegpunkt kontrollieren kann.
Die Navigation hat ja, ernsthaft
betrachtet, nicht die Aufgabe, den Skipper zu unterhalten - hierfür eignen sich
moderne Computerspiele viel besser -, sondern es geht ausschließlich darum,
Schiff und Mannschaft auf einem festgelegten Weg sicher zum Ziel zu bringen. Und
das lässt sich, unten im geschützten Trockenen, viel besser bewältigen. Bei
der Navigation auf einer Segelyacht, geht es ja nicht darum, innerhalb von
Bruchteilen (wie zum Beispiel beim Fliegen) irgendwelche Entscheidungen zu
treffen, sondern um ein möglichst genaues Feststellen des richtigen Kurses, der
dem Rudergänger (oben) dann zugerufen und so vorgegeben, beziehungsweise am
Autopilot eingestellt wird.
Nahezu alle Werften tragen diesem
Gesichtspunkt Rechnung, in dem sie die Navigationsinstrumente (GPS, Radar,
Funkgerät, eventuell Kartenplotter) konzentriert an einer Stelle im
Schiffsinneren unterbringen, auch wenn heute die früher typische
Navigationsecke mit esstischgroßem Kartentisch oft einer kleinen
Schreibunterlage mit den Instrumenten an der Wand weichen musste. Was sicher
nicht falsch ist, denn - machen wir uns nichts vor, die sperrige Papierseekarte
wurde längst vom Computer oder Plotter verdrängt - auch wenn sie sich aus
Sicherheitsgründen an Bord befinden sollte. Und, um am Computer zu arbeiten,
benötige ich keinen Quadratmeter Schiffsfläche (schon mal ausgerechnet, was so
ein riesiger Platz umgelegt auf den Anschaffungspreis der Yacht kostet?).
Übrigens, was mir bei der
Diskussion über die Notwendigkeit eines riesigen Kartentisches immer durch den
Kopf schießt: Im Normalfall haben wir Segler ja alle Zeit der Welt zum
Navigieren. Das Schiff kriecht - im Vergleich zu anderen Fahrzeugen, nehmen wir
mal ein Flugzeug an - im Schneckentempo dahin. Und wenn wir schon mal mit
unserem Standort unsicher wären, wären wir nicht gehindert, beizudrehen oder
abzustoppen, um uns in Ruhe über unsere Situation klarzuwerden. Dagegen steht
der Pilot im Flugzeug fortlaufend unter einem ganz gewaltigen Druck. Innerhalb
einer bestimmten Zeit. je nach Spritvorrat, muss er die richtige Landebahn
finden, metergenau! Auch bei Nebel oder anderen Wetterwidrigkeiten. Würde ihm
das nicht gelingen, ist ein tödlicher Ausgang vorprogrammiert. Die
Navigationsarbeit nimmt also in der Fliegerei, verglichen mit der Segelei, einen
ganz anderen, weil lebenswichtigen, Stellenwert ein. Und wo befindet sich in
einem Flugzeug der Kartentisch? Richtig, es gibt keinen. Auch der Einwand, es
würde in den modernen Reiseflugzeugen halt mit den leistungsfähigen
Instrumenten navigiert, sticht nicht. Denn bis vor 20 Jahren gab es diese auf
GPS basierenden Instrumente gar nicht. Da wurde auf einer gebetbuchgroßen
Fläche navigiert, nämlich auf dem Knie des Piloten, auf dem sogenannten
Kniebrett.
Also, sehr geehrter Herr
Sackermann, um auf die Idee des von Ihnen erwähnten Skippers englischen
Skippers der Dehler-Yacht mit der "abnehmbaren Navigation"
zurückzukommen: Ich halte sie für einen amüsanten Gag! Mehr nicht.
Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!
Bobby Schenk
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