YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Sehr geehrter Herr Hopfinger,

also, um es mal klar zu stellen: Die Aussage des Elektrofach(!)handels "das sollte kein Problem sein", ist schwachsinnig. Da müsste sich doch jedermann fragen, warum auf eine solche Idee kein auch nur etwas erfahrener Yachtsmann kommt. Noch dazu, wo die Tiefkühltruhen und Kühl-Schränke (Boxen) für den Bordbetrieb zum Teil ein Vielfaches einer Aldi- oder Metro-Truhe kostet.

Gehen wir nur mal von den Werten aus, die Sie mitgeteilt haben. Danach hat ein Kühlschrank Klasse A++ eine Leistung von 50W bei 230 Volt. Wenn ich nun diesen (unförmigen und schweren) Kühlschrank aus dem Inverter (der den 12-Volt-Bordstrom in die notwendigen 230 Volt umwandelt) betreibe, dann muss ich schon mit 60 Watt (mindestens!) rechnen, denn die Inverter haben eben keinen Wirkungsgrad von 100 Prozent, sondern 90% und weniger. Das wären dann 5 Ampere, die durchschnittlich fließen. Also wären pro Tag 120 AH aus der Batterie notwendig, was schon eine ganz Menge ist. Und im übrigen das doppelte von Bordkühlschränken ist - Erfahrungswerte: So um die 40 bis 60 Ah. Segeln wir - wie häufig - in heißen Gebieten, dann kommen wir nicht mal mit diesen Werten hin. Bei einer Haushalts-Tiefkühltruhe (in der die Temperatur dauernd unter 18 Grad gehalten werden muss, können Sie mit mindestens den doppelten Werten rechnen.

 

Sie haben nicht mitgeteilt, wie hoch Ihre Batteriekapazität auf dem (gewichtsempfindlichen) Katamaran ist. Ich denke aber, dass die nicht höher als vielleicht 640 AH ist. Aus denen kriegen sie in der Praxis keine 400 Ah raus. Und damit können Sie sich selbst ausrechnen, warum sie mit so einem solchen Haushaltsmöbel allein schon aus diesem Grund nicht glücklich werden. Oder Sie benutzen einen Generator mit allen Konsequenzen (Lärm, Spritverbrauch, Wartung).

Der hohe Stromverbrauch ist aber bei weitem nicht der einzige Grund, warum diese preiswerten Geräte aus dem Kaufhaus nicht für unsere Zwecke taugen. Haben Sie mal das Laufverhalten der Tiefkühltruhe oder des Kühlschrankes zu Hause beobachtet? Dann wird Ihnen aufgefallen sein, dass der Kompressor solange läuft, bis die vom Verbraucher eingestellte Temperatur erreicht ist. Dann schaltet der Kompressor ab, das heißt, ab da fließt kein Strom mehr. Zunächst. Je nach Inhalt des Kühlmöbels, der Außentemperatur, der Öffnungen und der - meist guten - Isolierung steigt die Temperatur wieder an bis zu einem bestimmten Wert, bei dem der Kompressor wieder einschaltet. Und so fort. Auf Ihrem Schiff würde also mit einer solchen Kühlung der Inverter alle paar Minuten (Größenordnung: 20 Minuten) ein- und wieder ausschalten. Worauf beim Betrieb mit Inverter auch zu berücksichtigen ist, dass da 5 oder mehr Ampere fließen solange er läuft.

Wenn er aber startet, dann reichen "5 oder mehr" Ampere gar nicht. Denn der Kompressor wird mit Wechselstrom betrieben, braucht zum Starten einen Anlaufstrom, der drei- bis fünfmal höher ist, als die "5 oder mehr" Ampere. Was Sie bei der Anschaffung eines Spannungswandlers (Inverter) beachten sollten.

Die Ursache für die mehr oder weniger kurzen Intervalle beim Betrieb liegt darin, dass Haushalts-Kühlschränke - im Gegensatz zu Bordkühlanlagen - keinen "Kältespeicher" haben, die Kälte bleibt nur über die bei weitem nicht so effektive Isolierung erhalten. Kältespeicher (zum Beispiel holding plates, eutektische Platten u.s.w.)  bestehen meist aus einem Flüssigkeitsbehälter mit einer Sole, die auf einen bestimmten Gefrierpunkt eingestellt ist. Diese wird, solange der Kompressor läuft, gefroren und gibt beim Auftauen die in ihr enthaltene Kälteenergie an die Umgebung, also an das Kühlgut ab. So können die Schaltintervalle bis auf 12 Stunden und darüber ausgedehnt werden. Der leistungsstarke Kompressor läuft ein bis mehrere Stunden und braucht erst wieder nach einer langen Zeit eingeschalten werden. Wir kennen alle diesen Effekt von den "Kälteakkus" für die Kühltasche.

Also, nix ist es mit den preiswerten Elektro-Geräten aus dem Billig-Kaufhaus, jedenfalls bei Langzeit-Stromverbrauchern. Anders könnte es beispielsweise bei Waschmaschinen sein, die ja kaum länger als zwei Stunden am Stück laufen und hohen Strom nur zum Aufheizen des Waschwassers, nicht zum Drehen der Trommel benötigen. Aber auch da greifen erfahrene Yachtsleute zum Landstrom - oder gar zum Handbetrieb. So rar ist nun mal die Elektrizität auf Segelyachten.

Freundliche Grüße aus Langkawi

Bobby Schenk

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