YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Sehr geehrter Herr Hanf,

ja, das möcht ich nicht erleben. Ich nicht und Sie auch nicht. Aber es ist wohl richtig, sich darüber Gedanken zu machen. Denn es wäre nicht das erste Mal, dass - zum Beispiel beim ARC - während einer Atlantiküberquerung ein Mannschaftsmitglied, aus welchen Gründen auch immer, stirbt.

Und es wäre nicht das erste Mal, dass eine Yacht den Zielhafen erreicht mit einem Mann weniger.

Man kann bei einer solchen Situation eigentlich nicht viel falsch machen. Denn, auch wenn der Verdacht auf ein Verbrechen sich aufdrängen würde, bestünde keine Gefahr, dass nur auf den Verdacht hin man in größere Schwierigkeiten gerät. Denn in jedem Rechtssystem der Welt braucht man nicht seine Unschuld beweisen, sondern muss einem eine Schuld an einem Delikt, sei es Mord, sei es fahrlässige Tötung oder auch "nur" unterlassene Hilfeleistung nachgewiesen werden.

Aber man kann sich eine Menge lästiger Fragen oder auch zeitraubender Untersuchungen ersparen, wenn man alles in seiner Macht tut, von vorneherein gar keinen Verdacht aufkommen zu lassen.

Gehen wir mal davon aus, dass ein Mitsegler auf Grund einer Erkrankung oder eines Unfalles verstirbt. Dann gilt es zunächst einmal, den Tod festzustellen. Dies ist unter normalen Verhältnissen immer einem Arzt vorbehalten. Wenn ein solcher an Bord nicht vorhanden ist, bleibt der Mannschaft aber nichts anderes übrig, als selbst derartige Feststellungen zu treffen. Wobei keine Eile besteht, denn - noch - besteht keine Notwendigkeit, sich der Leiche zu entledigen.

Schon in diesem Zeitpunkt ist es ratsam, die Außenwelt von dem Todesfall zu unterrichten, wenn rein technisch eine entsprechende Vorrichtung auf der Yacht vorhanden ist, wie zum Beispiel Funk (SSB), Telefon (Satellitenhandy) oder via Email. Hierbei sollte auch der Rat eines Arztes bezüglich der Todesfeststellung eingeholt werden.

Diese Benachrichtigung hat zugleich den Effekt, dass für eine spätere Untersuchung wichtige Fakten vor Zeugen aufgezeigt worden sind. 

Als eines der sicheren Todeszeichen gilt die Totenstarre. Zumeist bereits nach 1-2 Stunden beginnend, entwickelt sie sich über etwa 1-2 Dutzend Stunden zur Gänze, so dass der Tod auch für Laien unschwer zu erkennen ist. Am besten wäre es, den Leichnam zu Beweiszwecken bis in den Zielhafen mitzuführen. Dies ist aber nur in Ausnahmefällen möglich (wenige Tage zum Ziel), weil es auf einer Yacht unzumutbar wäre, einen Toten, der bereits in Verwesung übergeht, an Bord zu behalten. Man wird also den Toten der See übergeben. Dies gilt auch dann, wenn von den verständigten Stellen dies nicht erwünscht oder gar verboten werden würde.

In jedem Fall ist es von herausragender Wichtigkeit, alle Umstände, die mit diesem Todesfall in Verbindung gebracht werden könnten, so lückenlos zu dokumentieren wir nur möglich. Also zahlreiche Fotos und/oder ausführliche Videos anfertigen, Protokolle schreiben und diese von allen Crewmitgliedern unterschreiben lassen!

Dass Ihre Frage keineswegs praxisfremd ist, zeigt der Fall der abgebildeten Yacht. Als sich die Yacht im Chagos Archipel (Indischer Ozean) an einem unter Langzeitseglern überaus beliebten, aber von der Welt recht abgeschiedenen Ankerplatz befand, verstarb der Mitsegler der französischen Skipperin. Die britischen Behörden wurden darüber informiert, welche dann die Erlaubnis gaben, ein Seebegräbnis vorzunehmen.

Dass wir so etwas nie in der Praxis durchmachen müssen, wünsche ich Ihnen mit freundlichen Grüßen

Bobby Schenk

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