YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Hallo Hans-Jürgen,
leider
haben Sie mir nicht geschrieben, wie groß Ihr Schiff ist und was Sie damit
vorhaben.
Wenn Sie nicht auf Langfahrt gehen,
oder gar die Welt runden wollen, dann brauchen Sie sich wegen Passatsegel und so
keine Gedanken zu machen. Dann wird Ihnen eine Yachtbesegelung, so wie sie
üblicherweise ausgeliefert wird, also Groß und Rollgenua voll ausreichen.
Größere Yachten sind häufig als Kutter geriggt, haben also neben dem Klüver
(oder Genua) ein Kutterstagsegel. Wenn alles rollbar ist, kann ich mich mit
diesem Rigg bestens anfreunden. Denn ich habe zahlreiche
Variationsmöglichkeiten auf dem Vorschiff, vor allem bei Starkwind: Klüver und
Stagsegel, Klüver allein, Stagsegel allein u.s.f.
Da Sie, wie Sie schreiben,
unerfahren sind, sollten Sie sich zunächst nicht mit Spinnaker und sonstigen
Zusatzsegel beschäftigen. Mit der Zeit werden Sie schon herausfinden, was Sie
am liebsten möchten. Denn "brauchen" werden Sie nur ein einziges
Zusatzsegel für achterliche Winde, entweder einen Gennaker, einen Spinnaker
oder einen Parasailor (oben).
Letzterer ist mein Lieblingssegel,
zumal es leicht zu handhaben ist, und bis 60 Grad vor dem Wind noch steht und
zieht. Bei einem Gennaker benötigen Sie nicht unbedingt einen Baum, auf einem
Einrümpfer sehr wohl aber, wenn Sie sich für einen Spinnaker entscheiden.
Ein
Parasailor steht zwar auf einem Mono auch ohne Baum, ist aber dann nicht
besonders wirksam. Dabei sollten Sie sich und Ihre Crew darüber im klaren sein,
dass ein Baum die notwendigen Manöver bei einer schwachen und unerfahrenen
Mannschaft erheblich verkompliziert.
Ganz anders sieht es aus, wenn Sie
auf Blauwasserfahrt gehen wollen. Im Normalfall werden Sie sich mit gutem Grund
im Bereich der Passatwinde (ganz grob: 5 Grad bis 25 Grad nördlich und südlich
des Äquators) aufhalten. Was den Vorteil hat, dass Sie mit stetigen Winden aus
achterlichen Richtungen (bei Westkursen) und geringe Chancen für Flauten oder
Stürme rechnen können.
Was also ganz ideal aussieht, ist
für die Besegelung nicht perfekt. Achterliche Winde sind an Bord meistens recht
schwach, weil ja, wie wir vom Grundschein wissen, die Fahrtgeschwindigkeit von
der Windgeschwindigkeit abgezogen werden muss. Zugleich kommt der Wind für die
Fahrtgeschwindigkeit aus einer ungünstigen Richtung - siehe das
Kräfteparalellogramm. Das bedeutet aber, dass man bei achterlichen Winden
generell eine möglichst große Segelfläche parat haben sollte.
Von daher wäre ein Spinnaker ideal.
Bei kleiner Mannschaft ist aber von der notwendigen Arbeit auf dem Vorschiff
abzuraten. Zusätzlich ergibt sich das Problem, dass der Spi meistens von Hand
"bedient" werden muß, sodass man sich nicht allein auf den
Ruderautomaten verlassen kann.
Der
Parasailor hat diesen Nachteil nicht, denn er ist viel stabiler als ein normaler
Spinnaker. Ich habe den Parasailor 10 Tage ununterbrochen - Tag und Nacht - mit
Ruderautomaten gefahren.
Passatsegel (Foto rechts oben) sind
wohl nichts für Sie! Da müssten Sie sich mit zwei Bäumen (auf dem Vorschiff)
rumschlagen. Außerdem bräuchten Sie speziell geschnittenen (große) Vorsegel.
Diese könnten Sie in zwei getrennten Nuten fahren. Zur Not ginge das auch mit 2
Genuas, die ebenso angeschlagen werden können. Benützt man auf anderen Kursen
diese Segel als normale Genua(s), dann liegen die beiden halt aufeinander. Das
hat sich bei uns auf einer Atlantiküberquerung gut bewährt (Foto links).
Trotzdem - die Zeit für Passatsegel
ist abgelaufen. Ursprünglich wurden diese nämlich erfunden, um die
Selbststeuereigenschaften der Blauwasseryachten bei achterlichen Kursen zu
verbessern. Das ist heute nicht mehr nötig, die Windsteueranlagen können das
besser.
Beste Grüße
Bobby Schenk
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