YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


26.12.2009

Guten Tag, Herr Dr. Röhl,

mit Verlaub, ins Logbuch, so man überhaupt eines führt, gehört, was für die sichere Durchführung des Törns  der Schiffsführer für notwendig erachtet. Gehört also der Luftdruck überhaupt ins Logbuch eingetragen? Na, also!

Heute sind zahlreiche Yachten, auch Charteryachten mit Luftdruckschreiber (Barograph) ausgestattet, seien sie elektronisch oder mit Papier ausgelegt, auf denen man sehr gut die Luftdruckentwicklung über mehrere Tage ersehen kann. Ist das Tief schon durch?

In diesem Falle wäre es verschwendete Zeit, die Luftdruckwerte alle paar Stunden ins Logbuch einzutragen. Denn die Feststellung des Luftdruckwertes allein ist ja nichtssagend. Nur die Entwicklung des Luftdrucks hat eine gewisse Aussagekraft.

Genauso verhält es sich mit der Wellenhöhe. Wobei, wie jedermann weiß, ihre Messung an Bord überhaupt nicht möglich ist. Es wird immer bei einer Schätzung bleiben, wobei die Wellen umso höher sind, je bedrohlicher sie wirken. Dass so eine Schätzung sehr subjektiv, also nahezu wertlos ist, liegt auf der Hand. Und, ist die ins Logbuch eingetragene Seegangshöhe für die sicher Törndurchführung irgendwie von Bedeutung?

Wenn dagegen aus dem Auspuff weiße Rauschwaden austreten, dann gehört das ins Logbuch, denn ein sich abzeichnender Maschinendefekt (kommt erst dann, wenn man auf den Motor wirklich angewiesen ist) muss ins Logbuch, um später die Frage des Mechanikers "wie lange hat er das denn schon?" beantworten zu können.

Das "Logbuch" auf Vergnügungsyachten dient nicht zur Kontrolle und Überwachung der Schiffsführung! Auch wenn die Behörden mit der angeblichen Pflicht zur Führung eines Logbuchs (es gibt hierfür keine eindeutige Rechtsgrundlagen) das gerne so hätten. Wir leben in keinem Überwachungsstaat. Es bleibt also Ihnen, beziehungsweise dem Schiffsführer überlassen, wie das Logbuch geführt wird. Denken Sie doch mal an das Fahrtenbuch für Autofahrer, das eine Verwaltungsbehörde rechtmäßig in gewissen Ausnahmefällen(!) bestimmten Autofahrern vorschreiben kann. Glauben Sie, dass darin eingetragen wird, mit welchem Gang der PKW auf der Hauptstraße am 1.Januar 2010 um 13 Uhr 55 gefahren wird? Na, also!

Ja, aber was ist, wenn die Yacht einen Unfall erleidet, wenn also ein Gericht über den Fall entscheiden muss. Dann, das kann ich Ihnen versichern, hat ein "ordentlich" geführtes Logbuch höchstens Nachteile. Denn der Beweiswert eines Logbuches ist nahezu Null, wenn es zu Ihren Gunsten gewertet werden soll. Denn schließlich wird man gegen die Wertung des Logbuches als Beweismittel zu Ihren Gunsten vorbringen, dass ja die Aufzeichnungen sehr subjektiv, und immer nachträglich gefertigt wurden. Schreiben Sie aber alles objektiv und ehrlich rein, und findet sich dann ein Haken, können Sie sicher sein, dass man das gegen Sie (oder den Schiffsführer) verwendet. Schließlich handelt es sich ja "sogar um die eigenen Aufzeichnungen" des Beschuldigten.

Es gibt eine nette Geschichte von Graf Luckner, der die wahre (deutsche) Flagge seines Seeteufels bei einer Kontrolle verheimlichen wollte und deshalb sich nicht anders zu helfen wusste, als das Logbuch zu vernichten. Gleiches würde ich auch im Falle des Falles mit meinem Logbuch machen. Das schlimmste, was man mir deshalb vorwerfen könnte, ist, dass ich nicht oder gar nicht "ordnungsgemäß" (was ist das?) mein Logbuch geführt habe. Meinen Versicherungsschutz würde dies sicher nicht berühren.

Eine andere Situation gab es in der Seefahrt in früher Zeit. Damals hatte man keine Satelliten, mit denen man ununterbrochen das Wettergeschehen weltweit auswerten konnte. Damals war man zum Beispiel auf die Wetterbeobachtungen von Seeleuten in den fernen Gebieten angewiesen, sodass die Logbucheintragungen des Einzelnen so wertvoll waren, dass man sie der nautischen Allgemeinheit zur Verfügung stellen musste. Die unter Langfahrtseglern so populären "Pilot Charts", in denen statistische Windstärke und Windrichtung für viele Quadranten in allen Teilen der Ozeane zum Nutzen der allgemeinen Schifffahrt festgehalten wurden, sind so entstanden. Aber den Wind, den die Yacht SEEROSE am 10. August 2009 bei der Einfahrt nach Las Palmas gehabt hat, der interessiert nun wirklich heute niemand.

Ich war mal Mitsegler auf einer Yacht, wo der Skipper - zugegeben bei schlechten Wind- und Seegangsverhältnissen - in einen kleinen Ostseehafen ein völlig verkorkstes Anlegemanöver fuhr, bei dem die fabrikneue Yacht von den meterhohen Wellen mehrfach auf Dalben geworfen wurde und dabei erhebliche Schäden am Gelcot beider Rumpfseiten erlitt. Da der Skipper während des ganzen Törns demonstrativ großen Wert auf exakte und regelmäßige Logbucheinträge Wert gelegt hatte - das übliche halt bei den phantasielosen vorgedruckten Logbüchern - ,war ich gespannt auf seiner Logbucheintragung: Sein Eintrag zu diesem auch nach 30 Jahren unvergesslichen Anlegemanöver lautete schlicht: "15 Uhr 46 - Leinen fest in..."

Nein, wenn schon Logbuch, dann mehr in der Form eines Tagebuchs, damit ich später einen netten Rückblich auf einen schönen habe. Statt "13 Uhr Bft 3 bis 4, Ge, 1,5 m Dünung aus W"  würde da vielleicht bei mir im Logbuch folgendes stehen: "Abends zusammen mit der Crew von der GERLINDE in stilvoller Hafenkneipe mit Lamm vom Grill gefeiert. Raki ("geht aufs Haus") in Strömen. Rückkehr an Bord um ?"

Vielleicht noch garniert mit ein paar verwackelten Fotos von diesem Hafen, hätte das Logbuch den Nutzen einer schönen Erinnerung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Bobby Schenk

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