YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


18.2.2010

Liebe Susanne & Mike,

eine schöne Yacht haben Sie da und ich kann es verstehen, dass Sie sich Gedanken um die Sicherheit vor Anker machen:

Der D'Hone-Anker ist ein Anker mit hoher Haltekraft, doch wie ich schon bei meinem Vortrag und in meinem Buch ANKERN darauf hingewiesen habe, können solche Anker Ihre Vorteile erst dann ausspielen, wenn sie sich eingegraben haben. Hinzu kommt diesbezüglich, dass Ihre 10-mm-Kette selbstredend nicht so schwer ist, wie eine von der Stärke her adäquate Eisenkette mit 12 Millimeter. Damit kommt der Zug auf den Anker nicht ganz so waagrecht, wie bei einer schwereren Kette.Deshalb sollten Sie besonders beherzigen, was ich Ihnen schon ans Herz gelegt hab: Immer den Anker kontrolliert mit der Maschine einfahren und dies auch mit "volle zurück" testen!

Die Tabellen in den einschlägigen Veröffentlichungen, wo jedem Ankergewicht ein Schiffsgewicht zugeordnet wird, sind mit Vorsicht zu genießen. Gleiches gilt für Formeln, mit denen man die "richtige" Ankergröße berechnen kann. Denn die Haltekraft hängt in der Praxis von viel mehr Faktoren ab, als Eingang in solche Berechnungen finden können. Zum Beispiel kann die Grundbeschaffenheit, die ja für die Haltekraft eine große Rolle spielt, kaum von einer Formel erfasst werden. Gleiches gilt für das Schwojverhalten, für das nicht nur der Winddruck, sondern auch die Form des Unterwasserschiffs, ja auch der Seegang am Ankerplatz ursächlich ist.

Und - es gibt Wetterverhältnisse, denen kein Anker gewachsen ist.

Deshalb wird man sich bei der Wahl des Ankergeschirrs auf empirische Werte verlassen müssen. 

Ihr Ankergeschirr entspricht ungefähr den Dimensionen der Ankerausrüstung auf meiner Thalassa (Foto!). Da ich einen 14 Meter langen Kat fahre, der beim Ankern erheblich mehr Windwiderstand erzeugt als ihr Mono, halte ich Ihr Ankergeschirr durchaus für ausreichend. Ich habe 100 Meter Duplex-Kette mit 10 Millimeter, deren Länge ich allerdings noch nie voll ausgenutzt habe. Erst in Australien habe ich die ursprünglichen 70 Meter auf die jetzigen 100 Meter verlängern lassen.

In Ihrem Fall halte ich die Verlängerung der 80 Meter langen Kette für unnötig, zumal Sie selten so viel Platz vor Anker haben werden, um so einen Schwojkreis zu nutzen. Ich an Ihrer Stelle würde mich eher darauf einstellen, Ihren  D'Hone-Anker bei Bedarf mit den vorhandenen 80 Meter Kette zu benutzen und bei kritischen Verhältnissen am Ankerplatz einen zweiten Anker, ungefähr gleicher Haltekraft mit ungefähr 70 oder 80 Meter Trosse auszubringen.

Aber Achtung: Wie ich es in meinem Vortrag ausgeführt habe, sollten Sie Ihre Kette in regelmäßigen Abstand auf Spuren von Lochfraß kontrollieren.

Dann werden Sie beruhigt Ihrem Ankergeschirr vertrauen dürfen.

Mast- und Schotbruch

Bobby Schenk

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