YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Hallo Herr Friedrich,
wenn Ihr Kompass in "zivilen
Gegenden" (also nicht in Polnähe) um 30 Grad daneben zeigt, kommt hierfür
nur eine Ursache in Betracht. Er wird von einem Metall (Eisen) oder von Magneten
abgelenkt.
Die
Kompass-Nadel oder -Rose richtet sich immer(!) parallel zur magnetischen
Feldlinie des Magnetfeldes der Erde aus. Er wird sich also immer ungefähr(!)
zum magnetischen Erdpol ausrichten, an dem die Feldlinien zusammenlaufen. Die
Abweichung zur Richtung zum geographischen Nordpol, also die Mißweisung kann
schon erheblich Beträge (Mitte Atlantik zum Beispiel) erreichen, aber keine 30
Grad.
Es liegt also obige Ursache vor, die
man auch Deviation nennt. Das kann zum Beispiel irgendein metallischer
Gegenstand sein, der sich in der Nähe des Kompasses befindet, sogar Ihre Brille
kommt hierfür in Frage, es können aber auch elektrische Leitungen oder Geräte
sein, die sich in der Nähe des Kompasses (Ein-Meter-Bereich) befinden und an
die sie nicht denken. Es kommt aber auch die interne Kompensiermöglichkeit in
Frage, die manche Kompasse eingebaut haben - nichts anderes, als kleine
bewegliche Magneten.
Sie
haben nicht geschrieben, ob dieser Fehler etwa auf einem Stahlschiff auftaucht,
dann wäre die Ursache ziemlich klar. Es wäre die Eisenmasse des Schiffes
selbst, die den Kompass ablenkt, wenn dieser nicht in einer Entfernung von circa
zwei Metern vom Metall angebracht ist. 30 Grad Deviation wären auf einem
Stahlschiff nichts Ungewöhnliches. Um diesen Schwierigkeiten aus dem Weg zu
gehen, schließlich soll der Kompass von Eisenmassen nicht beeinflusst werden,
andererseits aber zum Steuern im Blickfeld des Steuermanns sein, benutzt man
auch sogenannte Fluxgate-Kompasse (Foto links), wo der Geber an einer Stelle
eingebaut werden kann (z.B. im magnetisch neutralen Aluminiummast), wo eine
Deviation kaum noch spürbar ist und überträgt dann dessen Signale zum
Anzeigeinstrument in Nähe des Steuerstandes. Auf großen Schiffen fährt man
zusätzlich magnetisch neutrale Kreiselkompasse, wie das Foto rechts oben vom
Steuerstand der MS Europa zeigt.
Kurzum,
um sich Gegenmaßnahmen zu überlegen, müßten Sie die Ursache(n) finden. Denn
der Kompass selber kann nicht defekt sein. Eine freischwingende (!) Rose oder
Nadel richtet sich immer nach den magnetischen Feldlinien aus. Weil der
Magnetkompass so ein primitives Werkzeug ist, das eigentlich nur durch Deviation
gestört werden kann, findet er sich zum Beipiel in der Fliegerei immer noch im
Cockkpit trotz einer vorhandenen umfangreichen Elektronik, die schon mal einen
Wert von einer Million Euro erreichen kann (B747). Auch in Kleinflugzeugen ist
der primitive Magnetkompass nicht wegzudenken - siehe Pfeil auf dem Foto- und
der Pilot wird auch geschult, nach dem Magnetkompass zu steuern. Der Grund
hierfür liegt auf der Hand: Elektronik kann ausfallen oder gestört werden.
Dies gilt auch für Yachten, wo ein Blitzeinschlag sämtliche Instrumente -
ausser dem Magnetkompass - zerstören kann. Was tatsächlich allein in meinem
engeren Bekanntenkreis schon viermal passiert ist. Es ist Vorschrift, dass
solche Kompasse in Flugzeugen in festgesetzten Zeitintervallen mittels
absichtlich eingesetzen Magneten kompensiert werden müssen und hierfür auch
eine Tafel erstellt werden muß, in der für jeden Schiffskurs in
10er-Abständen die Deviation festgehalten wird (Deviationstafel). Dies ist auch
die richtige Maßnahme für Ihre Probleme. Wenn sich eine leicht zu beseitigende
Störursache nicht finden läßt. Die Kompensierung eines Kompasses ist nicht so
leicht und bedarf eines Fachmannes, ein Beruf, der langsam ausstirbt. Gelingt
es, die Deviation unter 10 Grad zu drücken, gebietet es gute Seemannschaft,
dann die restliche Deviation in einer Steuertafel festzuhalten, die mindestens
jährlich neu erstellt werden sollte. Wie das geht, finden Sie in jedem
Navigations-Lehrbuch. Nur soviel in Kürze: Ich ziehe es vor, irgendwo auf See
sehr langsam einen Vollkreis zu fahren und hierbei - vormittags oder nachmittags
- mit dem Kompass die Sonne anzupeilen und diese Peilung dann mit dem Azimut
(was nichts anderes ist als die rechtweisende Richtund zur Sonne) zu
vergleichen. Nach Berücksichtigung der Mißweisung an dem betreffenden Ort -
steht in jeder Seekarte - erhalte ich dann die Deviation, die ich für jede
Schiffsrichtung von 10 zu 10 Grad niederschreibe.
Das
ist die gründlichste Methode. Nachdem uns heute GPS zur Verfügung steht und
danach auch gesteuert werden kann, verzichte ich aber in der täglichen Praxis
auf diesen Aufwand (nach dem ich für mein Schiff einmal eine Steuertafel
aufgestellt habe, um einen groben Überblick über die magnetischen
Verhältnisse zu bekommen) und vergleiche die Kompassrichtung von Zeit zu Zeit
mit der Kompassrose auf dem GPS. Doch Vorsicht: Diese recht preiswerten Geräte
beziehen von den Satelliten nichts anderes als die exakte Uhrzeit und den
Schiffsort nach Breite und Länge. Aus dem Vergleich von den kurz
aufeinanderfolgenden Schiffsorten errechnet dann der GPS-Empfänger an Bord(!)
die Richtung in der sich das Schiff in den letzten Sekunden bewegt hat. Schluß
daraus: Genaue Richtungsangaben kann das GPS-Gerät nur machen, wenn sich das
Schiff bewegt - je schneller, umso besser!
Viele Grüße
Bobby Schenk
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