YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
17.11.2012
Hallo,
ich
habe lange gezögert, Dir zu antworten, da ich annehme, dass Dir meine Antwort
nicht sehr gut gefallen wird. Aber Du hast ja ausdrücklich um eine offene
Antwort auf Deine offenen Fragen gebeten. Also bekommst Du das Erwünschte:
Vorausschicken
möchte ich, dass dies meine persönliche Meinung ist - auch auf Grund
meiner Erfahrung aus vieljährigem Segeln auf verschiedenen Fahrtenyachten. Was
nicht heißt, dass andere nicht zu anderen Ergebnissen kommen. Ich bin mir aber
sicher, dass ich unter ähnlich erfahrenen Seglern meist Zustimmung erfahren würde.
Über
eins muss man sich klar sein. Ein 17 Meter oder gar ein 60 Fuß langer Katamaran
ist von der Größe her mit einem 25 Meter langem Monohull zu vergleichen.
Trotzdem: Eine 585er (knapp 59 Fuß, 17 Meter über Alles) wirst Du, wenn Du körperlich
fit bist, locker alleine segeln können. Da ist nichts dabei, wenn man von einer
üblichen Ausstattung für eine solche Yacht ausgeht. Die da wäre: Elektrische
Winschen, Autopilot, hydraulisches oder elektrisches Ankerspill u.s.f. Auch
Hafenmanöver werden Dich, dank der beiden Maschinen, kaum vor unlösbare
Probleme stellen. Da gibt es keinen Unterschied wie zu meinem letzten Boot, dem
465er Privilege (Photo). Wenn die elektrische Ankerwinde kaputt geht, dann
kann ich das Ding nicht mehr benutzen, unabhängig davon, ob es 15 oder 18 Meter
lang ist. Bei allem wirst Du dabei defensiv segeln müssen. Also, frühzeitig
reffen, auf höchste Performance zugunsten des leichteren Handlings (lieber ein
Segel weniger) verzichten und Hafenmanöver nicht unbedingt bei starkem Wind
wegen der erhöhten Seitenwindempfindlichkeit fahren.
Der
erste Schwachpunkt in Deinen Überlegungen scheinen mir die "1 - 2
Freunde" zu sein. Ich habe es xmal erlebt, wie so etwas schief gegangen
ist. Mitsegler von zu Hause sind meistens ein Reinfall, weil Du und Deine
Freunde Deine Yacht mit völlig verschiedenen Augen sehen. Für Dich ist Deine
Yacht Dein Zuhause, mit dem Du einen fixen Lebensmittelpunkt hast und
andererseits doch die ganze Welt sehen kannst. So begeistert wie Du über Deine
Pläne schreibst, so intensiv wirst Du Deinen Katamaran auch als Spielzeug
betrachten, für dessen Zubehör Dir nichts zu teuer ist und in den Du zu Deinem
Vergnügen immer wieder investieren wirst. Dein Leben wird auf Dein Schiff
ausgerichtet sein.
Für
Deine Freunde ist es - meist nach 10 Tagen oder so - im besten Fall ein
rauer Ersatz für ein luxuriöses Hotel und im schlimmsten Fall ein Gefängnis,
wenn die anfängliche Lust aufs Segeln nachlässt. Hinzu kommt, dass Deine
Freunde, soweit sie noch berufstätig sind, unter Zeitdruck stehen werden, weil
sie zu einem bestimmten Tag da oder dort am Flugplatz sein müssen. Der
Interessenkonflikt aus beiden Betrachtungsweisen kann gewaltig sein, wie ich
sicher ein Dutzend Mal auf anderen Yachten miterleben durfte. Amerikanische
Yachtsleute bringen die resultierenden Schwierigkeiten auf den Punkt, wenn sie
sich folgende Regel geben: „Besuch kann jederzeit kommen und er darf auch
bestimmen: "When or where?". Aber niemals Beides!“
Auch
zur mitsegelnden Crew hab ich auf anderen Yachten fast nur unbefriedigende
Erlebnisse des Eigners beobachtet. So ein großes Schiff schafft man sich ja
auch deshalb an, weil man von Niemandem abhängig sein möchte. Und dann bist Du
Tür-an-Tür eingesperrt mit wildfremden Menschen. Und das für Wochen. Fast
immer geht sowas an menschliche Grenzen. Der Eigner einer wunderschönen - und
etwas zu großen - 15-Meter-Yacht hat sich bei mir mal treffend ausgelassden:
"Ich möchte halt eine Toilette ganz allein für mich haben!"
Den
dritten Schwachpunkt erwähnst Du nicht, aber Du kannst sicher sein, dass Du den
bald
schmerzhaft erleben wirst. Du wirst Schwierigkeiten haben, so ein Schiff zu
unterhalten. Aus Deinen Zeilen lese ich heraus, dass dies nicht in finanzieller
Hinsicht, sondern in tatsächlicher Hinsicht passieren wird. Ganz egal, wie
sorgfältig Du die Technik auf so einem Riesenschiff planen wirst, spartanisch
oder großzügig, Du wirst soviel Technik an Bord haben (müssen), dass der
Unterhalt Deiner Yacht Deine Möglichkeiten, nicht die finanziellen, aber die
technischen, überschreiten würde. Wobei es gleichgültig ist, für welche
Herstellerfirma Du Dich entscheiden wirst. Denn das fehleranfällige Zubehör
wird, gleich auf welchen Schiffstyp, von den gleichen Herstellern kommen.
Fangen
wir beim ganz normalen Unterhalt an. Dein Schiff wird von Zeit zu Zeit aufs
Trockene müssen. Bist Du Dir im Klaren darüber, dass wegen der Größe der
Yacht, vor allem aber wegen der Breite von über 10 Meter, nur Plätze für Dich
geeignet sind, wo auch die Berufsschifffahrt versorgt werden kann. In der Südsee
kommt dafür - ich habs nicht nachgeprüft - wahrscheinlich nur Tahiti in Frage,
vielleicht auch Suva. Sonst nirgendwo! In Südostasien kenn ich nur Singapur und
Pukhet, wo Du mit Deinem Kat aufs Trockene kommst. Damit wirst Du zum Knecht
Deiner Schiffsbreite werden. Sogar in zivilisierteren Gebieten wirst Du da
Probleme bekommen. Beispiel: In der ganzen Türkei ist mir nur ein Platz
bekannt, wo man Dich aufs Trockene heben kann: Marmaris.
Ich
hab das Gefühl, dass Du Dir nicht im Klaren bist, wo Du Dich auf einer
Weltumsegelung die meiste Zeit herumtreiben wirst. Sicher nicht in Großstadthäfen
mit Werften zur Auswahl. Die Südsee, das Traumrevier der allermeisten
Weltumsegler, ist von der Fläche her doppelt so groß wie ganz Europa. Dort
findest Du Tausende von Traum-Ankerplätzen - aber garantiert keinen Mechaniker,
der mit der Technik auf Deinem Riesenschiff umgehen kann. Oh doch, die
Einheimischen werden Dir erzählen, dass sie hier einen Mann haben, der sich
bestens mit der Schiffselektronik auskennt. Für Eingeborenen-Vorstellungen tatsächlich
eine Kapazität, weil er ein Meßgerät hat! Man wird Dir verschweigen, dass
diese "Kapazität" vor ein paar Jahren noch als einfacher Fischer
hinaus gerudert ist, bis er entdeckt hat, dass Yachtsleute eine viel effektivere
Einnahmequelle sind. Und der soll Dir Dein Radar oder Deinen Kartenplotter
reparieren? Er wird es wohl versuchen. Ein Freund von mir im Yachtzentrum von
Trinidad (4000 Yachten), selbst ein Schiffsausrüster, aber auch leidgeprüfter
Yachtbesitzer, hat es auf den Punkt gebracht: "Ich hab die Nase voll von
den "local specialists"!
Unter
Berücksichtigung dieser Argumente bezüglich der Größe eines Kats und meines
Alters würde ich mich (und Du hast ja mich direkt angesprochen) bei meinem
nächsten Karamaran für höchstens 43 Fuß entscheiden.
Ich
hoffe jetzt, dass ich Dir nicht den Appetit auf Dein zukünftiges Leben auf dem
Wasser genommen habe. Aber wenn..., dann doch noch was Positives: Jeder
Katamaran kann kentern. Diese Gefahr wird, allgemein gesprochen. geringer, je größer
der Katamaran ist. Von daher bist Du auf der sichereren Seite!
In
Verbundenheit
Bobby
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