Hallo,
Herr Pötschner,
Sie
haben mich nach meiner Meinung gefragt und deshalb möchte ich Ihnen auch eine
klare Antwort geben: Zwar haben Sie nicht angegeben, was Sie mit dem Schiff
vorhaben, aber aus dem Vergleich zu anderen derartigen Fragen gehe ich davon
aus, dass Sie nicht planen, in nördlichen Gefilden herumzusegeln. Dort wäre
nämlich die Farbe von Rumpf und Deck durchaus vertretbar und aus sachlicher
Sicht nicht zu beanstanden, also eine Entscheidung nach ästhetischen
Maßstäben.
Sollten
Sie aber - wie viele Fragensteller - davon träumen, auf Langfahrt in
warme Gebiete (Mittelmeer, Tropen) zu gehen, rate ich Ihnen dringend davon ab,
die Farben Ihres Schiffes so zu belassen. Wie Sie aus zahlreichen Büchern von
Langfahrt- und Weltumseglern ersehen können, gibt es außer der Segelei
generell zwei Probleme: das erste ist der ständige Kampf um die richtige und
effektive Energiegewinnung, das zweite ist die Schlacht gegen das aggressive
UV-Licht und daraus folgender Hitze, die schon mal zum Leben kaum erträglich
sein kann. Im Freien bei Windstille und erst recht im Schiff. Oft wird die
Meinung geäußert, das Problem wäre mit der richtigen Isolierung des
Schiffes zu lösen, aber das ist so nicht richtig. Es muss zu allererst
vermieden werden, dass das Schiff die Hitze überhaupt absorbiert.
Wenn
Sie - auch in unseren Breiten - mal Hausdächer inspizieren und dort Behälter
oder Röhren entdecken, die der Sonne ausgesetzt sind, dann sind das fast
immer Warmwasserbereiter mit Sonnenenergieversorgung. Und welche Farbe haben
die immer? Eben. Sie sind so schwarz wie Ihr schönes Schiff. Würde man ein
aus irgendwelchen Gründen Schiff bauen, das in den Tropen im Innern
möglichst heiß werden soll, wäre es mit Sicherheit außen schwarz bemalt.
Zwar ist die Rumpffarbe nicht ganz so dramatisch zu sehen wie die Farbe des
Decks, doch greift das UV-Licht über die Reflexion am Wasserspiegel und
schrägem Sonnenstand immer noch effektiv an. Was die Lichtstrahlung auch am
Rumpf anstellen kann, sehen Sie am Bug dieser Yacht. Entgegen dem Rat des
Werftchefs bestand die Eignerin nämlich darauf, den Rumpf der Yacht in einem
leuchtendem Blau zu haben. Was daraus nach 2 Jahren Weltumsegelung geworden
ist, zeigt das Bild.
Noch
interessanter aber sind die Auswirkungen der Licht-und Hitzestrahlung, wenn
Sie in den Tropen abwechselnd die Temperatur von weißem Kunststoff und vom Teakholz in daneben messen. Der Temperaturunterschied ist gewaltig, in einem
Fall 42 Grad, im anderen 51 Grad. Das mag vielen nicht so dramatisch
erscheinen, doch bedeutet das einen erheblichen Unterschied im täglichen
Leben und damit im Wohlergehen. Auf dem Kunststoff kann ich nämlich noch ohne
weiteres darüber barfuß laufen, beim Teakdeck muss ich schon Schuhe tragen,
was beim Leben in den Tropen nicht nur Folgen für die Bequemlichkeit hat,
sondern auch für die Hygiene. Sie können sich leicht ausmalen, was das für
die Temperatur im Innern des Schiffes ausmacht.
Der
gewaltige Unterschied folgt also nicht aus den Materialien, sondern in erster
Linie aus der Farbe. Unlängst war ich auf einem (nur) hellgrau gestrichenem
Deck eines riesigen Katamarans, der in der Sonne mit bloßen Füssen nicht
mehr betreten werden konnte.
Aus
diesen Gründen hat zum Beispiel der Eigner der stählernen Luxusyacht auf dem
Foto das ursprünglich verlegte Teakdeck entfernen lassen und das Stahldeck
weiß gestrichen. Eine aufwendige Operation von einigen zigtausend Dollars,
aber mit eindrucksvollem Erfolg, wie er mir versicherte: "Jetzt kann ich
endlich auf meiner schönen Yacht so leben, wie ich es mir immer erträumt
habe.
es
hat also schon einen Grund, warum die meisten Yachten in den Tropen in
langweiligem weiß gehalten werden.
Zum
Kutterstag folgendes: Ich würde mich freuen, wenn ich ein solches auf meiner
letzten Yacht
gehabt hätte. Als Karla und ich vor vielen Jahren nonstop von Tahiti nach
Argentinien (um Kap Hoorn) gesegelt sind, mussten wir uns wochenlang in den
hohen Breiten, also den brüllenden Vierzigern aufhalten und mit stürmischen
Winden zurecht kommen. Eine nicht leichte Aufgabe ohne Rollsegel. Aber dank
unseres Kutterstags konnten wir je nach Windstärke und Richtung, besonders
bei starken Winden, die Beseglung wunderbar den Gegebenheiten anpassen, sodass
es auch für eine zahlenmäßig schwache Mannschaft von zwei Personen kein
Kunststück war, die 22 Tonnen Stahl durch die Roaring Fourties zu bugsieren.
.Mit
freundlichen Grüßen
Bobby
Schenk