Lieber
Georg,
leider
hast Du zu Deinem Lebensstil wenig gesagt. Bist Du sportlich,
komfortverwöhnt, eher asketisch, anspruchsvoll in Essensgewohnheiten, gesund
(davon gehe ich mal aus) oder wie?
Ansonsten
kann ich Deine Fragen ganz gut beurteilen, nachdem meine Yacht TAHALASSA
(mit der ich zusammen mit meiner Frau Karla die Welt umsegelt habe), eine
Fähnrich 34, nur unwesentlich größer gewesen ist wie Deine.
Also,
fangen wir, nach Priorität geordnet, mal mit dem "Segeln" an: Ich
denk, Du hast die "normale" Beseglung ohnehin drauf. Dann solltst Du
Dir Gedanken über geeignete Vorwindsegel machen. Inzwischen gibt es genügend
Weltumsegelungen oder auch nur Langfahrten, wo die Eigner ohne spezielle für
Vorwindkurse angefertigte Segel ausgekommen sind. Und gar nicht so unüblich
ist, dass halt ein üblicher Spinnaker für die tage-oder wochenlangen Strecken vor dem Wind eingesetzt wurde. Solche Segler würden Dir
wahrscheinlich auch zu einer derartigen Beseglung raten.
Ich
bin da anderer Meinung, nachdem ich eigentlich alles, was es hierzu gibt,
ausprobiert habe, also ausgebaumte Genua, Spinnaker, Parasailor, Passatsegel
oder Schmetterlingsegeln. Auf einer Weltumsegelung - nehmen wir das mal als
Maßstab, denn Du schweigst Dich ja über das genaue Ziel aus - hast Du
vorwiegend Vorwindstrecken, sodass es schon wert ist, sein Augenmerk auf
diese Tatsache zu richten.
Immer
noch eine Daseinsberechtigung haben die Passatsegel, das sind also zwei
gleichgeschnittene Focks, die mit Bäumen nach jeder Seite ausgebaumt
werden. Das Kurshaltevermögen ist unter Selbststeueranlage hervorragend.
Allerdings nimmt man dafür das Gedöns mit zwei Bäumen und dem
dazugehörigen Leinenverhau in Kauf. Aber hierfür gibt es doch den Spinnaker
höre ich manchen Leser einwerfen! Im Normalfall setzt der Spinnaker einen
Mann am Ruder voraus, denn der Automat kann nicht den Achterholer etwas
dichter nehmen, was zur Knechtschaft des Rudergehens führt. Das ist zu
vermeiden, es sei denn, man fände dumme Mitsegler, denen man das aufbürden
könnte - in Deinem Fall wohl nicht. Eher eignet sich hier dann der
gutmütige, aber teure Parasailor, von dem ich persönlich nach ein paar
tausend Meilen (mit Wochen am Stück) sehr viel halte.
Stichwort
Selbststeueranlage: Du hast ja einen Automaten, aber dem würde ich nicht
zutrauen, dass er mich ohne jede Störung über die Ozeane steuert. Das kann
schon vorkommen, aber eher nicht, wie zahlreiche Berichte bestätigen. Eine
Langfahrtyacht ohne die Möglichkeit, dem Rudergehen aus dem Wege zu gehen,
ist eine mittlere Katastrophe, wie Dir nahezu jeder(!) Langfahrtsegler
bestätigen kann. Deshalb würde ich(!) mir noch zusätzlich
eine Windsteuerung anbauen, oder zumindest einen vollwertigen
elektrischen Ersatz für den vorhandenen Autopiloten vorsehen.
Ich
bin mir sicher, dass Du auch an der vorhandenen elektrischen Anlage einige
Änderungen durchführen müßtest. Das bedeutet unter anderem den Austausch
sämtlicher(!) Glühbirnen gegen LED-Lampen. Ausserdem nach Möglichkeit die
Verdoppelung der derzeitigen Batterie-Kapazität und die Belegung aller freier
Flächen an Deck - das werden nicht sehr viele sein - mit Solarpaneelen.
Erwarte Dir aber davon keine Wunder in Sachen Stromerzeugung. Auch wenn Du
keinen aufwendigen Lebensstil betreibst, wirst Du schnell an Leistungsgrenzen
kommen, wenn es um die Stromerzeugung geht. Wobei Du sehr im Auge behalten musst, dass das Problem in erster Linie am Ankerplatz zu spüren sein wird.
Finger weg von einem fix installierten Generator mit all seinen Problemen
(Einbau, Erreichbarkeit, Anschaffungspreis), ein tragbarer Honda tut es auch,
ist nützlich.
Viele Yachten, die ich an der Ostsee gesehen habe, besitzen kein
langfahrt-geeignetes Ankergeschirr.
Drei Anker sollten es schon mindestens sein: Der Hauptanker, der Zweitanker
zum Ausbringen mit dem Beiboot und der Verwarpanker - gelegentlich am Heck, um
das Schiff in einer Richtung zu halten. Für die Kette reichen acht Millimeter
eisenverzinkt, bitte keine Nirokette. Ankerspill ist bei dieser Schiffsgröße
entbehrlich, wenn Du
einigermaßen köperlich gut drauf bist.
Ein
vernünftiges Beiboot brauchst Du. Bei diesem Stichwort gibt es meist hitzige
Diskussionen, wobei häufig von wenig langfahrterfahrenen Seglern außer Acht
gelassen wird, dass es sich immer um einen Kompromiß handeln muß.
Selbstverständlich hätte ich gerne ein sechs Meter langen Boston Whaler, mit
dem ich mit 20 Knoten schnell mal ins nächste Dorf zum Einkaufen gleiten
könnte. Aber bereits der nächste Denkschritt "wohin mit dem Ding?"
zeigt mir doch das Absurde meines Wunsches auf. Ich konnte mit allen
möglichen Beibooten eigene Erfahrungen sammeln und nach vielen Jahren auf dem
Wasser und nach unzähligen Beobachtungen von anderen Langfahrtseglern, halte
ich nach wie vor das Banana-Boot für einen erstklassigen Kompromiß. Gut, es
taugt nichts für denjenigen, der beim Einsteigen wie ein nasser Sack ins
Beiboot plumpst oder für stark Übergewichtige, auch ein tattriger 80jähriger
Greis wird sich damit schwer tun - aber da gehe ich mal in Deinem Fall nicht davon aus.
Kritiker sollten sich schon mal die Frage stellen, wer hier ungeeignet ist.
Der Benutzer oder das Boot, ein Geniestreich, von dem immerhin
20tausend Stück verkauft worden sind.
Es gibt eine Reihe
von Langfahrt- und Weltumseglern, also echte Profis, die von dem genialen Ding begeistert waren,
siehe hier. Auch
Weltumsegler Martin Birkhoff meint hier:
"Das Banana-Boot erwies sich in den rauen Revieren Feuerlands allen Schlauchbooten weit überlegen, da durch Felsen, Muscheln usw. praktisch unzerstörbar."
Wenn Dir so ein klappbares Boot nicht
gefällt, solltest Du immer das Problem
zu Ende denken: Wo bringe ich das Dhingy auf meinem 32-Fuß-Schiff unter, wie leicht
ist es aufzubauen, kann ich damit auch mal über Korallen rutschen, wie
schwierig ist es, es zum Kentern zu bringen, wie verträgt es jahrelange
Tropensonne, wie gut ist es zum Rudern, wie steht's mit einem
Außenborder und so fort!
Wenn
Dir Deine Gesundheit lieb ist, musst Du die Möglichkeit haben, Dein Leben im
Freien, also im Cockpit zu verbringen, aber gleichzeitig immer(!) vor der
Sonne geschützt. Dabei gehe ich mal davon aus, dass Du Fahrten in warme
Gegenden erträumst, obwohl Du ja schon mit der Heizung für eisige Gebiete
gut vorbereitet bist. Die Kuchenbude ist zwar aus meiner Sicht beim Segeln
unentbehrlich, am Ankerplatz aber ist sie untauglich, es sei denn, es ist für
den Luftdurchzug von vorne her gesorgt.
Heute
im GPS- und Notebook-Zeitalter kannst Du den großen Kartentisch für was
anderes umfunktionieren, denn Du wirst ausnahmslos auf dem Notebook navigieren
und Seekarten aus Papier (hoffentlich) nur als Backup bereithalten. AIS wirst
Du bis zu Deiner Abfahrt ohnehin an Bord haben. Für die Kommunikation reichen
eine UKW-Handfunke (wichtig!) und ein Radioempfänger. Allerdings: Bis dahin wird sich bei
diesem Punkt noch einiges ändern, nach dem heutigen Stand der Technik hätte
ich gerne auf Deinem -Schiff ein Iridium-Handy.
Dass
Du eine Rettungsinsel nebst Epirb an Bord haben wirst, halte ich für
selbstverständlich.
Ansonsten:
Einsteigen und Losfahren! Als ich bei meinem Besuch des Treffens der GfK-Klassiker auf der Ostsee mir so die
Schiffe, allesamt uber 20 Jahre alt,
angesehen habe, stellte ich mir unwillkührlich bei jedem die Frage, ob ich
damit um die Welt
segeln würde? Bei fast allen Yachten war die Antwort:
"Ja!"
Mit
freundlichen Grüßen
Bobby
Schenk