YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


7.8.2015

Lieber Georg Kirschbaum,

wenn Sie von der "ganz großen Langfahrt" schreiben, dann haben Sie ja wohl eine Weltumsegelung im Hinterkopf und die wird auch sicher nicht in polaren Gewässern stattfinden.

Ein schönes breites Schiff ist Ihre Neuerwerbung. Und über die Breite von 3,23 m werden Sie sich noch freuen. Denn daher wird der vergleichsweise hohe Wohnkomfort, verglichen mit anderen 10-Meter-Schiffen, in erster Linie rühren.

Ich denk, ich kann aus eigener Erfahrung doch was zur zweckmäßigen Ausrüstung einer Yacht in dieser Größe für eine Weltumsegelung sagen, denn ich hab selber vier Jahre auf einer 34-Fuß-Yacht THALASSA (siehe Foto) zugebracht, als meine THALASSA die Welt auf der Passatroute umrundet hat. Damals, vor einigen Jahrzehnten, war dies in den Häfen eine große Yacht, nur einen Fuß länger und unwesentlich schmäler als Ihre SHE 33.

Schön, dass Ihre Yacht mit einer Heizung ausgerüstet ist, doch diese werden Sie wohl stillegen, wenn Sie auf den großen Törn gehen. Kuchenbude, Autopilot und Zweikreis-Kühlung sind o.k. Und für die Navigation reicht ein (besser mehrere) primitives GPS-Gerät für 100 Euro und die zuständigen Seekarten aus.

Was mir völlig abgeht in Ihrer Beschreibung ist ein zweckmäßiges Ankergeschirr, das Sie zahlreiche Male gebrauchen werden und von dem die Sicherheit Ihrer Yacht mehr abhängt, als von einer zweckmäßigen Besegelung. Zwei wirkungsvolle Anker mit einer 8-mm-Kette (bitte kein Vorlauf) und Trosse sollten es schon sein. Ein Ankerspill braucht es bei Ihrer Schiffsgröße nicht.

Bei der Besegelung sollten Sie darauf achten, dass sie große Segel auf den überwiegend vorherrschenden Vorwindkursen einsetzen können - Passatsegel, Zwillingsfocks, Parasailor etc.

Elektrisches Druckwasser brauchen Sie nicht, mechanische Fußpumpen tun es auch. Damit entfällt auch die Möglichkeit, Warmwasser von einem Wärmetauscher an der Maschine zu beziehen. Was Sie nach meiner Meinug aber unbedingt auch nur für minimalen Wohnkomfort in den Tropen benötigen ist ein Kühlschrank. Und damit sind wir schon beim größten Problem, der Versorgung mit Energie, also mit elektrischem Strom. Zumal Sie ja keine Windsteueranlage haben, sondern unterwegs Ihr Ruderautomat ständig, rund um die Uhr, Strom aus der Batterie lutscht, und das, je nach Seegangsvberhältnissen, nicht zu wenig. Bei Ihrer Schiffsgröße sind nicht Solarzellen die Lösung (höchstens Unterstützung), weil Sie gar keinen Platz haben, wirkungsvolle, und damit schon recht großflächige, Paneele unterzubringen, erst recht nicht unterwegs. Dass Sie nur mit einer neuwertigen, je nach vorhandemem Platz möglichst großen Batterie(en) auf große Fahrt gehen werden, davon gehe ich mal aus. Ja, und das Wichtigste hätt ich fast vergeseen: Alle(!) Lampen an Bord müssen durch LED-Lampen ersetzt werden, aber das haben Sie als Elektroniker ohnehin ja vor. 

Für die Kommunikation würde ich mir eine UKW-Hand-Funke anschaffen und einen Kurzwellenempfänger.

Was mir völlig abgeht in Ihrer Beschreibung, ist ein Beiboot, das zu einer Langfahrtyacht so selbstverständlich dazu gehört, wie der Mast oder die Segel. Ihre Platzprobleme löst kein aufblasbaren Schlauchboot, denn ich hab noch nie erlebt, dass solche Dinger jeweils vor Gebrauch aufgeblasen wurden. Ein Klappboot an der Reling würde jedenfalls ihren Lebensraum am wenigsten einschränken.

Das wärs in Kürze. Auf meinen Blauwasserseminaren verteile ich eine Liste mit Punkten für eine Aufrüstung von sogenannten segelfertigen Yachten zur Langfahrtyacht. Diese ist zwar für größere Yachten gedacht, doch finden Sie vielleicht den einen oder anderen Punkt, der Ihnen eine zusätzliche Anregung gibt - siehe auch hier! 

Sie sollten sich mal ein paar Bücher über frühere Weltumsegelungen anschaffen (zum Beispiel antiquarisch: Hundeleben in Herrlichkeit von den Kochs oder die frühen Erlebnisberichte von den Hiscocks), da würden Sie noch viele Anregungen finden. Und sagen Sie jetzt bloß nicht, dass diese Bücher nicht mehr aktuell sind. Es handelt sich um Yachten um die 10 Meter Länge und die See, das Meer hat sich keineswegs geändert, ist nicht "mit der Zeit gegangen". Was einen Reiz unserer Lebensweise ausmacht.

Viele Grüße Bobby

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