YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
7.11.2015
Lieber Jens,
doch, sowas gibt es. Wir hatten bei unserem 14 Meter
langen Katamaran THALASSA eine Windpilot-Windsteueranlage am Heck
angebracht.
Dass Du noch keine gesehen hast, liegt daran, dass das
Heck bei fast allen Katamaranen in der Praxis "verbaut" ist durch
Beiboot, Gangway oder Badeleiter-Konstruktionen. Was man natürlich unterwegs
auf hoher See alles dringend braucht
.
Nein, Spaß beiseite, das hast Du offensichtlich noch
nicht bedacht: Auf Langfahrt, und damit meine ich die "typische"
Weltumsegelung , ist man höchstens 20 bis 25 Prozent der Reisedauer auf
See, die restliche Zeit im Hafen, in der Marina oder vor Anker. Dort ist eine
Windsteueranlage logischerweise überflüssig und blockiert bei Katamaranen den
Platz für wichtigere Dinge - siehe oben.
Bei der Anschaffung meines Katamarans habe ich diese
Fakten selbstverständlich schon gekannt, allerdings habe ich dem
Wind-Steuerautomaten eine höhere, ja die höchste Priorität eingeräumt und
bin zu folgender Lösung gelangt: Beiboot als Klappboot an die Reling, so bleibt
das Heck zwischen den Rümpfen frei für eine Ruderanlage.
Nun hat man bei Katamaranen das Problem, dass ab
"Wind von querab", also Wind aus vorlicher Richtung, die Windfahne
nicht mehr angeströmt wird. Genau genommen gilt das auch für Einrumpfboote,
doch in erheblich höherem Maße für Katamarane auf Grund ihrer großen Breite.
Selbst bei Einrumpfyachten wird "hoch am Wind" letzterer die Windfahne
kaum ansprechen können, man gleicht dies aber dadurch aus, dass man die letzten
Grade der Hoch-am-Wind-Performance nicht ausnützt, ja auch nicht ausnützen
kann, weil die übliche Hochseedünung und auch das Oszillieren des Kurses
unter Windsteuerung das Am-Wind-Vermögen der Yacht beeinträchtigt.
Beim Katamaran sind diese Möglichkeiten noch weniger
gegeben, bei Wind von vorlicher als querab ist Schluss. Das bedeutet aber in der
Praxis, so hatte ich es mir überlegt, dass die Windsteueranlage nur bei
achterlichen Winden einwandfrei funktionieren kann. Das sah auch Peter Förthmann
von der Firma Windpilot so , und deshalb wurde die Idee entwickelt - auf eine
Windsteuerung wollte ich keinesfalls verzichten -, die mittschiffs am Heck
angebrachte Anlage bei Kursen vorlicher als querab nicht mehr vom Wind bedienen
zu lassen, sondern die Windfahnenhalterung statt von einer Windfahne, von einem
elektrischen Pinnenpiloten mit eingebautem Kompass ansteuern zu lassen. Das hat
den Vorteil, dass der Stromverbrauch der "Windsteuer-Anlage" zwar
nicht bei Null wie bei der Windfahne, aber doch lediglich bei erträglichen ein
bis zwei Ampere liegt. Die Kraft bezieht die Pendelanlage ja aus dem Fahrstrom.
Zum Vergleich: Der elektrische Ruderautomat zog bei
unserem Katamaran je nach Seegang zwischen sieben und zehn Ampere. Selbstverständlich
ist der Einsatz der elektrischen Anlage bequemer: Auf Kurs gehen und Knopf drücken,
das ist alles.
Und so kam es, dass wir überwiegend den elektrischen
Robertson benutzt haben. Als dieser auf Grund von Softwareproblemen ein paar Mal
ausgestiegen ist, waren wir allerdings heilfroh, die Windpilot-Anlage
einsatzbereit an Bord zu haben. Ein "Sonntagssegler" (nichts gegen
diese!) kann sich gar nicht vorstellen, wie leicht sich Panik auf einer Langfahrt
breitmacht, wenn der Ruderautomat aussteigt. Man kanns
immer wieder nachlesen: "Mussten wir Rudergehen..."
Das wünsche ich Dir nicht ,
Bobby
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