Besucher fragen, Bobby Schenk
antwortet
20. August 2016
Guten
Tag, Herr Haindl,
Ich
finde es gut, dass Sie sich darüber Gedanken machen. Jedoch - wenn Sie zum
ersten Mal den Atlantik überquert haben, werden Sie feststellen, dass
dies in der Praxis kaum ein Thema ist.
Es
ist ja nicht so, dass die Yacht auf der offenen See ruhig dahingleitet und Sie
nichts zu tun haben, sodass Ihre Muskeln verkümmern könnten. Gerade bei einer
Atlantiküberquerung, um bei diesem Beispiel zu bleiben, ist Ihr Körper, sind Ihre
Muskeln fast ständig damit beschäftigt, die Schiffsbewegungen auszugleichen.
Selbst im Schlaf werden Sie sich in der Koje irgendwie einklemmen müssen,
damit Sie nicht, wie die rollende Yacht, hin- und hergeworfen werden. Gleiches
gilt, wenn Sie draussen im Cockpit am Ruder sitzen oder sich sonstwie dort
aufhalten. Und erst recht wird es zu einer verdammt sportlichen Angelegenheit für
Ihre Muskeln, und zwar ganzheitlich, wenn beispielsweise die Segel bedient oder
gar gewechselt werden müssen.
Selbst
wenn Sie, was sicher der Normalfall ist, die meiste Freizeit in der Koje
verbringen, wird also Ihr Körper physisch gestresst. Ich war einmal mit Karla 56
Tage nonstop unterwegs (von Lüderitzbucht nach Horta/Azoren), einmal 55 Tage
nonstop auf See, und zwar von Tahiti ums Kap Horn nach Feuerland und einmal sogar 72 Tage ohne Landsicht unterwegs, nämlich von
Mar del Plata (Argentinien) nach Malaga, aber niemals habe ich anschließend
irgendwelche körperliche Defizite mangels physischer Belastung des Körpers
verspürt, auch objektiv waren sie nicht festzustellen.
Bei
solch langen Törns liegen wir ohnehin die meiste Zeit in der Koje und
arbeiten durch Einklemmen den Schiffsbewegungen entgegen. Ich bin mir sicher,
dass dies auch auf anderen Yachten so gehandhabt wird , jedenfalls die meiste
Zeit (auch wenn kaum jemand zugeben wird, dass er den Ozean schlafend und dösend
"bezwungen" hat). Gleiches gilt übrigens auch zum Segeln mit
einem Katamaran.
Ich
habe auch von dritter Seite niemals gehört, dass sich jemand durch spezielle
Übungen hätte fithalten müssen. Eine Ausnahme ist sicher dann gegeben, wenn der
Körper ohnehin spezielle Übungen verlangt, gleichgültig ob an Land oder auf
See. So hat sich Karla unmittelbar vor einem Atlantiktörn (ohne Compass und Co)
einer Hüftoperation unterziehen müssen. Und so war es dann an Bord notwendig,
bestimmte Übungen trotz der widrigen (Bewegungs-)Bedingungen durchzuführen
-siehe Foto rechts.
Einmal
lagen wir eine geschlagene Woche inmitten des Atlantiks, wo sogar die Dünung
nach ein paar Tagen eingeschlafen ist. Das war noch die Zeit, als es als unsportlich
galt, wenn eine Segelyacht den Diesel gebraucht hat. Aber selbst da hatten wir nie das Gefühl, der Körper würde irgendwelche
Fitnessübungen
benötigen, um in Kondition zu bleiben.
Ja,
ich war auch schon auf Yachten, wo sich der Eigner besondere Gedanken um seine
Fitness gemacht hat und beispielsweise einen Hometrainer im Vorschiff hatte.
Aber benutzt wurde die Machine später kaum, jedenfalls nicht auf See.
Also,
genießen Sie Langfahrten unter Segel und machen Sie sich als gesunder Mensch
keine Sorgen um Ihre Kondition, wenn Sie mal ein paar Wochen dem Joggen entsagen
müssten!
mfg
Bobby
Schenk
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