Besucher fragen, Bobby Schenk
antwortet
7.03.2017
Lieber
Herr Wilken,
Ihre
Sorgen sind berechtigt. Ein Katamaran bietet natürlich beim Ankerliegen
schon auf Grund seiner Breite, Wind und Seegang ganz andere Angriffsflächen als eine schnittige, vielleicht sogar noch ganz niedrige
Einrumpfyacht.
Hinzukommt,
dass Mehrrumpfboote viel mehr zum Schwojen neigen als ein einzelner Rumpf.
Deshalb sollte man beim Kat von Haus aus einen stärkeren Anker nehmen, als beim
Mono. Dann ist man aber wieder bei dem "Hund, der sich in den Schwanz
beißt". Denn bekannlich sind Mehrrumpfboote deutlich gewichtssensibler
als "normale" Yachten. Obgleich ich die Erfahrung gemacht habe, dass
sich diese Nachteile eher bei den "schnellen"
Katamaran nachteilig bemerkbar machen als bei den gemächlichen
Fahrtenkatamaranen, die ja mehr auf Wohnlichkeit ausgerichtet sind.
Es
versteht sich von selbst, dass man bei der Empfehlung einer
Anker-Größe/-Gewicht keine präzisen Angaben machen kann. Zu viele Faktoren
wirken beim Ankern neben Schiffsgewicht und Größe auf die Yacht und damit auf
die erforderliche Zugkraft ein, sei es die Dünung, sei es der Strom, die Form
der entgegenlaufenden See oder auch die Böigkeit des Windes. Und
selbstverständlich spielt auch das Kettengewicht eine Rolle sowie die ganz
spezifische Grundbeschaffenheit unter dem Anker. Deshalb kann man sich diesem Thema
auch nur ganz zurückhaltend nähern, wenn man eine bestimmte Ankergröße
und damit auch das Gewicht benennt. Aber bestimmte Empfehlungen helfen da schon
weiter, damit man keine allzugroßen Risiken eingeht, trotzdem aber in einem vertretbaren Rahmen bezüglich Form und Gewicht bleibt.
Für
Ihren Rocna-Anker, der unter Fahrtenseglern einen guten Ruf genießt,
was aber
möglicherweise auch auf die Klugheit der Werbung zurückzuführen ist, liegen
mir keine Versuche vor, die Ankergöße nach seinem Gewicht im Verhältnis
zur Yacht zu berechnen. Anders beim Jambo-Anker, der ebenfalls unter
Fahrtenseglern sehr verbreitet ist und einen hervorragenden Ruf genießt. Die
Formeln, die der Erfinder des Jambos für mein Buch ANKERN (siehe hier
- Formeln und Skizzen habe ich diesem Buch entnommen)
entwickelt und empfohlen hat, könnten
Ihnen weiterhelfen. Sie stellen nicht nur auf die Schiffslänge und
-Gewicht ab, sondern berücksichtigen auch die Form der Yacht, die ja beim
Winddruck und Schwojen besonders beim Katamaran eine wichtige Rolle spielt. Zusätzlich werden hier auch
die Werte zur Berechnung des Ankergeschirrs (und damit auch der Größe) für
den zu erwartenden Druck auf einen Katamaran angegeben. Danach können Sie
immerhin einen fundierten Anhaltspunkt für die Ankergröße rausrechnen.
Hierzu
benutzen Sie folgende Formel, die bei gebotener Vorsicht auch für einen
Katamaran verwendet werden kann:
Die
einzelnen Werte können aus nachfolgender Zeichnung entnommen werden:
Interessant
ist, dass obige Formel zum Beispiel auch den Winkel der Vorderseite des
Deckshauses (wdh) berücksichtigt - der Wert bei Ihrem Kat dürfte nach dem Foto
ebenfalls in der Größenordnung von 30 Grad liegen.
Nachfolgend
sehen Sie eine Beispielsrechnung für einen Katamaran von 46 Fuß Größe. Es
liegt nun an Ihnen, wie Sie nun den Jambo-Anker bezüglich der Haltekraft Ihres
Ankers einschätzen. Nach meiner ganz unverbindlichen Meinung wird man - über
den Daumen gepeilt - wohl von ähnlicher Qualität ausgehen können.
Bitte
bedenken Sie, dass dies alles nur Annäherungen sind, denn die zahlreichen
verschiedenen Voraussetzungen für die Sicherheit beim Ankern sind kaum in
Formeln zu fassen und wenn, dann kann es sich nur um grobe Näherungen handeln.
Es gibt keinen Anker und kein Ankergeschirr, die unter allen Umständen immer
sicher halten. Auch wenn man immer wieder von wahren Wunderdingen beim
"Ankern im Orkan" etc hört. Hinzu kommt, dass der eine Anker
"bombenfest" gehalten hat, während ein anderes Ankergeschirr versagt
hat. Entscheidend im Vorfeld wird auch bei Vorhandensein des "besten"
Ankergeschirrs die Auswahl des Ankerplatzes nach Beschaffenheit, Verkehr und
Sturmsicherheit sein.
Mit
freundlichen Grüßen
Bobby
Schenk
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