Besucher fragen, Bobby Schenk
antwortet
16.04.2017
Hallo Felix Uhl,
Deine Frage ist die häufigste, die Weltumsegler gestellt bekommen, wenn sie von nichtsegelnden Reportern bei Interviews
befragt werden. Dabei ist die
Antwort ganz einfach. Bei einer Weltumsegelung oder sonst einer
Langfahrt von Eheleuten beziehungsweise Lebenspartnern, und nur darüber spreche
ich jetzt, gibt es in der Praxis solche Probleme
kaum. Mir ist jedenfalls kein einziger Fall bekannt, in dem derartige Zweier-Besatzungen
berichtet hätten, dass es unterwegs an Bord zu erheblichen
Mißstimmungen gekommen sei. Das lässt sich auch leicht erklären, wie sich an
unserem Fall - an Karla und mir - zeigt. Und ich bin sicher, dass
es auf anderen Yachten nicht viel anders zugegangen ist.
Schließlich
wird man im Regelfall nur mit dem Partner auf Langfahrt gehen, mit dem
man sich ohnehin am besten versteht. Und wenn man sich da zu Beginn nicht ganz
sicher wäre, so würde die lange und intensive Zeit der Vorbereitung,
allerspätestens in Westindien, schon die nötige Klarheit schaffen.
Unterwegs
schaut doch die Sache meist so aus (wenn man mal davon ausgeht, dass die seemannschaftlichen und gesetzlichen Ausschaupflichten ernst genommen werden):
Zumindest in der Nacht (und
nicht nur da, wo offensichtlich weiterer Schiffahrtsverkehr stattfindet) wird eisern
von einem Crewmitglied Wache gegangen, während das andere schlafend in
der Koje liegt. Das bedeutet, dass man sich höchstens beim Wachwechsel sieht. Untertags
liegt ebenfalls die meiste Zeit einer lesend in der Koje,
während die Freiwache ihren Rundschaupflichten nachkommt. Warum in der
Koje? Weil die Schiffsbewegungen nach einer Eingewöhnungszeit von einem
oder zwei Tagen zwar nicht mehr seekrank machen, aber den Körper und die Psyche
derart belasten, dass die Antriebsenergie sichtlich darunter leidet.
Das heißt:
Wenn am Schiff alles in Ordnung ist und das Wetter nicht fortlaufend die gesamte
Mannschaft fordert, dann wird man sich sowohl tagsüber als auch nachts nur selten begegnen. Berührungspunkte für Auseinandersetzungen wird es daher kaum geben, man
sieht sich ja kaum.
Konflikte fallen unterwegs aus. Tatsächlich hat es auch zwischen meiner
Mannschaft Karla und mir unterwegs (im Gegensatz zum Hafen) niemals Knatsch
gegeben. Und ähnlich ist es sicher auch auf anderen Yachten, besetzt mit
Eheleuten oder sonstigen Lebenspartnern.
Ganz anders, wenn es sich um andere
Crewzusammenstellungen handelt. Zwei sportliche amerikanische Pärchen schrieben
nach dem 52-Tage-Törn von Galapagos nach Hawai von einer einzigen Schlacht ("battle") zwischen den Crewmitgliedern. Wobei es sicher so
ist, dass zwei Paare wohl die schwierigste, also die ungünstigste
Crewkonstellation sind. Dort kracht es auf längeren Törns fast regelmäßig,
Und auch reine Freundescrews von zwei, drei oder vier Männern sind sicher nicht
ganz unproblematisch, was das unvermeidliche sehr enge Zusammenleben angeht.
Nun wird der
eine oder andere (deutsche) Segler einwenden, dass zum Beispiel das einst sehr bekannte
Segler-Ehepaar, Beate und Peter Kammler (Foto), sich immerhin kurz nach der
Weltumsegelung scheiden ließ. Karla und ich waren jedoch lange Zeit mit den
beiden über den ganzen Pazifik in den Häfen zusammen, und nach meiner Beobachtung hat
die spätere Trennung nichts mit der Enge an Bord zu tun gehabt. Mir ist kein Fall bekannt,
der hier ein negatives Beispiel für die besonderen Bedingungen auf einem Schiff liefern würde.
Bei meinem
nächsten (und letzten) Bobby
Schenk's Blauwasserseminar
werde ich aber Ihre Frage an
die dortigen Weltumsegler weitergeben. Obwohl ich die Antwort schon zu kennen
glaube.
Mast-und
Schotbruch
Bobby
Schenk.
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