Besucher fragen, Bobby Schenk antwortet


Hallo Hilmar Ott,
Ihre Zweifel an dem  erwähnten „Seenot“-Fall sind berechtigt.Aber was das Eindecken mit Nahrungsmitteln bei Ozean-Überquerungen angeht, sehen Sie ein Problem, wo keines ist...
Ich kenne keine Yacht, die jemals in ein solches Problem hineingesegelt wäre. Hierzu sollte man wissen, und das haben zahlreiche echte Seenotfälle bewiesen, dass der Mensch grundsätzlich sehr lange ohne feste Nahrung auskommen kann. Würde man  einem Segler versuchsweise sämtliche feste Nahrung  wegnehmen, wäre er nach vier bis sechs Wochen zwar geschwächt, aber höchstwahrscheinlich immmer noch am Leben. Was ganz anderes ist der Flüssigkeitsentzug, da würden schon ein paar Tage reichen, um das Leid  endgültig zu beenden. Ich erinnere an den echten Seenotfall von Maurice Bailey und Maralyn Bailey, die in der Rettungsinsel immerhin 117 Tage erfolgreich gegen den Hungertod ankämpften, nachdem ihre kleine Yacht Auralyn von einem Wal versenkt worden war und die wenigen Essensvorräte verbraucht waren, die sie in der Kürze der Zeit, bis ihre Yacht gesunken war, in die Rettungsinsel einpacken konnten. Und die Baileys waren nicht speziell auf so eine Katastrophe vorbereitet!H

Heute sind unsere Yachten im Durchschnitt deutlich größer, so   dass auch mehr Stauraum zur Verfügung steht. Der natürlich nach und nach mit immer mehr Lebensmitteln vollgefüllt wird. Es ist wohl ganz natürlich, dass unterwegs nur die "besseren" Vorräte verbraucht werden, während alle anderen Konserven (meist) unberührt bleiben. So war es zumindest   auf unseren Yachten. Carla hat so lange wie möglich Frischverpflegung aus der Pantry gezaubert, also all die Sachen, die nur beschränkt haltbar waren, gerade noch rechtzeitig vor dem Verfall verwertet. Klar, dass von Lebensmitteln, die länger haltbar waren, vor einem Törn möglichst viel gebunkert wurden, also Äpfel, Pampelmusen (ideal), Brotfrüchte, Bananen, Ananas, roher Schinken und vor allem Eier, die nach entsprechender Behandlung bis zu einem halben Jahr haltbar gemacht werden konnten. Und natürlich Konserven, wobei das aufgedruckte Haltbarkeitsdatum (wahrscheinlich eine Erfindung der Industrie, um Kaufzwang zu generieren) selbstverständlich keine Rolle spielt, denn handelsübliche Konserven, auch Fleischkonserven halten sich selbst ungekühlt jahrelang, sogar in den Tropen. Ausnahme: Konserven mit der Aufschrift "gekühlt haltbar bis...". Will heissen, solange irgendwie "Frischverpflegung" auf den Teller kam, blieben Corned Beef und Co. sowie Ölsardinen und Thunfisch in der Schlapskiste

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Die Folge war immer, und ich nehme an, dass dies für die meisten Blauwasseryachten gilt, dass sich so viele unangetastete brauchbare, doch nicht so sehr begehrte Nahrungsmittel in den letzten Winkeln des Schiffes  befanden, dass ein unvorbereitetes Überleben für mindestens ein halbes Jahr sichergestellt war. Wir haben das mal auf unserer 10-Meter-Yacht THALASSA aus reinem Interesse an dieser Frage nach einem 56-Tage-Törn überprüft und festgestellt, dass die ungeliebten Konserven (zusammen mit Vitamintabletten, wenn man zu faul ist, an Bord Kresse zu züchten - siehe Foto) sicher noch für viele Monate gereicht hätten – das Trinkwasser jedoch nicht für mehr als 1 Wohe. Gleiches galt für einen 72-Tage-Trip von Tahiti nach Mar del Plata, wo wir sicher noch 8 bis 12 Monate hätten draufschlagen können. All das gilt selbstverständlich nur, solange  man an Bord bleibt, was ja selbstverständlich ist, solange man gesund ist und die Yacht schwimmt.
Ganz andere Bedingungen herrschen natürlich, wenn sich die Mannschaft in die Rettungsinsel zurückziehen muß. Was in einem solchen Fall zu tun ist, können Sie  hier nachlesen!
 
Mit Seglergrüssen!

Bobby Schenk

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